Stimmungsbarometer 11/2015: Der langsame Aufstieg des Ted Cruz

Während Hillary Clinton bei den Demokraten einen komfortablen Vorsprung genießt, kommt in den republikanischen Vorwahlkampf etwas Bewegung. Ted Cruz schließt allmählich zur Spitzengruppe auf, Dr. Ben Carson verliert leicht an Zustimmung und selbst Mitt Romney trägt seinen Part zum Stimmungsbarometer bei!

Die Grundlage für das Stimmungsbarometer 11/15 sind die durchschnittlichen Umfragewerte von Real Clear Politics für den Zeitraum zwischen dem 29.10. und 22.11.2015. Alle Angaben in Prozent und ohne Gewähr. (Grün/ Rot = Zum vorherigen Stimmungsbarometer an Prozentpunkten gewonnen/ verloren)


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Nach Bidens Entscheidung nicht in den Vorwahlkampf einzusteigen, hat Hillary Clinton nun ihren Vorsprung auf Bernie Sanders klar ausbauen können. Dies hat zur Folge, dass sich HRC schon jetzt vermehrt auf die general election konzentriert: Bei Wahlkampfveranstaltung erwähnt sie Sanders mit keinem Wort. Clintons Fokus liegt nun bei den republikanischen Konkurrenten.

NATIONAL

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VORWAHL IOWA – TOP 3

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VORWAHL NEW HAMPSHIRE – TOP 3

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Nach „ausbaufähigen“ Aussagen zu außenpolitischen Themen verliert Dr. Ben Carson erstmals wieder an Zustimmung, in Iowa musste er zudem seine Spitzenposition abgeben. Nahezu unbemerkt gewinnt Ted Cruz immer mehr an Beliebtheit, in der aktuellsten Umfrage für die Vorwahl in Iowa konnte er sogar zu Donald Trump aufschließen.

NATIONAL

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Bobby Jindal hat seine Kandidatur zurückgezogen.

VORWAHL IOWA – TOP 3

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VORWAHL NEW HAMPSHIRE – TOP 3

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Außenseiter dominieren weiterhin den GOP-Vorwahlkampf. Die Verunsicherung im Establishment ist folglich groß, so dass wieder vermehrt über einen Wahlkampfeintritt von Mitt Romney, Präsidentschaftskandidat aus dem Jahr 2012, diskutiert wird. Gleichwohl Romney dies ablehnt, hat eine repräsentative Umfrage ergeben, dass der Mormone mit 31% die Vorwahl in New Hampshire derzeit klar gewinnen würde – Trump käme lediglich auf 15%.


GENERAL ELECTION – HILLARY CLINTON VS. TOP 3 DER GOP

Bei möglichen Duellen in der general election zwischen Hillary Clinton und den derzeit in nationalen Umfragen führenden Republikanern setzen sich aktuell Dr. Carson und Marco Rubio gegen die ehemalige Außenministerin durch. HRC liegt bei diesen Vergleichen lediglich gegen Donald Trump in Front.

Nachfolgend der Vergleich zwischen Hillary und den derzeit führenden Republikanern:

CLINTON VS. TRUMP

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CLINTON VS. DR. CARSON

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CLINTON VS. RUBIO

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Der Vorwahlkampf nach Paris

13. November 2015. Als der Terrorismus sich abermals in das Gedächtnis des Westens einbrannte. Der Vorwahlkampf eine neue Dynamik bekam. Die Sicherheitspolitik einmal mehr zum Primärthema in der politischen Arena wurde – zumindest vorerst.

Der Umgang mit dem Islamischen Staat, dem Bürgerkrieg in Syrien und der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen polarisiert die USA. Dass die Mehrheit der Bundesstaaten als Reaktion auf den Terroranschlag von Paris keine Flüchtlinge aus Syrien mehr aufnehmen wollen oder Flüchtlinge als „tollwütige Hunde“ (Dr. Carson) bezeichnet werden, bilden lediglich die „Spitze des Eisbergs“ in einer emotionalen Auseinandersetzung.

