#DEMDEBATE: Stille Nacht, demokratische Nacht

Stille. Eine Begebenheit, die man einer TV-Debatte von US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten so gar nicht zuschreiben mag. Doch am Abend der zweiten demokratischen Auseinandersetzung in der Drake University zu Des Moines, Iowa, waren die Voraussetzungen für das laute Wahlkampfspektakel – zumindest für einen Moment – so ganz anders.

Einen Tag nach den terroristischen Angriffen von Paris wurde zunächst den Opfern und deren Angehörigen gedacht. Der Schweigeminute folgte eine Themenanpassung durch den veranstaltenden Fernsehsender CBS. Anstatt lediglich über Innen- und Wirtschaftspolitik zu diskutieren, wurde aus aktuellem Anlass die Terrorbekämpfung mit aufgenommen.

Sanders werden die Grenzen aufgezeigt

Bernie Sanders war über diese Themenänderung schon im Vorfeld wenig erfreut. Es sollte seine Begründung haben. Nutzte Sanders bei der ersten Debatte die Steilvorlage des eMail-Skandals nicht, um Hillary Clinton zu attackieren, verpatzte er in der Drake University  seine Chance sich einem breiteren Publikum als wählbar zu präsentieren.

Zum Einstieg sollten die Kandidaten ein Statement zum Terroranschlag in Paris abgeben. Sanders setzte sich hierbei auch von seinen Mitbewerbern ab. Jedoch im negativen Sinne. Anstatt sich präsidentiell zu präsentieren, thematisierte er nach zwei Sätzen die (wirtschaftliche) Ungleichheit in den USA und ließ Paris außen vor.

Zweifelsohne wollte Sanders seine außenpolitischen Schwächen kaschieren. Eine Taktik, die nach hinten losging. Steve McMahon, CEO von Purple Strategies, formuliert es so: „Sanders muss sich hinsetzen und Außenpolitik studieren.“ Clinton erkannte diese Schwäche und appellierte, dass es nicht nur über die Wahl eines Präsidenten, sondern auch eines Oberbefehlshabers gehe.
ClintonS Vergangenheit

Punkten konnte Sanders jedoch, als es um die Vergangenheit von Hillary Clinton ging. So erinnerte er an Clintons Befürwortung des Irak-Krieges im Jahr 2003. Eine Entscheidung, die Clinton heute als Fehler ansieht.

Dass Hillary ihre Unterstützung durch die Wall Street mit der Begründung verteidigte, New York nach dem 11. September 2001 als Senatorin unterstützt zu haben, spielte ihren Herausforderern zudem in die Karten. Clintons Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit stehen durch diese Aussage einmal mehr im Blickpunkt – Republikaner wird es freuen.

Des Weiteren sucht Hillary noch nach ihrer Rolle zwischen ihrer Zeit in Regierungsverantwortung und Abgrenzung von Obamas außenpolitischem Kurs. Keine einfache Aufgabe, zeichnete sie sich doch vier Jahre lang für die Außenpolitik mitverantwortlich. Zudem kam es unter der Obama-Administration zu Rückschritten im Irak und in Afghanistan. Obamas Aussage kurz vor den Paris-Attentaten, dass der IS eingedämmt sei, ist zudem alles andere als hilfreich.

Streit um Begrifflichkeit

Eine Nebensache, insbesondere im Vorwahlkampf, könnte in der general election noch polarisieren: Die Benennung der Auseinandersetzung mit dem Islamischen Staat. Hillary Clinton, wie auch ihre beiden Mitbewerber, weigern sich von „radikalem islamischen Terrorismus“ zu sprechen.

Vielmehr nehme sich Clinton ein Beispiel an George W. Bush, der von „radikalen Dschihadisten“ sprach. Letztendlich eine Wortklauberei. Dennoch folgte Kritik aus den Reihen der Republikaner, insbesondere von Jeb Bush und Marco Rubio (siehe Video unten), prompt.

Eine Kritik, die weitere Nahrung durch Clintons Aussage, dass der Kampf gegen den Terror kein amerikanischer Kampf sein darf, bekommen hat. Freilich meinte die ehemalige Außenministerin damit, dass nicht nur die USA in Verantwortung stehen dürften und insbesondere die Lage im Nahen Osten als sehr komplex anzusehen ist.

Die Stille um Hillary

Nicht nur der Beginn der Debatte war geprägt von Stille. Denn 30 Minuten lebhafter außenpolitischer Diskussion folgte eine weitestgehend unaufgeregte innen- und wirtschaftspolitische Debatte. Die Kandidaten präsentierten ihre bekannten Thesen.

Lediglich Martin O’Malley, der, weit abgeschlagen in Umfragen, neben Clinton und Sanders teilnahm, ließ mit der ein oder anderen Aussage aufhorchen. So bezeichnete er beispielsweise Donald Trump als „Einwanderer-beschimpfenden-Marktschreier“.

Gleichwohl Clinton an diesem Abend Fehler beging und ihre Konkurrenten sie mehr unter Druck setzten, als bei der ersten Debatte,  wirkten Sanders und O’Malley als „Sparing Partner“. Auch die letzte Frage des Abends, auf welche  gemeisterten Herausforderungen die Kandidaten zurückblicken können, um eine Krise als Verantwortlicher im Weißen Haus zu bewältigen, zementierte dies.

O’Malley gab keine und Sanders eine wenig überzeugende Antwort ab. Kein Wunder, wählte Clinton zuvor „unter einer Vielzahl von Krisen“ ihre beratende Tätigkeit für Präsident Obama bei der Erstürmung des Anwesens und Ermordung von Osama bin Laden aus.


Die Debatte in voller Länge:

Marco Rubios Antwort auf die Diskussion um den Begriff „radikaler Islam“:


DIE BESTEN ZITATE DES DEBATTENABENDS

I would argue that the disastrous invasion of Iraq, something that I strongly opposed, has unraveled the region completely and led to the rise of al Qaeda and to ISIS. (Bernie Sanders)

We’ve gotten off of Hillary’s emails. Good. Let’s go to the major issues. (Bernie Sanders)

ISIS cannot be contained. It must be defeated. (Hillary Clinton)

I come from the ’60s. (Hillary Clinton)

I represented New York on 9/11, when we were attacked. Where were we attacked? We were attacked in downtown Manhattan, where Wall Street is. I did spend a whole lot of time and effort helping them rebuild. That was good for New York, it was good for the economy and it was a way to rebuke the terrorists who attacked our country. (Hillary Clinton)

Libya is a mess. Syria is a mess. Iraq is a mess. Afghanistan is a mess. (Martin O’Malley)


KANDIDATENBEURTEILUNG

Hillary Clinton: Solider Auftritt. Gleichwohl kommt sie in Schwierigkeiten, wenn es um die Balance zwischen ihrer Zeit als Regierungsmitglied im ersten Kabinett Obama und Abgrenzung vom Präsidenten geht.

Martin O’Malley: Solide Performance.

Bernie Sanders: Schlechter Beginn. Danach hatte Sanders letztendlich einen besseren Aufritt, als bei der ersten Debatte. Sprach jedoch abermals nur seine Kern-Zielgruppe an – zu wenig, um Clinton ernsthaft zu gefährden.

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