Das Stimmungsbarometer 03/2023: US-Amerikaner befürworten mehrheitlich TikTok-Verbot

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Ukraine-Krieg: Ignorierte Warnungen

Weil niemand von uns gedacht hat, dass auf europäischem Boden jemals wieder Krieg geführt wird, ist es eben nicht so einfach, zu sagen, jetzt schickt man schweres Gerät in die Ukraine.

Annalena Baerbock, Außenministerin der Bundesrepublik Deutschland, im Interview mit BR24 am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz 2023.

Mit dieser Aussage unterstrich Außenministerin Baerbock nicht nur die naive sicherheitspolitische Position der Bundesrepublik Deutschland der vergangenen Jahrzehnte, die teils bis heute anhält. Sie stellte hiermit ebenso eine verengte westeuropäische Sichtweise zur Schau. Der Osten Europas wird nämlich unentwegt von Russland bedroht.

Russland führt seit Jahrzehnten Krieg

Seit dem Jahr 2014 führen russische Soldaten Krieg im Donbas, um diesen aus der Ukraine herauszulösen und in die Russische Föderation völkerrechtswidrig einzugliedern. Die ukrainische Krim wurde schon annektiert. Sechs Jahre zuvor kam es zum Kaukasuskrieg, als die russische Armee die international nicht anerkannten Republiken Südossetien und Abchasien gegen Georgien unterstützte. Zuvor vergab Moskau, wie später in der Ostukraine, russische Staatsbürgerschaften an die eigentlich zu Georgien gehörenden Südossetier und Abchasier.

Zwischen den Jahren 1999 und 2009 dauerte der Zweite Tschetschenienkrieg an, welcher sich an den Ersten Tschetschenienkrieg zwischen 1994 und 1996 anschloss. Zwischen 50.000 und 90.000 Zivilisten und Soldaten wurden getötet. Moskau installierte nach einem militärischen Erfolg, bei dem unter anderem Grosny komplett zerstört wurde, Achmad Kadyrow als Präsidenten der autonomen Republik der Russischen Föderation. Nach der Tötung von Achmad folgte dessen Sohn Ramsan Kadyrow nach. Gegenwärtig führt Kadyrow eigene Einheiten beim Ukraine-Feldzug Russlands an.

Auf europäischem Boden herrscht folglich nicht erst seit dem 24. Februar 2022 wieder Krieg. Der russische Vernichtungskrieg gegen die Ukraine stellt lediglich die Intensivierung der imperialistischen Bestrebungen Moskaus dar. Der Kreml hat mehrmals klargestellt die ukrainische Nation, Sprache, Kultur und generell das ukrainische Volk zerstören zu wollen. Gleichwohl führende Politiker aus den USA jahrelang vor solch einem Szenario warnten, war es doch insbesondere Deutschland, welches sich aus ökonomischen und ideologischen Gründen gegen die Anerkennung der herausfordernden Realitäten strebte.

2008: Bush plädiert für NATO-Mitgliedschaft der Ukraine

Die USA unter Präsident George W. Bush wollten im Jahr 2008 die Ukraine und Georgien in den Membership Action Plan, welcher letztendlich zu einer NATO-Mitgliedschaft geführt hätte, aufnehmen. Der Plan scheiterte jedoch am Widerstand der damaligen deutschen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU). 14 Jahre später hat die Ukraine offiziell einen Antrag auf Mitgliedschaft im Nordatlantischen Verteidigungsbündnis gestellt. Eine frühere Aufnahme in die NATO hätte der Ukraine die nötigen realen Sicherheitsgarantien gegenüber einer russischen Invasion gegeben.