Bevölkerung ist gespalten

Doch wie denkt der Souverän, die US-amerikanische Bevölkerung, über die neuesten sicherheitspolitischen Entwicklungen? Setzt sich die seit Jahrzeiten zunehmende gesellschaftliche Polarisierung auch an den neuesten Herausforderungen fort? Aktuelle repräsentative Erhebungen geben Aufschluss.*

Zunächst ein Blick auf eine allgemein gehaltene Frage: Unternimmt die US-Regierung genügend für den Heimatschutz? Die Bevölkerung ist gespalten: 48% Zustimmung stehen 46% Ablehnung gegenüber. Die Spaltung lässt sich an den Parteipräferenzen erkennen. Fühlen sich Zweidrittel der demokratischen Anhänger ausreichend geschützt, stimmen 63% der republikanischen Sympathisanten dem nicht zu.

Eine ähnliche Lagerspaltung ist ebenso bei der Strategie zur Bekämpfung des Islamischen Staates zu erkennen. Ist die Gesamtbevölkerung geteilter Auffassung hinsichtlich einer Entsendung von US-Bodentruppen, befürworten dies mehrheitlich Republikaner – Demokraten lehnen einen Kampfeinsatz ab.

Einigkeit bei Kooperation mit Russland

Bei einer Frage kann die Spaltung jedoch überraschenderweise nahezu überwunden werden. Mehr als die Hälfte der Amerikaner stimmt nämlich für eine Militärkooperation mit Russland, um dem Islamischen Staat entgegenzutreten. Nur 35% der Befragten verneint dies. Die Zustimmung geht über Parteigrenzen hinweg: 50% der demokratischen und 59% der republikanischen Anhänger empfinden solch eine Koalition als gute Idee.

Neben der Bekämpfung des Islamischen Staates steht auch die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen auf der politischen Agenda. 53% der Amerikaner sind der Auffassung, dass die USA keine Flüchtlinge aufnehmen sollten. Dem sind 28% der Bevölkerung entgegenzuhalten, die einer Aufnahme positiv gegenüber stehen. 11% wollen nur christlichen Flüchtlingen Schutz gewähren.

Polarisierung bleibt bestehen – neue Diskussionskultur?

Die Gesellschaft ist entlang der Parteilinien in oben behandelten Fragen gespalten. Der schrille Vorwahlkampf steuert sein übriges dazu bei. Eine neue Diskussionskultur könnte jedoch durch die Vorlage von ernsthaften Plänen der Präsidentschaftskandidaten zur Bekämpfung des weltweiten Terrorismus entfaltet werden. Clinton und Bush machten es beispielsweise schon vor. Für die Ernsthaftigkeit des Themas wäre es wünschenswert.

* Datengrundlage: Bloomberg Politics Poll vom 18.11.2015


Dieser Artikel erschien auch auf der Seite der „Initiative junger Transatlantiker“

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Paris polarisiert Präsidentschaftswahlkampf I

Der Terroranschlag von Paris hat die Sicherheitspolitik in den Fokus des Vorwahlkampfes gerückt. Der Umgang mit dem Islamischen Staat, dem Bürgerkrieg in Syrien und der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen wird in den USA überdacht.

Als Exempel dient hierbei, dass mittlerweile 31 Bundesstaaten keine Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen wollen. Abgesehen von New Hampshire ausnahmslos Staaten mit einem republikanischen Gouverneur.

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Die gelb markierten Staaten sprechen sich gegen die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen aus.

Die Verunsicherung nach den Anschlägen des 11. September 2001 ist bis heute in den Vereinigten Staaten von Amerika zu spüren. Sicherheitspolitik ist folgerichtig ein nach wie vor sensibles Thema, welches vorerst den Präsidentschaftswahlkampf bestimmen wird.

