Trump in Davos: Gipfelstürmer oder Lawinenverursacher?

Seit 1971 kommen jedes Jahr vor einer winterlichen Traumkulisse im bündnerischen Davos die mächtigsten Staats- und Regierungschefs sowie Unternehmer und Prominente zusammen um über die Lage der Weltwirtschaft zu philosophieren. Im Grundtenor sind sich die geladenen Gäste in der Regel einig: Multilateralismus und Globalisierung als wichtigste Bausteine zur Lösung weltweiter Krisen.

Globalisierungsgegner und in der politischen Skala im linken Spektrum stehende Personen sehen dies freilich traditionell anders. Demonstrationen sind folglich rund um das Weltwirtschaftsforum in Davos keine Seltenheit. So auch in diesem Jahr beispielsweise in Zürich.

Doch paradoxerweise richteten sich diesmal die Proteste vornehmlich nicht an das Weltwirtschaftsforum im Allgemeinen, sondern an einen Staatslenker, der als Politiker die Ansichten der Demonstranten doch nahezu teilt: Donald Trump. Die polarisierende Persönlichkeit und Gesellschaftspolitik des 45. US-Präsidenten stachen die ursprünglichen Protestanliegen aus.

Folgerichtig wurden die Meinungsdifferenzen in das Tagungszentrum des viertägigen Weltwirtschaftsforums verlegt. Die Reden des französischen Staatspräsidenten Macron bis zur deutschen Bundeskanzlerin Merkel waren mit Plädoyers gegen Protektionismus von einer indirekten Auseinandersetzung mit Präsident Trump geprägt.

So wurde das ansonsten so beschauliche Davos zu einem Forum verschiedener Denkansätze, zu einem Duell zwischen Globalisierungs- und Freihandelsbefürworter und dem US-Präsidenten. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Trump gegen die globale Elite. Ein Auftreten mit dem er schon die Präsidentschaftswahl 2016 für sich entschied.

Wenn die US-Wirtschaft wächst, wächst die Weltwirtschaft. (Präsident Trump)

Doch ganz so radikal zeigte sich Trump wider erwarten nicht. „Amerika zuerst bedeutet nicht Amerika alleine“, so Trump, der weniger als Präsident der Vereinigten Staaten sondern vielmehr der US-amerikanischen Handelskammer auftrat wie das Handelsblatt passend bemerkte. Werbung für den Wirtschaftsstandort zwischen New York und Kalifornien, zwischen Michigan und Texas, zierten den Auftritt Trumps.

Trumps Mantra der Einhaltung von „fairen“ Regeln für den internationalen Handel sollte ebenso wenig fehlen wie seine Kritik an der Berichterstattung über seine Person. Letzte Äußerung brachte ihm überwiegend Gelächter und vereinzelte Buhrufe entgegen. Eine Begebenheit, welche die Tagesschau in ihrer Berichterstattung verzerrte und somit für die größte Diskussion in Deutschland nach Trumps-Rede sorgte.

Donald Trump war nach Bill Clinton im Jahr 2000 erst der zweite US-Präsident, der am Weltwirtschaftsforum teilnahm. Zwar hat sein Auftritt die durch ihn ins Rollen gebrachte Lawine in Form eines Wandels in den internationalen Beziehungen nicht noch weiter verstärkt. Doch ob sein Programm der wirtschaftlichen Stärkung der USA – und somit nach Trumps Aussage der Welt – zum Gipfelsturm führt, bleibt ebenso ungewiss.


Rede des US-Präsidenten Trump
Rede von Bundeskanzlerin Merkel
Rede des französischen Präsidenten Macron

Stimmungsbarometer 01/2018: Die Stimmung nach einem Jahr Präsident Trump

#Blog1600Penn versorgt euch mit den aktuellsten repräsentativen Umfragen rund um US-amerikanische Politik (Pfeil nach oben/unten: Wert ist zum Vormonat gestiegen/hat abgenommen):


Leseempfehlungen

„5 facts about Iran“ (Pew Research Center)
„Despite GOP control of Congress and White House, lawmaking lagged in 2017“ (Pew Research Center)
„A Year Later, Trump Is Less Popular Across Voting Blocs. See by How Much.“ (NY Times)

#Blog1600Penn Update: Koreanische Entspannung

#Blog1600Penn bringt euch über die wichtigsten Ereignisse rund um US-amerikanische Politik der vergangenen Wochen auf den aktuellen Stand:

Bannon nicht mehr Breitbart-Chef

Der ehemalige Berater des Präsidenten, Stephen Bannon, ist als Chef der rechtsnationalen Breitbart News zurückgetreten.

Schutzstatus für Salvadorianer aufgehoben

Auf Grund zweier Erdbeben im Jahr 2001 wurden vorübergehend 200.000 schutzsuchende Salvadorianer in den USA aufgenommen. Präsident Trump hat nach 17 Jahren diesen Schutzstatus aufgehoben.

Romney: Vom Klinikum in den Senat?

Bei Mitt Romney wurde im vergangenen Sommer Prostatakrebs diagnostiziert. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat wurde von Dr. Thomas Ahlering am UC Irvine Klinikum in Kalifornien behandelt. Eine Senatskandidatur lotet Romney dennoch weiterhin aus.