2012: Romney sieht Russland als größte Bedrohung

Im Rahmen des Wahlkampfes teilte der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney im März 2012 bei Wolf Blitzer auf CNN seine Auffassung mit, dass „Russland (…) ohne Frage, unser geopolitischer Gegner Nummer eins“ sei. Der demokratische Amtsinhaber Barack Obama kritisierte Romneys Position ebenso wie deutschsprachige Medien. Das Hamburger Abendblatt schrieb beispielsweise über das Duell um das Weiße Haus, dass Obama „als Friedenstaube, Romney als aggressiver Falke“ erscheinen würde (29.10.2012). 

Obamas Neustart mit Russland scheiterte bekanntlich. Nur zwei Jahre nach der Präsidentschaftswahl 2012 annektierte Russland die ukrainische Krim und begann den Krieg im Donbas. Dabei hätte Präsident Obama, wie Romney, die Expansionsbestrebungen des russischen Präsidenten Vladimir Putin, der eine Nostalgie nach der alten Sowjetunion mit den Großmachtfantasien des Zarenreichs verbindet, erahnen können, ja müssen.

Denn schon im Jahr 2005 hatte Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion als „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet. Drei Jahre später ließ Putin seinen Worten Taten folgen und marschierte, wie oben schon erwähnt, in Georgien ein. 

Der Beitrag „Vor zehn Jahren hatte Mitt Romney eine Vorahnung“ hat sich mit dem Thema ausführlich beschäftigt (Klick hier).

2014: McCain prognostiziert russische Invasion der Ukraine

Nach der illegalen Annexion der Krim sagte im Jahr 2014 John McCain, republikanischer Präsidentschaftskandidat 2008 und zum damaligen Zeitpunkt U.S. Senator, voraus, dass Putin in einem nächsten Schritt mindestens die Ostukraine einverleiben würde, um eine Landverbindung zur Krim herzustellen.

Laut McCain sei Putins Ambition die Wiederherstellung des alten Russischen Reichs, so dass neben der Ukraine auch die Republik Moldau sowie die baltischen Staaten vor einer russischen Invasion nicht geschützt seien. Infolgedessen konnte auch das Minsker Friedensabkommen (Minsk II), welches insbesondere von Deutschland und Frankreich forciert wurde, nicht erfolgreich sein.

Seit 2014: USA drängen auf Erhöhung der Verteidigungsausgaben

Die NATO-Mitgliedsländer vereinbarten gemeinsam auf ihrem Gipfel in der tschechischen Hauptstadt Prag im Jahr 2002 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben, um für mögliche zukünftige sicherheitspolitische Herausforderungen abwehrbereit zu sein. Beim NATO-Gipfel in Wales 2014 wurde noch einmal konkretisiert festgeschrieben, dass die Mitgliedsländer „darauf abzielen, sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent zuzubewegen“.

Nachdem insbesondere Deutschland dieser Vereinbarung nicht folgte, versuchte Präsident Obama mit einer wohlfühlenden, Präsident Donald Trump mit einer rustikaleren und Präsident Joe Biden mit einer klassisch diplomatischen Art, Berlin doch noch zu einem Umdenken zu bewegen. Erst der russische Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 brachte Bewegung in die deutsche Verteidigungspolitik. Doch das von Bundeskanzler Olaf Scholz verkündete große Wort der „Zeitenwende“ wartet weiterhin darauf mit expliziten Taten und Inhalten gefüllt zu werden.

Ab 2014: Obama und Trump warnen vor Abhängigkeit von russischen Energieträgern

Die energiepolitische Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland wurde während der Kanzlerschaften von Gerhard Schröder (SPD) und Dr. Merkel, entgegen dem Protest osteuropäischer Länder, stark ausgebaut. Die USA warnten daraufhin von einer gefährlichen Abhängigkeit, da Russland ein sicherheitspolitisches Risiko darstellen würde. Deutschland nahm diese Warnungen freilich nicht ernst.

Präsident Obama bot Dr. Merkel an, LNG-Terminals zu errichten, damit die Abhängigkeit von russischem Gas minimiert werden könnte. Die Bundeskanzlerin lehnte ab. Erst nach anhaltendem Druck durch Präsident Trump entschied sich Bundeskanzlerin Dr. Merkel Ende 2018 für die Förderung des Baus von Terminals für Flüssiggas. Und dennoch passierte zunächst nichts.

