Bidens Kabinett im Test

Präsident Joe Biden und seine engsten Berater haben die Messlatte für die Beurteilung ihrer eigens zusammengestellten Administration hoch angesetzt. Es soll das diverseste Kabinett in der Geschichte der Vereinigten Staaten darstellen. Eine Beurteilung darüber hat die renommierte Brookings Institution vorgenommen (Klick hier). Die bestqualifiziertesten Personalentscheidungen für die jeweiligen Positionen sollen freilich auch getroffen worden sein. „1600 Pennsylvania“ geht der Frage nach, ob Präsident Biden letzterem Anspruch gerecht wurde.

Wichtigste Ministerien werden von erfahrenen Karrieristen geleitet

In Bezug auf die vier wichtigsten Ministerien hat Präsident Biden zweifelsohne qualitativ hochwertiges Personal um sich gescharrt. Außenminister Antony Blinken ist Karrierediplomat, der schon unter den Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama diente. Blinken wuchs in einem kosmopolitischem Elternhaus auf, besuchte in Paris die Schule und studierte unter anderem an der renommierten Harvard University.

Für die Leitung des Finanzministeriums vertraut Präsident Biden auf die Dienste von Janet Yellen. Wenngleich deren ökonomischer Ansatz streitbar erscheint, ist Yellens Qualifikation für diesen Posten unbestritten. Die Wirtschaftswissenschaftlerin amtierte  bereits als Präsidentin des Federal Reserve Board.

Umstritten ist zwar die Tatsache, dass mit Lloyd Austin erneut ein General das Pentagon führt. Vom U.S. Kongress musste für diese Personalie sogar eine Ausnahmegenehmigung eingeholt werden, da zwischen Pensionierung vom Militärdienst und Ausübung eines zivilen Amtes mindestens sieben Jahre liegen sollten, Austin jedoch erst seit knapp fünf Jahren pensioniert ist. Als vielfach ausgezeichneter Militärangehöriger dürfte Austin jedoch für seine neue Aufgabe gewachsen sein.

24 Jahre war Merrick Garland Richter am United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit. Von Präsident Obama wurde Garland sogar, gleichwohl erfolglos, als Richter am Obersten Gerichtshof vorgeschlagen. Der Harvard-Absolvent ist folglich für seine neue Aufgabe als Attorney General bestens gerüstet.

Fragwürdige Entscheidungen bei anderen Kabinettsbesetzungen

Bei der Besetzung anderer Positionen war die Qualifikation, wie so oft bei Kabinettsbesetzungen, zweitrangig. Denis McDonough wurde beispielsweise von Präsident Biden als Kriegsveteranenminister ausgewählt, obwohl dieser nie im U.S. Militär diente. Eine ungewöhnliche Wahl, ist McDonough doch erst die zweite Person in dieser Position, die keinen Militärdienst ableistete. Die persönliche Bindung zu McDonough war Biden offensichtlich wichtiger. McDonough amtierte unter anderem als Stabschef des Weißen Hauses unter Präsident Obama.

Besser qualifiziert wäre für diesen Ministerposten Pete Buttigieg gewesen. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat  gehört der United States Navy Reserve an und wurde sieben Monate als Offizier des Marinegeheimdienstes in Afghanistan eingesetzt. Als polyglotte Person wäre Buttigieg ebenso als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen bestens geeignet gewesen.

Doch wurde Buttigieg mit dem Verkehrsministerium anvertraut. Eine Behörde mit 55.000 Mitarbeitern – mehr als die Hälfte der Einwohnerzahl der Stadt South Bend, der Buttigieg einst als Bürgermeister vorstand. Ob Buttigieg auch mit einem solch großen Verwaltungsapparat zurechtkommen wird? Zu Beginn seiner Amtszeit liegt zumindest die Vermutung nahe, dass Buttigieg an falscher Stelle eingesetzt wird. Ähnliches gilt für die Außenpolitikexpertin Susan Rice, die nun als Direktorin des Rates für Innenpolitik agiert.

Kabinett zur Herstellung der Einheit des Landes?

Bei seiner Amtseinführung hat Präsident Biden die Einheit des Landes heraufbeschworen. Ganz davon abgesehen, dass er sich an seinen expliziten politischen Entscheidungen messen lassen muss, stellt sich die Frage, in wie weit Bidens Administration dieses lobenswerte Ziel widerspiegelt.

Dem konservativen Amerika kommt Präsident Biden mit seiner Personalauswahl nicht entgegen. Amtierte mit Pentagon-Chef Robert Gates unter Präsident Obama noch ein republikanischer Minister und unter Präsident George W. Bush mit Norman Mineta noch eine demokratische Verkehrsministerin, wird in der Biden-Administration kein Republikaner zu finden sein. Im Gegenteil.

Als Gesundheitsminister hat Präsident Biden mit Xavier Becerra zwar einen in diesem Gebiet unerfahrenen Politiker gewählt, amtierte er doch zuletzt als Attorney General des Staates Kalifornien. Doch machte sich Becerra in dieser Position schon als Verfechter einer sehr liberalen Abtreibungsgesetzgebung und Geburtenkontrolle einen Namen. Die Personalie ist nichts weniger als eine gesellschaftspolitische Kriegserklärung an das konservative Amerika.

Für den Posten der Direktorin des Office of Management and Budget wurde zudem mit der linksliberalen Neera Tanden eine stark umstrittene Person nominiert. Tanden erlangte nationale Bekanntheit auf Grund ihrer republikanerfeindlichen Tweets – quasi die demokratische Antwort auf Donald Trump. Seit Bidens Wahlsieg im November 2020 löschte Tanden sogar mehr als 1.000 ihrer brisantesten Nachrichten im Kurzmitteilungsdienst Twitter. An ihrer offenen Feindseligkeit gegenüber dem politischen Mitstreiter änderte dies freilich nichts.

Business as usual

In Bezug auf Ethnie, Geschlecht und Sexualität bildet die Biden-Administration zwar, wie vom 46. US-Präsidenten versprochen, die Gesellschaft ab. Das Kabinett spiegelt jedoch nicht den Willen zur Einheit des Landes wider, den Biden bei seiner Amtseinführung noch ausdrückte. Was die Qualifikation seiner Minister angeht, herrscht in Washington D.C. business as usual.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Biden-Transition; eigene Grafiken

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