Dieser abrupte Themenwechsel kommt zweieinhalb Monate vor der ersten Vorwahl im Bundesstaat Iowa den populistischen Kandidaten Bernie Sanders auf demokratischer und Donald Trump beziehungsweise Dr. Ben Carson auf republikanischer Seite ungelegen.

Durch mangelndes außenpolitisches Interesse, fehlender Kompetenz und unzureichenden Ideen stehen genannte drei Kandidaten vor turbulenten Wochen. #Blog1600Penn stellt die außen- und sicherheitspolitischen Antworten von ausgewählten Kandidaten auf die Pariser Terroranschläge vor. Im ersten Teil: Hillary Clinton!

Hillary Clinton – der demokratische Falke

Bei einer Rede vor dem Council on Foreign Relations in NYC hat Clinton einen langfristig angelegten 3-Punkte-Plan zur Zerstörung des weltweiten Terrorismus vorgestellt. Unter Führung der USA soll 1. der Islamische Staat „vernichtet“, 2. die Infrastruktur des weltweiten Terrorismus „zerschlagen“ und 3. Terrorzellen im Inland „ausgelöscht“ werden.

Zu Punkt 1: Laut Clinton soll das Momentum des IS durch effektivere Luftkooperationen, optimierte Geheimdienstarbeit vor Ort und durch den Einsatz von regionalen Bodentruppen bekämpft werden. Die USA kann insbesondere bei Letzterem jedoch nur unterstützend, z.B. in Form von Waffenlieferungen und Training, wirken. Den Einsatz von großflächig angelegten US-Bodentruppen, wie beim Irak-Krieg 2003, erteilt Clinton eine Absage.

Des Weiteren ist für Clinton ein politischer Wechsel in Damaskus unumgänglich. Durch die Einrichtung einer Flugverbotszone soll Assad zunächst geschwächt und im weiteren Verlauf ersetzt werden. Ebenso plädiert Clinton für eine Sicherheitszone in Syrien, damit Syrer nicht mehr aus ihrem Heimatland fliehen müssen.

Zu den Punkten 2 & 3: Die Infrastruktur des weltweiten Terrorismus will Clinton u.a. durch Austrocknung der Finanzströme schwächen. Zudem soll Gegenpropaganda in den sozialen Medien potentielle ausländische Kämpfer abhalten sich dem IS anzuschließen.

Um dieses Ziel zu erreichen fordert Hillary ebenso eine bessere Koordinierung zwischen den Ländern. Vor diesem Hintergrund ermahnte Clinton insbesondere Europa, deren Länder bislang „unzureichend bei der Terrorabwehr zusammenarbeiten“.

Des Weiteren spricht sich Clinton für die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen in den USA aus.

Hillary Clintons sicherheitspolitische Erklärung führt über Obamas Strategie hinaus. Ihre Rede vor dem Council on Foreign Relations beinhaltete eine indirekte Kritik am Präsidenten, dass ein Machtvakuum im Nahen und Mittleren Osten entstanden sei. Mit ihrer Strategie will sie nun die Herausforderungen lösen – und geht damit an die Grenzen des für die demokratische Basis tragbaren.


Im nächsten Teil:
Republikanische Falken, Herzblut-Hardliner und Libertäre.
Wo stehen Rubio, Cruz und Paul im Kampf gegen den Terrorismus?


 

#DEMDEBATE: Stille Nacht, demokratische Nacht

Stille. Eine Begebenheit, die man einer TV-Debatte von US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten so gar nicht zuschreiben mag. Doch am Abend der zweiten demokratischen Auseinandersetzung in der Drake University zu Des Moines, Iowa, waren die Voraussetzungen für das laute Wahlkampfspektakel – zumindest für einen Moment – so ganz anders.