Zuvor lachte die deutsche Delegation um Außenminister Heiko Maas (SPD) und Christoph Heusgen, damals Ständiger Vertreter der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen und heute Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, den US-Präsidenten sogar bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung zu dessen Ausführungen über die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas öffentlichkeitswirksam aus (siehe Video).

Erst mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine reagierte Deutschland und baute eigene LNG-Terminals. Zwei solcher Terminals konnten innerhalb eines Jahres in Betrieb gehen, weitere sind in Planung. Die Kosten für diese späte Entscheidung und die mangelnde Diversifizierung bei Gasimporten zahlt jedoch der Verbraucher.

2018: Bolton warnt vor russischen Expansionsbestrebungen

Auch John Bolton, ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater von Donald Trump, warnte schon vor Jahren vor den russischen Expansionsbestrebungen. Bolton sah beispielsweise frühzeitig die territoriale Integrität und Souveränität der Republik Belarus unter einer enormen Bedrohung durch den russischen Imperialismus ausgesetzt.

Westliche Sanktionen gegenüber den belarusischen Diktator Alexander Lukashenko seien vor diesem Hintergrund laut Bolton kontraproduktiv, würden diese das Regime in Minsk doch wieder näher an Moskau heranführen. Russland würde hierdurch seinem Ziel, die Republik Belarus zu übernehmen, näherbringen. Im Februar 2023 wurde sodann ein Geheimdokument veröffentlicht, welche die Pläne einer schleichenden Annexion der Republik Belarus durch Russland bestätigt.

Gehört wurden Boltons Warnungen, insbesondere von den West- und Mitteleuropäern, freilich nicht. Es folgte die russische Invasion der Ukraine auch über belarusisches Staatsgebiet. Diktator Lukashenko blieb letztendlich keine andere Wahl, als sein Territorium der russischen Armee zur Verfügung zu stellen, da er keinen Ausweg mehr nach Westen hatte. Nach der Annexion der Krim 2014 sah dies noch anders aus, unternahm Lukashenko doch einiges, um von Russland auf Abstand zu gehen.

Der Beitrag „Boltons ungehörte Warnung“ wartet mit weiteren Hintergründen zur Thematik auf (Klick hier).

2023: Rice und Gates warnen vor Verhandlungen

Condoleezza Rice und Robert Gates, ehemalige Minister für Äußeres und Verteidigung, wiesen in einem Gastbeitrag für The Washington Post darauf hin, dass Putin weiterhin die gesamte Ukraine unter russische Kontrolle bringen will, um das Russische Reich auferstehen zu lassen. Eine Waffenruhe oder sogar teilweise Abgabe von ukrainischen Gebieten an Russland würde dem Kreml nur Zeit zu einer späteren erneuten Offensive verschaffen.

Da eine Niederlage keine Option sei, plädierten Rice und Gates für die Lieferung von schwereren Waffen, die zudem schneller geliefert werden müssten. Darunter sollten sich auch Raketen mit einer längeren Reichweite und Drohnen befinden. Die mittel- und westeuropäischen Länder treten dennoch weiter auf die Bremse. 

Der Gastbeitrag ist im Original auf der Website von The Washington Post nachzulesen (Klick hier).

Zeitenwende herrscht, wenn alte Denkmuster wegfallen

Erst wenn insbesondere in Mittel- und Westeuropa aus vergangenen Fehleinschätzungen gelernt, aus ängstlichen Verhaltensweisen entstandene Schwächen sowie ein in Teilen vorherrschender Anti-Amerikanismus abgelegt und die daraus nötigen Konsequenzen gezogen werden, ist ein nachhaltiger und langfristiger Frieden in Europa möglich. Ein erster Schritt ist hierbei die naive Haltung abzulegen, dass es sich in der Ukraine lediglich um „Putins Krieg“ handeln würde. Im eingangs erwähnten Interview sprach Außenministerin Baerbock beispielsweise davon, dass alleine der „russische Präsident (…) Morden“ würde.

