HIGH-FIVE mit Hubert Hüppe MdB: „Von Bidens Versprechen, US-Amerikaner zusammenzuführen, ist nichts geblieben!“

Das seit dem Jahr 1973 bestandene landesweite Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gehört seit der Entscheidung des Supreme Court im Fall der Abtreibungsgesetzgebung in Mississippi der Geschichte an. Bundesstaaten haben ab sofort das Recht, eigenverantwortlich in dieser Thematik zu entscheiden. Ein Urteil, welches weit über die USA hinaus für Diskussionen sorgte.

Insbesondere aus Deutschland kam es von Seiten vieler Medien und aus der Politik zu Kritik am Urteil des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten. Gleichwohl gibt es auch deutsche Stimmen, die sich erfreut über die Stärkung des Lebensschutzes zeigten. Vor diesem Hintergrund führte „1600 Pennsylvania“ nachfolgendes Interview mit dem christdemokratischen Bundestagsabgeordneten Hubert Hüppe.

Als einer von nur wenigen Bundestagsabgeordneten haben Sie sich offen über das Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA, die Abtreibungsgesetzgebung den Bundesstaaten zukommen zu lassen und damit das Grundsatzurteil Roe vs. Wade außer Kraft zu setzen, gefreut. Was sind Ihre Beweggründe?

Ich freue mich, dass der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten klargestellt hat, dass die Verfassung der USA kein Recht auf Tötung eines ungeborenen Kindes enthält. Das ist ein großer Sieg für das Recht auf Leben und natürlich auch für die weltweite Pro-Life-Bewegung.

Trotz massiven Drucks der sogenannten Pro-Choice-Anhänger, Anschlägen auf Pro-Life Einrichtungen und sogar einem geplanten Attentat auf Richter Brett Kavanaugh, hatte die deutliche Mehrheit der Richterinnen und Richter des Supreme Court den Mut, das 1973 ausschließlich von Männern gefällte Urteil Roe vs. Wade endlich aufzuheben. Wie im berüchtigten Dred-Scott-Urteil zur Sklaverei hat Roe vs. Wade es bestimmten Menschen erlaubt, anderen ihre Menschenrechte abzusprechen.

Die meisten US-Bundesstaaten weisen weiterhin eine liberalere Abtreibungsgesetzgebung als Deutschland auf. Entgegen dieser Realität wird hierzulande häufig eine “Rückkehr der USA in das Mittelalter” behauptet. Wie erklären Sie sich diesen Unterschied beziehungsweise was hat es damit auf sich?

Viele Staaten der USA haben bereits Gesetze mit denen ungeborene Kinder geschützt werden. Sicher werden jetzt nach dem Urteil weitere folgen. Das ist kein Rückfall in das Mittelalter, sondern die Wiederherstellung der Menschenrechte. Es ist barbarisch, die eigenen Kinder teilweise, wie in einigen Staaten der USA erlaubt, bis zur Geburt zu töten.

Im Übrigen entspricht das jetzige Urteil grundsätzlich auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland. Es hat in der Vergangenheit mehrfach festgestellt, dass auch das ungeborene Kind ein Lebensrecht hat, welches durch den Staat zu schützen ist.

Weder in Deutschland noch in den USA gibt es ein „Recht auf Abtreibung.“ Das ist kein Rückfall ins Mittelalter, sondern Realität moderner Rechtsstaaten, die die Menschenrechte schützen. Das Prinzip der Menschenwürde besagt, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, allein weil er Mensch ist.

Der ZDF-Journalist Elmar Theveßen beschrieb das Abtreibungsurteil mit den Worten der “Talibanisierung Amerikas”. Ihre Entgegnung zu Herrn Theveßen?