Romneys Comeback – Trumps Albtraum?“ (1600 Pennsylvania)

Demonstrationen im Iran

Im Iran haben tausende Menschen für mehr Freiheitsrechte und gegen die schlechten ökonomischen Bedingungen sowie gegen das Mullah-Regime demonstriert. Die US-Administration unterstützte die Proteste öffentlich.

Pence: „We stand with the proud people of Iran because it is right.“ (The Washington Post)

Bannon vs. Trump

Der einstige Chefstratege im Weißen Haus, Stephen Bannon, hat sich im neuesten Buch von Michal Wolff („Fire and Fury“) abfällig über Präsident Trump und seine Familie geäußert. Donald Trump gab daraufhin ein Statement ab, dass Bannon erst von ihm gefeuert wurde und dann „seinen Verstand verlor“.

Pence in Afghanistan

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen wartete Vizepräsident Mike Pence mit einem Überraschungsbesuch bei den US-Streitkräften in Bagram, Afghanistan auf. Seine Rede in voller Länge:

UN-Resolution verurteilt Jerusalem-Entscheidung

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat die USA dazu aufgefordert die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt zurückzunehmen. 128 der 193 Mitgliedsländer, darunter Deutschland, stimmten für die Resolution.

Historische Steuerreform verabschiedet

Der US-Kongress hat die größte Steuerreform seit der Präsidentschaft von Ronald Reagan verabschiedet. Steuersenkungen für Unternehmen und Haushalte sollen die Wirtschaft weiter ankurbeln.

Trump verkündet Sicherheitsstrategie

Präsident Trump hat seine Sicherheitsstrategie verkündet. Die Rede in voller Länge:


Leseempfehlungen

„Deutschlands Stimme gegen Israel ist beschämende“ (Die Welt)
„Amerikas Botschafter:Ein Diplomat dreht Däumchen“ (Stuttgarter Zeitung)
„Der angebliche Clown“ (Basler Zeitung)
„Split U.S. Senate delegations have become less common in recent years“ (Pew Research Center)
„2020: Year of the anti-Trump billionaire?“ (Politico)


Bucheempfehlung

Michael Wolff: „Fire and Fury – Inside the Trump White House“ 

Romneys Comeback – Trumps Albtraum?

Betretenes Schweigen herrschte im Raum als Mitt Romney nach der Telefonnummer des Präsidenten fragte. Denn mit einer Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2012 hatte im engsten Kreis des republikanischen Obama-Herausforderers niemand gerechnet.

Doch der ehemalige Gouverneur erschien der Wählerschaft zu abgehoben, zu weit vom Bürger entfernt. Romneys Engagement beim Finanzinvestor Bain Capital und Status als Milliardär sollten sich als zu hohe Bürde erweisen.

Vier Jahre später trat ein anderer Milliardär ins Rampenlicht. Polarisierte und vereinnahmte trotz Reichtum die Arbeiterschicht für sich. Donald Trump wurde zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Einer seiner größten innerparteilichen Kritiker: Mitt Romney.

Im Wahlkampf lieferten sich die beiden schwerreichen Republikaner nicht nur denkwürdige Auseinandersetzungen auf Twitter. Romney kritisierte zudem mit einer vielbeachteten Grundsatzrede seinen Nachfolger als Führungsfigur der republikanischen Partei. Der Kampf zwischen Parteiestablishment und unzufriedenen Außenseitern ging in eine neue, noch intensivere Phase über.

Nach Trumps siegreicher Präsidentschaftswahl die kurzzeitige Wende. Mitt Romney wurde vom gewählten Präsidenten ernsthaft als Außenminister in Erwägung gezogen. Mehrere Treffen folgten.

Das Kriegsbeil blieb jedoch nicht lange vergraben. Nach Ausschreitungen zwischen Rechtsextremen und Gegendemonstranten in Charlottesville, Virginia, griff Romney die Reaktion des Präsidenten scharf an. Romney ist reifer, glaubwürdiger geworden. Im Jahr 2018 ist der einstige Präsidentschaftskandidat auch auf Grund seines diplomatischen, ruhigen Auftretens zur moralische Instanz des republikanischen Establishments aufgestiegen.

Dass der Republikaner Orrin Hatch nun verkündet hat, dass er für eine Wiederwahl als Senator nicht zur Verfügung stehen wird, bereitet Romney auch eine faktische Rückkehr ins politische Machtzentrum. Denn die Mormonen Hatch und Romney teilen sich ihren Heimatstaat Utah.

Das Team des mittlerweile 70-jährigen Romney hat in Folge dessen die Vorbereitungen für eine Kandidatur des im November diesen Jahres vakant werdenden Senatssitzes intensiviert. Tritt Romney an, scheint seine Wahl als U.S. Senator für Utah eine reine Formsache.

Für Präsident Trump dürfte auch ein Senator Mitt Romney unbequem daherkommen. Zudem gilt es als fraglich, ob sich Romney mit einem Posten als Senator zufriedengeben wird. Romney könnte sich ein Beispiel an Ronald Reagan nehmen, der 1976 den amtierenden Präsidenten Gerald Ford in den republikanischen Vorwahlen überraschend herausforderte, jedoch verlor.

Die Erfolgsaussichten für Romney dürften weitaus größer sein. Eine Telefonnummer des Präsidenten würde er in diesem Fall auch nicht benötigen. Romney dürfte von Trump per Twitter hören – bei einer Senatskandidatur schon in diesem Herbst.


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