Vielmehr ist es ein tief im Gedankengut der russischen Bevölkerung verwurzelter historisch gewachsener Imperialismus, der zum größten Angriffskrieg auf europäischem Boden seit Ende des Zweiten Weltkriegs geführt hat. Im Gegensatz zu den europäischen Mächten Deutschland, Frankreich und Großbritannien wurde Russland nämlich nie von seinen imperialistischen Bestrebungen geheilt. 

Eine stabile Mehrheit von 75 Prozent der Russen unterstützt infolgedessen auch nach einem Jahr weiterhin den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Putins Zustimmungswerte stiegen laut dem unabhängigen Levada Institut signifikant an: 82 Prozent der Russen beurteilten im Januar 2023 die Arbeit ihres Präsidenten als positiv.

Die Ukraine ist nur der Anfang. Wenn wir fallen, werden wir nicht die Ersten und nicht die Letzten sein.

Wladimir Klitschko im Interview bei Sandra Maischberger am 22.02.2023 (siehe untenstehendes Video)

Expansionsbestrebungen Russlands sind zudem keine Erfindung Putins, unterjochte Moskau doch schon unter der roten Flagge der Sowjetunion die osteuropäischen Länder und bedrohte seine Nachbarn unter Führung des Zaren. Politisch Verantwortliche wären gut beraten, sich an den Worten des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck zu orientieren, als dieser in einem Interview mit Zeit Online folgende weise Worte von sich gab:

Wir sollten aufhören mit dem Wunschdenken, Russland sei durch Freundlichkeit zu beeindrucken.

In genau diese Kerbe stoß auch Lloyd Austin, als er die Kriegsziele klar definierte. Laut dem US-Verteidigungsminister müsste Russland bei seinem Angriffskrieg auf die Ukraine so stark geschwächt werden, dass es über Jahrzehnte seine Nachbarn nicht mehr bedrohen könne. Bleibt zu hoffen, dass die West- und Mitteleuropäer zumindest diese Mitteilung aus Übersee erfasst und verstanden haben sowie danach handeln werden. Die erfolgreiche militärische Verschiebung von Grenzen wäre nämlich die Öffnung der Büchse der Pandora, Europa würde in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückversetzt werden.

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Nikki Haley: Ein Underdog mit Absätzen

Am Ende der regulären Saison des Jahres 2017 standen für die Philadelphia Eagles 13 Siege nur drei Niederlagen gegenüber. Eine solch starke Bilanz hatte die American Football Franchise in ihrer bis zu diesem Zeitpunkt 85-jährigen Geschichte erst einmal zuvor, nämlich im Jahr 2004, vorweisen können. Doch kurz vor den Playoffs verletzte sich der stark aufspielende Quarterback Carson Wentz schwer. Für ihn rückte mit Nick Foles ein langjähriger Bankdrücker nach, seine ersten Spiele waren von vielen Fehlern geprägt.

Es folgten zahlreiche Expertenaussagen, dass die Eagles auf Grund dieser Situation keine einzige Playoff-Runde überstehen würden. Auch die Buchmacher sahen in der besten Mannschaft der NFC einen Außenseiter – eine Begebenheit, die es in dieser Konstellation nie zuvor gab. Trainer Doug Pederson ließ daraufhin ein Video mit einer Auswahl der pessimistischen Expertenmeinungen zusammenschneiden, um seine Mannschaft zu motivieren.

Die Strategie wirkte. Die Eagles fühlten sich auf einmal in der Rolle des Underdogs, des Außenseiters, wohl. Die Spieler identifizierten sich so stark mit ihrer Underdog-Rolle, dass sie sich sogar Hundemasken aus Latex bestellten, um diese als wirkmächtiges Symbol vor und nach den Spielen aufzusetzen.