Das ist eine unentschuldbare zynische Entgleisung, die ich nur als Hate Speech [Hassrede; Anmerkung des Interviewers] bezeichnen kann. Die Wiederherstellung des Rechts auf Leben mit den Verbrechen der Taliban zu vergleichen, zeigt wie unseriös und tendenziös die Berichterstattung in Deutschland ist. Es ist ein Skandal, dass man im öffentlich-rechtlichen Rundfunk so eine Hetze verbreiten darf. Leider ist er da nicht allein. In den deutschen Medien wurden auch die Anschläge von Pro-Choice-Sympathisanten kaum erwähnt.

Die deutsche Abtreibungsgesetzgebung ist sicherlich nicht perfekt, kann sie bei solch einem schwierigen und ethischen Thema auch nicht sein. Wäre Ihrer Meinung nach die deutsche Gesetzgebung dennoch ein guter Kompromiss für die USA?

Ich halte die deutsche Gesetzgebung für keinen guten Kompromiss. Es ist diskriminierend, dass in Deutschland ungeborene Kinder mit Behinderungen faktisch bis zur Geburt getötet werden können. Es ist schlicht nicht möglich, zwischen Leben und Tod einen Kompromiss zu finden.

Bei Präsident Joe Biden und den Demokraten sehe ich überhaupt kein Einlenken. Selbst bei Abtreibungen in späten Stadien, wo das Kind außerhalb des Mutterleibes lebensfähig wäre, soll es keine Einschränkungen geben. Von dem Versprechen des Präsidenten, das Volk der USA zusammenzuführen, ist nichts geblieben. Er lässt sich da von den Pro-Choice-Hardlinern führen.

Die Bundesregierung hat den Paragraf 219a StGB, das Werbeverbot für Abtreibungen, aufgehoben. Befürchten Sie damit das Öffnen der Büchse der Pandora, sprich den Beginn einer in Deutschland ähnlich stark polarisierten und emotional geführten Debatte wie in den USA?

Die Büchse der Pandora ist schon längst geöffnet. Erschreckend ist nicht nur die jetzt freigegebene Werbung für die Tötung ungeborener Kinder, sondern auch die brutale Argumentation. Die Aufhebung des § 219a StGB war nur Mittel zum Zweck. Wer in der Debatte Familienministerin Lisa Paus gehört hat, weiß, dass sie eigentlich die völlige Freigabe der Abtreibung ohne jegliche Einschränkungen bis zur Geburt will. Und sie war in der Debatte nicht allein.

Von dem Druck, den Männer und Familienangehörige auf Frauen ausüben, ihr Kind abtreiben zu lassen, war nichts zu hören. Ebenso nicht von Hilfen für Frauen in Konfliktsituationen, von der Liebe zum Kind, verantwortungsbewusster Sexualität und Unterstützung von Frauen, die ihr Kind bekommen wollen. Damit beginnt nicht der Kulturkampf, sondern wir sind schon mittendrin: der Kampf der Kultur des Lebens gegen die Kultur des Todes. 

Vielen Dank für das Interview. 

Das Gespräch führte Kai-Uwe Hülss M.A.


Hubert Hüppe ist seit 1974 Mitglied der CDU und seit 2021 Abgeordneter des Deutschen Bundestages. In der aktuellen Legislaturperiode hat er den Vorsitz des Ausschusses für Gesundheit kommissarisch inne. Bereits von 1991 bis 2009 und von 2012 bis 2017 gehörte Hüppe dem Deutschen Bundestag an. Von 2009 bis 2013 amtierte er als Behindertenbeauftragter der Bundesregierung. Hüppe engagiert sich in der Lebensrechtsbewegung und ist seit 1986 stellvertretender Bundesvorsitzender der Christdemokraten für das Leben. 2008 wurde Hüppe das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Weitere Informationen zu Hubert Hüppe gibt es auf seiner Website (Klick hier) und auf Facebook (Klick hier).

Bildquellen: Website Hubert Hüppe MdB (Fotograf: René Golz); Creative-Commons-Lizenzen; Canva.com

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..