Einen Tag nach den terroristischen Angriffen von Paris wurde zunächst den Opfern und deren Angehörigen gedacht. Der Schweigeminute folgte eine Themenanpassung durch den veranstaltenden Fernsehsender CBS. Anstatt lediglich über Innen- und Wirtschaftspolitik zu diskutieren, wurde aus aktuellem Anlass die Terrorbekämpfung mit aufgenommen.

Sanders werden die Grenzen aufgezeigt

Bernie Sanders war über diese Themenänderung schon im Vorfeld wenig erfreut. Es sollte seine Begründung haben. Nutzte Sanders bei der ersten Debatte die Steilvorlage des eMail-Skandals nicht, um Hillary Clinton zu attackieren, verpatzte er in der Drake University  seine Chance sich einem breiteren Publikum als wählbar zu präsentieren.

Zum Einstieg sollten die Kandidaten ein Statement zum Terroranschlag in Paris abgeben. Sanders setzte sich hierbei auch von seinen Mitbewerbern ab. Jedoch im negativen Sinne. Anstatt sich präsidentiell zu präsentieren, thematisierte er nach zwei Sätzen die (wirtschaftliche) Ungleichheit in den USA und ließ Paris außen vor.

Zweifelsohne wollte Sanders seine außenpolitischen Schwächen kaschieren. Eine Taktik, die nach hinten losging. Steve McMahon, CEO von Purple Strategies, formuliert es so: „Sanders muss sich hinsetzen und Außenpolitik studieren.“ Clinton erkannte diese Schwäche und appellierte, dass es nicht nur über die Wahl eines Präsidenten, sondern auch eines Oberbefehlshabers gehe.
ClintonS Vergangenheit

Punkten konnte Sanders jedoch, als es um die Vergangenheit von Hillary Clinton ging. So erinnerte er an Clintons Befürwortung des Irak-Krieges im Jahr 2003. Eine Entscheidung, die Clinton heute als Fehler ansieht.

Dass Hillary ihre Unterstützung durch die Wall Street mit der Begründung verteidigte, New York nach dem 11. September 2001 als Senatorin unterstützt zu haben, spielte ihren Herausforderern zudem in die Karten. Clintons Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit stehen durch diese Aussage einmal mehr im Blickpunkt – Republikaner wird es freuen.

Des Weiteren sucht Hillary noch nach ihrer Rolle zwischen ihrer Zeit in Regierungsverantwortung und Abgrenzung von Obamas außenpolitischem Kurs. Keine einfache Aufgabe, zeichnete sie sich doch vier Jahre lang für die Außenpolitik mitverantwortlich. Zudem kam es unter der Obama-Administration zu Rückschritten im Irak und in Afghanistan. Obamas Aussage kurz vor den Paris-Attentaten, dass der IS eingedämmt sei, ist zudem alles andere als hilfreich.

Streit um Begrifflichkeit

Eine Nebensache, insbesondere im Vorwahlkampf, könnte in der general election noch polarisieren: Die Benennung der Auseinandersetzung mit dem Islamischen Staat. Hillary Clinton, wie auch ihre beiden Mitbewerber, weigern sich von „radikalem islamischen Terrorismus“ zu sprechen.

Vielmehr nehme sich Clinton ein Beispiel an George W. Bush, der von „radikalen Dschihadisten“ sprach. Letztendlich eine Wortklauberei. Dennoch folgte Kritik aus den Reihen der Republikaner, insbesondere von Jeb Bush und Marco Rubio (siehe Video unten), prompt.

Eine Kritik, die weitere Nahrung durch Clintons Aussage, dass der Kampf gegen den Terror kein amerikanischer Kampf sein darf, bekommen hat. Freilich meinte die ehemalige Außenministerin damit, dass nicht nur die USA in Verantwortung stehen dürften und insbesondere die Lage im Nahen Osten als sehr komplex anzusehen ist.

