Vierzig lange Jahre dauerte die Wanderung des Volkes der Israeliten unter Führung des Propheten Mose aus der ägyptischen Sklaverei in das kanaanäische Land. Vierzig lange Jahre dauerte auch die Durststrecke der Republikanischen Partei, bis diese wieder die Mehrheit in beiden Kammern des U.S. Kongresses erlangen konnte. Die ersten Zwischenwahlen in der Ära des demokratischen Präsidenten Bill Clinton im Jahr 1994 gelten bis heute als das Erfolgsmodell schlechthin für die Grand Old Party.
Sechs Wochen vor dem Wahltag stellten Republikaner mit dem Contract with America (Vertrag mit Amerika) ein landesweites Wahlprogramm vor. Die ansonsten auf einzelnen Kandidaten fokussierten Wahlen sollten einen überregionalen Rahmen erhalten. Zehn explizite Vorschläge enthielt das von der konservativen Denkfabrik The Heritage Foundation mit ausgearbeitete Programm, welche im U.S. Repräsentantenhaus innerhalb der ersten hundert Tage zur Abstimmung gestellt werden sollten. Der Fokus wurde auf die Themen Bürokratieabbau, Steuersenkungen sowie Reformen des Strafrechts und des Wohlfahrtsstaates gelegt.
Die Republikanische Partei gewann bei den Zwischenwahlen 1994 54 Sitze im U.S. Repräsentantenhaus sowie neun Sitze im U.S. Senat hinzu. Mit diesem Erdrutschsieg konnte die GOP erstmals seit dem Jahr 1955 wieder die Mehrheit im U.S. Kongress stellen. Newt Gingrich, zusammen mit Dick Armey der Initiator des Contract with America, wurde sodann zum Sprecher des U.S. Repräsentantenhauses gewählt. Das renommierte TIME Magazin zeichnete Gingrich zudem als Person des Jahres 1995 aus.
Republikaner orientieren sich an Gingrichs Erfolg
28 Jahre später wird die republikanische Fraktion im U.S. Repräsentantenhaus von Kevin McCarthy angeführt. Seine Partei versucht er aus der Opposition mit einem an Gingrich angelehnten Playbook herauszuführen. Vor der Kulisse eines Unternehmens der produzierenden Industrie stellte McCarthy eineinhalb Monate vor den Zwischenwahlen sein Commitment to America (Verpflichtung für Amerika) vor.
Die Wählerschaft soll mit dem Programm überzeugt werden, warum diese für die Republikanischen Partei stimmen sollte und nicht nur gegen die Politik des amtierenden Präsidenten Joe Biden und dessen Demokratischer Partei, die gegenwärtig knappe Mehrheiten in beiden Kammern des U.S. Kongresses hält. Das Commitment to America wartet jedoch mit vier und wenig detaillierten Themenbereichen mit weniger Inhalt auf als dessen Vorgänger aus den 1990er Jahren. Eine einheitliche(re) Kommunikation für republikanische Kandidaten solle dennoch hergestellt werden.
Commitment to America
Das Commitment to America behandelt explizit die Bereiche Wirtschaft, Sicherheit, Freiheit und Regierung. Unter dem Punkt „An Economy That’s Strong“ (Eine Wirtschaft, die stark ist) wird insbesondere die Inflationsbekämpfung thematisiert. Bewerkstelligen will dies die Republikanische Partei primär durch Senkung der Staatsausgaben. Die Bürger sollen zudem durch gut bezahlte Arbeitsplätze entlastet werden, die Regulierung der Wirtschaft soll zurückgefahren werden. Des Weiteren will die GOP eine höhere Energieunabhängigkeit durch erhöhte Eigenproduktion erreichen. Die herstellende Industrie in den USA soll gestärkt werden, um die Abhängigkeit von China zu minimieren.
Wir wollen die Themen adressieren, welche US-Amerikaner an ihren Küchentischen diskutieren. Die wichtigste Frage, die US-Amerikaner beschäftigt: Kann ich dieses oder jenes noch bezahlen? (Kevin McCarthy)
„A Nation That’s Safe“ (Eine Nation, die sicher ist) soll nach der Vorstellung der Republikaner durch eine verstärkte Grenzsicherung und Kriminalitätsbekämpfung erreicht werden. Hierfür plant die Republikanische Partei unter anderem die Einstellung von 200.000 zusätzlichen Polizisten sowie die von progressiven Demokraten vorangetriebenen Budgetkürzungen für Gesetzeshüter zu verhindern. Auf internationaler Ebene soll die nationale Sicherheit durch eine Politik des „Friedens durch Stärke“ gemeinsam mit den Verbündeten gewährleistet werden.
In ihrem Wahlprogramm thematisieren die House-Republikaner ebenso den Begriff der Freiheit, der die USA traditionell prägt – und spaltet. In der Bildungspolitik sollen Eltern ein stärkeres Mitspracherecht, zum Beispiel bezüglich der Aufklärung, erhalten sowie verpasster Lernstoff auf Grund von Schulschließungen während der Coronavirus-Pandemie nachgeholt werden. Das Gesundheitssystem soll einen stärkeren Wettbewerb erfahren, so dass Preise gesenkt und die Qualität der Behandlungen erhöht werden können. Große Technologiefirmen sollen zudem auf die Herstellung einer größeren Privatsphäre und für einen besseren Datenschutz verpflichtet werden.
Der vierte Themenbereich beschäftigt sich mit „A Government That’s Accountable“ (Eine Regierung, die verantwortungsbewusst umgeht). Explizit will sich die GOP für die von der Verfassung gegebenen Rechte wie Meinungsfreiheit, Lebensschutz, Religionsfreiheit und dem Tragen von Waffen einsetzen. Sozialversicherung und Medicare (öffentliche und bundesstaatliche Krankenversicherung für ältere oder behinderte Bürger) sollen gestärkt, Machtmissbrauch und Korruption in Washington D.C. durch stärkere Transparenzregelungen verhindert werden. Demokratische Wahlen sollen durch eine Wähler ID, verlässlichere Wählerlisten und zusätzlichen Wahlbeobachtern sichergestellt sein.
Über die Verschwörungstheorie, dass Donald Trump die Präsidentschaftswahl 2020 gestohlen wurde, findet das Commitment to America freilich keine Worte. Zu viele republikanische Kandidaten sind bei den Zwischenwahlen 2022 von der Empfehlung des ehemaligen Präsidenten abhängig. Ob das republikanische Wahlprogramm jedoch so positives Gehör findet wie einst 1994 gilt auf Grund zahlreicher für die Partei negativer Meldungen, Klagen gegen Trump und der Untersuchungsausschuss zur Stürmung des Kapitols seien an dieser Stelle erwähnt, als fraglich. Selbst eine weitere, längere Durststrecke für die Grand Old Party erscheint auf einmal wieder im Bereich des Möglichen.
Präsident Biden übt Kritik am republikanischen Wahlprogramm
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken.
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Ein Gedanke zu “Wie Republikaner das U.S. Repräsentantenhaus zurückgewinnen wollen”