Außenseiterin Nikki Haley

Mit dem Außenseitertum kennt sich auch die republikanische Politikerin Nikki Haley aus. Im Jahr 1972 erblickte sie als Nimrata Nikki Randhawa in Bamberg, South Carolina, das Licht der Welt. Ihre Eltern Raj Kaur Randhawa und Ajit Singh Randhawa wanderten zuvor aus Punjab, Indien, in die USA ein. Vater und Mutter arbeiteten als Lehrer und eröffneten zudem den Geschenk- und Bekleidungsladen Exotica International. Haley, den Nachnamen trägt sie seit ihrer Hochzeit 1996 mit dem U.S. Army Major Michael, erledigte für das Unternehmen ihrer Eltern schon mit dem 13. Lebensjahr die Buchführung.

Ich war die stolze Tochter von indischen Einwanderern – nicht schwarz, nicht weiß. Ich war anders.

Nikki Haley über ihre Kindheit in South Carolina

Ihr ethnischer Hintergrund stellte sie in South Carolina, ein Südstaat mit einer starken rassistischen Historie, ebenso wie ihre Religion, bevor Haley zum Christentum konvertierte wuchs sie als Sikh auf, vor Herausforderungen. Trotz aller Unannehmlichkeiten wurde Haley fortwährend von ihren Eltern daran erinnert, dass sie „gesegnet seien, in den USA leben“ zu können. Eine positive Einstellung gegenüber den USA, welche Haley prägen sollte. Die Familie integrierte sich ohne ihre Wurzeln zu verleugnen. Haleys Mutter trat im traditionellen Sari und ihr Vater mit Turban in der Öffentlichkeit auf.

Haley positionierte sich gegen „Woke Culture“

Beim republikanischen Parteitag 2020 gab Haley medienwirksam zu verstehen, dass trotz aller Probleme „Amerika kein rassistisches Land“ sei. Die Ermordung von George Floyd durch Polizisten lag bei dieser Aussage nur wenige Monate zurück. Haley verteidigt auch bis heute vehement den Gründungsmythos der Vereinigten Staaten gegenüber progressiven Aktivisten:

Manche sagen, dass unsere Ideen nicht nur falsch sind, sondern rassistisch und böse. Nichts könnte weiter entfernt von der Wahrheit sein.

In den USA ist ein regelrechter Kulturkampf um die Geschichte der USA entbrannt. Die extreme Linke und Rechte können sich nicht einmal mehr auf das Gründungsdatum der Vereinigten Staaten einigen. Schulbücher werden umgeschrieben, Bücher aus Bibliotheken verbannt. Je nach politischer Ausrichtung eines Bundesstaates weist das Pendel in die eine oder andere extreme Richtung.

Als Frau mit Migrationshintergrund ist Haley für ihre konservative Position eher unverdächtig, im Kulturkampf dem extremistischen Flügel anzugehören. Gleichwohl ihr progressive Politiker schon vorwarfen, ihren Namen für politische Zwecke „weißgewaschen“ zu haben. Dabei verwendet Haley ihren Mittelnamen Nikki schon seit ihrer Kindheit als Rufnamen.

Deutliche Worte auch gegen „Rechts“

Im Gegensatz zu einigen prominenten Parteikollegen erhob sich Haley auch schon gegen rechten Extremismus. Nach einem rassistischen Amoklauf in der Emanuel African Methodist Episcopal Church in Charleston, South Carolina, im Jahr 2015, bei dem neun Afroamerikaner getötet wurden, arbeitete Haley als Gouverneurin des Bundesstaates an der Beseitigung der Konföderierten Flagge vor dem Landesparlament federführend mit. Eine Flagge, die für die Unterdrückung der farbigen Bevölkerung steht. Zwischen 2011 und 2017 war Haley die erste Frau und erste indisch-amerikanische Person im Amt der Gouverneurin des Palmetto State.