Die Stille um Hillary

Nicht nur der Beginn der Debatte war geprägt von Stille. Denn 30 Minuten lebhafter außenpolitischer Diskussion folgte eine weitestgehend unaufgeregte innen- und wirtschaftspolitische Debatte. Die Kandidaten präsentierten ihre bekannten Thesen.

Lediglich Martin O’Malley, der, weit abgeschlagen in Umfragen, neben Clinton und Sanders teilnahm, ließ mit der ein oder anderen Aussage aufhorchen. So bezeichnete er beispielsweise Donald Trump als „Einwanderer-beschimpfenden-Marktschreier“.

Gleichwohl Clinton an diesem Abend Fehler beging und ihre Konkurrenten sie mehr unter Druck setzten, als bei der ersten Debatte,  wirkten Sanders und O’Malley als „Sparing Partner“. Auch die letzte Frage des Abends, auf welche  gemeisterten Herausforderungen die Kandidaten zurückblicken können, um eine Krise als Verantwortlicher im Weißen Haus zu bewältigen, zementierte dies.

O’Malley gab keine und Sanders eine wenig überzeugende Antwort ab. Kein Wunder, wählte Clinton zuvor „unter einer Vielzahl von Krisen“ ihre beratende Tätigkeit für Präsident Obama bei der Erstürmung des Anwesens und Ermordung von Osama bin Laden aus.


Die Debatte in voller Länge:

Marco Rubios Antwort auf die Diskussion um den Begriff „radikaler Islam“:


DIE BESTEN ZITATE DES DEBATTENABENDS

I would argue that the disastrous invasion of Iraq, something that I strongly opposed, has unraveled the region completely and led to the rise of al Qaeda and to ISIS. (Bernie Sanders)

We’ve gotten off of Hillary’s emails. Good. Let’s go to the major issues. (Bernie Sanders)

ISIS cannot be contained. It must be defeated. (Hillary Clinton)

I come from the ’60s. (Hillary Clinton)

I represented New York on 9/11, when we were attacked. Where were we attacked? We were attacked in downtown Manhattan, where Wall Street is. I did spend a whole lot of time and effort helping them rebuild. That was good for New York, it was good for the economy and it was a way to rebuke the terrorists who attacked our country. (Hillary Clinton)

Libya is a mess. Syria is a mess. Iraq is a mess. Afghanistan is a mess. (Martin O’Malley)


KANDIDATENBEURTEILUNG

Hillary Clinton: Solider Auftritt. Gleichwohl kommt sie in Schwierigkeiten, wenn es um die Balance zwischen ihrer Zeit als Regierungsmitglied im ersten Kabinett Obama und Abgrenzung vom Präsidenten geht.

Martin O’Malley: Solide Performance.

Bernie Sanders: Schlechter Beginn. Danach hatte Sanders letztendlich einen besseren Aufritt, als bei der ersten Debatte. Sprach jedoch abermals nur seine Kern-Zielgruppe an – zu wenig, um Clinton ernsthaft zu gefährden.

#GOPDebate: Debatte ohne Verlierer

Nur 13 Tage nach der denkwürdigen TV-Debatte bei CNBC kam es am Dienstag Abend schon zum nächsten republikanischen Aufeinandertreffen. Nach der chaotischen Debattenführung  vor knapp zwei Wochen sollten nun bei der vierten Debatte ernsthaft wirtschafts- und außenpolitische Themen diskutiert werden.

Mit Erfolg. Denn der veranstaltende Sender FOX Business beschränkte sich weitestgehend auf politische Fragen, so dass mehr über Inhalte gesprochen werden konnte. Im Duell mit CNBC ein klarer Punktsieg für die konservative Fernsehanstalt.