Als Donald Trump weiße Rassisten bei den Ausschreitungen in Charlottesville im Jahr 2017 nicht verurteilte, fand Haley hierfür ebenso kritische Worte wie für die Rolle des 45. US-Präsidenten bei der Erstürmung des U.S. Kapitols im Januar 2021. Haleys Beziehung zu Trump kann ohnehin als ambivalent bezeichnet werden. Als einige der wenigen Republikanerinnen konnte sie nämlich eine gewisse Distanz zu Trump einnehmen, ohne den 45. US-Präsidenten nachhaltig zu verärgern.

Dabei unterstützte sie im republikanischen Vorwahlkampf zuerst noch den U.S. Senator Marco Rubio, nach dessen Ausscheiden U.S. Senator Ted Cruz. Dabei fand Haley deutliche Worte:

Trump vereinbart alle Eigenschaften, die ein Gouverneur nicht bei einem Präsidenten sehen will.

Haley als Teil der Trump-Administration

Dennoch gewann Trump bekanntlich die Präsidentschaftswahl 2016. Zur Verwunderung vieler politischer Beobachter schloss sich die damals noch als Gouverneurin amtierende Haley der Trump-Administration sogar an. Zwischen 2017 und 2018 amtierte Haley als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen und konnte dabei wertvolle außenpolitische Erfahrungen sammeln. In dieser Position unterstützte und bewarb sie unter anderem den Ausstieg der USA aus dem UN-Menschenrechtsrat und aus dem Atomabkommen mit dem Iran.

Die Sanktionen gegen Russland werden so lange aufrechterhalten, bis sich Moskau von der Krim zurückzieht und die Ukraine über dieses Gebiet wieder die volle Kontrolle hat.

Nikki Haley am 02.02.2017 als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen

Im Jahr 2018 zog sich Haley aus der Regierungsverantwortung zurück ohne für einen Skandal gesorgt zu haben oder beim damaligen Präsidenten Trump in Ungnade gefallen zu sein. Eine absolute Ausnahme für einstige Angehörige der Regierung Trump. Die außen- und innenpolitische Bilanz der Trump-Administration verteidigt Haley bis heute.

Haley verkörpert Generationenwechsel mit Erfahrung

Nach ihrem temporären Ausscheiden aus der Politik konnte Haley als Aufsichtsrat des in South Carolina ansässigen Flugzeugbauers Boeing sowie als Autorin und Rednerin, pro Veranstaltung soll sie bis zu $200.000 verdient haben, auch Erfahrungen in der freien Wirtschaft sammeln. Gepaart mit ihrer Vergangenheit als Teil der Exekutive auf Bundes- und Landesebene und in der Legislative, zwischen 2005 und 2011 war Haley Abgeordnete im Landesparlament von South Carolina, weist sie einen großen politischen Erfahrungsschatz auf.

Damit unterscheidet sich Haley fundamental zum Profil Trumps bei dessen erfolgreicher Kandidatur im Jahr 2016. Mit ihren heute 51 Jahren wäre sie zudem die erste Repräsentantin der Generation X im Weißen Haus. Ein deutlicher Kontrast zu den über 80-Jährigen amtierenden Präsidenten Joe Biden und dem fast 80-Jährigen Trump. Infolgedessen wirbt Haley in ihrem Vorstellungsvideo zu ihrer Präsidentschaftskandidatur auch für einen Generationenwechsel in Washington D.C.

Haley mit Außenseiterchancen

Des Weiteren könnte Haley als Frau mit Migrationshintergrund der Republikanischen Partei leichter neue Wählergruppen erschließen. Dennoch gehört Haley nur zum erweiterten Favoritenkreis auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024. Der republikanische Stratege Terry Sullivan fasst dies wie folgt zusammen:

Sie [Haley; Anm. d. Verf.] sagt über sich selbst, dass sie seit jeher ein Underdog ist. Sie wird es auch diesmal sein.