Die Kleine Debatte

Hatte Chris Christie einen starken Auftritt bei der dritten Debatte, konnte der Gouverneur an diesen Erfolg kurz danach mit einem starken Statement zu Drogenabhängigkeit anknüpfen – das Video sahen mehr als 7 Millionen Menschen im Internet. Eigentlich ein perfekter Start in den November, wären da nicht die aktuellen Umfragen gewesen. Denn Christies „Goldener Herbst“ spiegelt sich (noch) nicht in Umfragen wider. Er kommt derzeit auf weniger als 2,5% der Stimmen und qualifizierte sich somit erstmals nicht für die Hauptdebatte.

Doch dies könnte sich nach Christies Vorstellung im Milwaukee Theatre ändern. Christie dominierte die kleine Debatte mit einer klaren Strategie, in dem er sich durchgehend mit smarten Angriffen auf Hillary Clinton von seinen Konkurrenten absetzte – #Blog1600Penn zählte zehn (!!!) solcher Attacken: ein Rekordwert im bisherigen Vorwahlkampf. Im Wettbewerb mit Huckabee, Jindal und Santorum stach Christie somit klar heraus.

Jeb Bush’s Duell mit sich selbst

Bei der Hauptdebatte lag das Augenmerk insbesondere bei Jeb Bush. Konnte sich der 62-jährige alte ehemalige Gouverneur von Florida von seinem miserablen Auftritt bei der letzten Debatte, dem Verlust von finanzstarken Spendern und weiter sinkenden Umfragen erholen?

Wenngleich der Durchbruch für Bush abermals ausblieb, trat er diesmal zweifelsohne selbstbewusster auf und konnte ein weiteres worst-case-scenario wie vor zwei Wochen, als Marco Rubio ihn perfekt auskonterte, verhindern. Dies war auch nötig, findet die nächste Debatte erst Mitte Dezember statt.

Der Schlagabtausch des Abends I

Einen guten Moment hatte Bush, als es um das Thema der illegalen Einwanderung ging. Als Donald Trump zunächst seine Vorstellungen eines Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko und der Deportation von 11 Millionen Menschen mit illegalem Aufenthaltsstatus vorstellte, schritt John Kasich ein und bezeichnete Trumps Ideen als „naiv und dumm“. Kasichs Realismus traf auf Trumps Populismus.

Jeb Bush sprang letztendlich Kasich zur Seite und erörterte die Unmöglichkeit einer solchen Massendeportation. Ebenso griff Bush Trump indirekt an, indem er ihm vorwarf, dass sich Hillary  Clinton über solche unrealistischen Vorschläge sicherlich freuen würde.

Der Schlagabtausch des Abends II

Im zweiten grossen Schlagabtausch des Abends kam es zur Wiederauferstehung des Rand Paul. Als es um die zukünftige Strategie in Syrien und im Irak ging, besann sich Paul auf seine Stärke zurück: die Verbreitung libertärer Positionen.

Paul argumentierte, dass die Ausrüstung von Rebellen kontraproduktiv sei, wie auch schon die Historie gezeigt hat. Ebenso sprach er sich gegen eine Flugverbotszone über Syrien aus. Schließlich „dürfe man keinen großen Krieg mit Russland provozieren“. Vielmehr sollte mit allen – potentiellen – Partnern gesprochen werden, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln.

Freilich ist Paul im republikanischen Bewerberfeld der einzige Kandidat, der solche Positionen vertritt. Widerspruch kam folglich prompt – von Bush, Fiorina und insbesondere von Rubio. Während Rubio für ein verstärktes Engagement in Nahost und der Welt eintritt, spricht sich Paul zwar ebenso für eine starke Verteidigung aus, jedoch „ohne dabei bankrott zu gehen“. Bei diesem Duell standen sich zwei miteinander unvereinbare Philosophien gegenüber: außenpolitische Zurückhaltung (Paul) vs. Ausbau der weltweit stärksten Militärmacht (Rubio).
Themenbezogene Debatte

Im Gegensatz zu den vorherigen Debatten brachte der vierte Schlagabtausch keine klaren Gewinner und Verlierer hervor. Dies könnte auch daran gelegen haben, dass erstmals primär politische Themen debattiert und Unterschiede zwischen den Kandidaten herausgearbeitet wurden.

Dennoch schwebte der Geist einer bestimmten Person durch die Räume des Milwaukee Theatre. So lautete das Wifi-Passwort für die Medienvertreter „StopHillary“. Bei allen innerparteilichen Grabenkämpfen wird das große Ganze, die Rückeroberung des Weißen Hauses, der Verhinderung von Hillary Clinton, nicht außer Acht gelassen. An diesem Novemberabend hatte dies Chris Christie am besten verstanden.


Videos

 

Teil 1 der Debatte:


DIE BESTEN ZITATE DES DEBATTENABENDS

Hillary Clinton’s coming for your wallet, everybody. Don’t worry about Huckabee or Jindal. Worry about her. (Chris Christie)

She [Clinton] is the real adversary tonight, and we better stay focused. Don’t worry about Huckabee or Jindal. Worry about her. (Chris Christie)

I’ll give you a ribbon for participation and a juice box. (Bobby Jindal zu Christie)

I want to fire everybody in D.C. — both parties. (Bobby Jindal)

Do you know an American who will just stop spending? I don’t. (Mike Huckabee)

It may be the best Hillary Clinton can do, but it’s not the best America can do. (Jeb Bush)

It took the telephone to take 75 years to reach 100 million users. It took Candy Crush 1 year to reach 100 million users. (Marco Rubio)

[Dems] will be the party of the past, we will be the party of the 21st century. (Marco Rubio)

Welders make more money than philosophers. We need more welders and less philosophers. (Marco Rubio)

I want a government really really small, so small you can barely see it. (Rand Paul)

Marco, Marco, Marco! … How is it conservative to add a trillion dollars in military expenditure… You cannot be a conservative if you’re going to keep promoting programs that you’re not going to pay for. (Rand Paul)

There are more words in the IRS code than there are in the Bible. And none of them is as good. (Ted Cruz)

First of all, thank you for not asking me what I said in the 10th grade, I appreciate that. (Dr. Ben Carson)

For the 11 million people — come on, folks. We all know you can’t pick them up and ship them back across the border. It’s a silly argument. It’s not an adult argument. (John Kasich)


REDEZEITEN DER KANDIDATEN IN DER HAUPTDEBATTE (IN MIN.)

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alle Angaben ohne Gewähr


KANDIDATENBEURTEILUNG Vordebatte

Chris Christie: Rhetorisch überzeugender Auftritt mit einer klaren Strategie: sich von Hillary Clinton abgrenzen und sich für die Hauptdebatte empfehlen; dominierte die kleine Debatte

Mike Huckabee: Gute Performance, jedoch mit Ausnahme seines Schlussstatements mit wenigen Höhepunkten

Bobby Jindal: Engagierter Aufritt, jedoch rhetorisch unterlegen

Rick Santorum: Versuchte die erzkonservative Wählerschaft für sich zu gewinnen; rhetorisch unterlegen


KANDIDATENBEURTEILUNG HauptDEBATTE

Jeb Bush: Solider Auftritt mit guten Momenten – aber noch kein Comeback

Dr. Ben Carson
: Gewohnt ruhiger Auftritt

Ted Cruz
: Solider Auftritt

Carly Fiorina: Durchschnittlich

John Kasich
: Hatte gute Momente indem er Diskussionen anregte und sich von anderen Kandidaten abgrenzte

Rand Paul
: Hat zu alter Stärke zurückgefunden: der Verkündung libertärer Thesen.

Marco Rubio
: Gewohnt rhetorisch brillant; humorvoll; starker Schlagabtausch mit Rand Paul

Donald Trump
: Gewohnt populistischer Auftritt; weniger Angriffe auf seine Mitkonkurrenten, als bei den vorherigen Debatten