Doch US-Amerikaner mögen Underdogs wie nicht zuletzt die erfolgreichen Kinofilme um Rocky Balboa, dem Boxhelden aus Philadelphia, zeigten. A propos Philadelphia: Nick Foles schrieb mit seinen Eagles entgegen allen Expertenmeinungen seine eigene Erfolgsgeschichte. In der eingehend erwähnten Saison führte Foles seine Eagles sensationell zum bislang einzigen Super Bowl Triumph. Was den Eagles die Hundemasken, könnten Haleys Schuhabsätze für ihr in die quere kommenden Konkurrenten sein:

Ich toleriere keine Tyrannen. Und wenn du zurücktrittst, schmerzt es ihnen umso mehr, wenn du Absätze trägst.

In außenpolitischer Hinsicht bezieht sich Haley mit dieser Aussage primär auf China und Russland. Bei den innerparteilichen Vorwahlen wird es jedoch ebenso unbequeme Mitbewerber, Stichwort Trump, geben. Übrigens weist Nikki Haley, ähnlich den Eagles in der Saison 2017/2018, eine starke Bilanz auf: Bislang hat sie noch keine einzige Wahl verloren. Ob diese Wahlbilanz auch noch nach den republikanischen Präsidentschaftsvorwahlen 2024 Bestand haben wird?

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Rede zur Lage des Wahlkampfs

Im Sommer des Jahres 2020 erreichte die Coronavirus-Pandemie ihre Hochphase. Die Fallzahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika stiegen in den Sommermonaten auf ihren vorläufigen Höchststand. Ein Impfstoff war noch nicht entwickelt, je nach Bundesstaat wurde ein mehr oder minder strikter Lockdown verhängt.

An einen gewöhnlichen Präsidentschaftswahlkampf mit zahlreichen Massenveranstaltungen war nicht zu denken. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden führte einen denkwürdigen Wahlkampf primär aus dem Keller seines Hauses in Wilmington, Delaware. Mit der Wählerschaft trat der Demokrat vorwiegend virtuell in Kontakt – oftmals zudem wenig professionell.

Nach vier turbulenten Jahren unter Präsident Donald Trump sehnte sich die Mehrheit der US-Amerikaner nach medialer Ruhe. Biden gab ihnen dies nicht nur durch sein altersbedingtes zurückhaltendes Auftreten. Auch und insbesondere kam dem einstigen Vizepräsidenten unter Präsident Barack Obama der durch die Pandemie auferlegte ruhigere Wahlkampf zugute.

2024 wird ein grundlegend anderer Wahlkampf als 2020

Doch was 2020 erfolgversprechend war, ist es definitiv im Jahr 2024 nicht. Denn die Umstände haben sich grundlegend geändert. Die Coronavirus-Pandemie erreichte dank eines schnell entwickelten und massenweise verabreichten Impfstoffes eine neue Phase. Die Lockdowns der Jahre 2020 und 2021 gehören in allen 50 US-Bundesstaaten der Vergangenheit an.

Im Weißen Haus residiert Biden nun selbst. Die Umfragewerte des 46. US-Präsidenten ähneln sich zudem denen seines Vorgängers. Zuletzt kam Biden bei den auf Real Clear Politics veröffentlichten Durchschnittswerten der wichtigsten Umfrageinstitute auf einen Zustimmungswert von 44,0 Prozent, 52,3 Prozent der US-Amerikaner lehnen ihn ab. Zum gleichen Zeitpunkt seiner Präsidentschaft kam Trump auf die exakt gleichen Werte.

Biden ist schon im Wahlkampfmodus

Als Politprofi ist sich Präsident Biden den grundlegend anderen Voraussetzungen bewusst. Als Reaktion hierauf begab sich Präsident Biden in den Tagen vor seiner alljährlichen Rede zur Lage der Nation vermehrt auf Reisen durch das Land, um das von ihm durchgesetzte überparteiliche Infrastrukturpaket zu bewerben.

Der überparteiliche Infrastructure Investment and Jobs Act stellt zusätzliche $550 Milliarden zur Modernisierung der Infrastruktur bereit. 

Auffallend ist hierbei die Tatsache, dass ihn in der Regel Vizepräsidentin Kamala Harris begleitete. Zuletzt war die Beziehung der beiden wichtigsten US-Politiker etwas abgekühlt gewesen. Dass Biden und Harris die Bewerbung von Errungenschaften bei der Modernisierung der Infrastruktur auf ihre Agenda gesetzt haben, ist nicht verwunderlich. Die Wählerschaft sieht hierin explizite regionale Errungenschaften, welche durch die Administration unterstützt wurden. Die schlechten Umfragewerte sollen verbessert werden.

Biden bereiste zunächst die Ostküste

In Baltimore, Maryland, besuchte Präsident Biden den 150 Jahre alten Baltimore and Potomac Tunnel. An diesem Ort konnte Präsident Biden, wie schon im Wahlkampf 2020, mit seiner Empathie punkten, ist er doch schon selbst mit dem Zug „tausendmal durch diesen Tunnel“ gereist, wie er bei seiner Ansprache verkündete. Durch Unterstützung des Infrastrukturpakets wird eine neue Röhre, benannt nach dem Abolitionisten Frederick Douglass, gebaut. Die Fahrzeit zwischen Baltimore und Washington D.C. soll sich hierdurch um 30 Minuten verkürzen.

Ein ähnliches Projekt besuchte Präsident Biden öffentlichkeitswirksam in der Welthauptstadt der Medien New York City. Dank bundesstaatlicher Unterstützung wird der Hudson River Tunnel, Werktags durchqueren diesen per Amtrak und New Jersey Transit cirka 200.000 Passagiere, saniert. In Philadelphia, Pennsylvania, bewarb Präsident Biden die Modernisierung von Leitungen zur Sicherstellung von sauberem Wasser.

Rede zur Lage der Nation als inoffizieller Wahlkampfbeginn

Präsident Biden hat das Thema der Infrastruktur in den vergangenen Tagen für einen wahrscheinlichen Wiederwahlkampf getestet. Dementsprechend war es wenig verwunderlich, dass er bei seiner alljährlichen Rede zur Lage der Nation ebenso darauf ausführlich zu sprechen kam. Gepaart mit dem Anpreisen weiterhin starker Arbeitsmarktdaten und einer „Buy American“ Wirtschaftspolitik versucht Präsident Biden aus dem Stimmungstief herauszukommen.

Wir werden sicherstellen, dass die Lieferkette für Amerika in Amerika beginnt. Die Lieferkette beginnt in Amerika (…) Unter meiner Aufsicht werden amerikanische Straßen, Brücken und Autobahnen mit amerikanischen Produkten gebaut.

Präsident Biden bei seiner Rede zur Lage der Nation 2023

Am Tag nach der Rede zur Lage der Nation (oder sollte man diese eher als Rede zur Lage des Biden’schen Vorwahlkampfs nennen?) knüpft Präsident Biden mit einem Besuch von Madison, Wisconsin, an seine Aussagen in seiner State Of The Union sowie an seine Inlandsreisen der vergangenen Tage an. Nach der Infrastruktur thematisiert der 46. US-Präsident nun seine Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

Bleibt Präsident Biden guter Gesundheit sowie von Schicksalsschlägen und Skandalen verschont, wird er 2024 eine zweite Amtszeit anstreben.

Dies ist auch dringend notwendig, sind doch laut einer repräsentativen Umfrage von Washington Post/ ABC News 62 Prozent der US-Amerikaner der Meinung, dass die Biden-Administration bislang nicht viel erreichte. Um im Jahr 2024 wiedergewählt zu werden, benötigt es zwei Jahre nach der Hochphase der Coronavirus-Pandemie mehr als virtuelle Wahlkämpfe aus Kellern.

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