Eine Investition in die Zukunft

Mit kurzen, unsicheren Schritten nähert er sich dem Podium. Seine Ansprache unterbricht er durch mehrfaches Räuspern. Versprecher und scheinbare Erinnerungslücken gehören ebenso zum Standardreportoire. Doch für Präsident Joe Biden sollte gelten, was auch schon für seine Vorgänger Donald Trump und Barack Obama hätte zählen sollen: Eine Beurteilung der Amtszeit nicht nach Äußerlichkeiten oder Redegeschick, sondern anhand nüchterner politischer Errungenschaften.

Vor diesem Hintergrund hat Präsident Biden jüngst einen innenpolitischen Erfolg erzielen können, den auch schon seine beiden Vorgänger für sich hätten verbuchen wollen. Nach monatelangen Verhandlungen stimmte das U.S. Repräsentantenhaus Bidens Infrastrukturpaket in Höhe von $1,2 Billionen mit 228 zu 206 Stimmen zu. Sechs progressive Demokraten um Alexandria Ocasio-Cortez votierten gegen das Gesetz, welches ihnen nicht weit genug ging.

Dass trotz der demokratischen Abweichler eine Mehrheit zustande kam, ist primär Präsident Biden zu verdanken, der bis zuletzt persönlich mit Abgeordneten beider Parteien verhandelte. Jahrzehntelange Erfahrungen als U.S. Senator, eine Begebenheit die weder Trump noch Obama inne hatten und somit oftmals an der Legislative verzweifelten, kam dem 46. US-Präsidenten zugute.

Schon im August verabschiedete der U.S. Senat mit 69 zu 30 Stimmen in ungewohnter Überparteilichkeit das Infrastrukturpaket. Die Vereinigten Staaten haben auch Investitionen in ihre teils marode Infrastruktur sowie in Digitalisierung und Klimaschutz nötig. Dass die Zustimmung in der zweiten Kongresskammer trotz einer demokratischen Mehrheit von elf Stimmen dennoch so lange auf sich warten ließ, sollte jedoch wenig verwundern.

Die beiden großen US-amerikanischen Parteien bestehen nämlich aus diversen Faktionen, sprich Untergruppen, die weit ausgeprägter sind als dies bei mitteleuropäischen Parteien der Fall ist. Zwischen einer linken Ocasio-Cortez und einem moderaten Senator Joe Manchin liegen beispielsweise Welten. Dass sich solche unterschiedlichen politischen Einstellungen dennoch innerhalb der gleichen Partei wiederfinden, ist unter anderem dem Zweiparteiensystem geschuldet.

Kann eine Person mit einer progressiven Einstellung in Deutschland aus drei im Bundestag vertretenen Parteien wählen (SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, Die Linke; für die Gesellschaftspolitik zählt auch noch die FDP dazu), gibt es in den USA mit den Demokraten nur eine relevante progressive Kraft. Demzufolge ist eine Kompromissfindung, vor allem bei weitreichenden und grundlegenden Maßnahmen, selbst innerparteilich ein langwieriger Prozess. Die gegenwärtigen knappen Mehrheitsverhältnisse im U.S. Kongress legen dies offen dar.

Die Enttäuschung bei Politikern und Anhängern der Demokraten ist freilich groß, dass die innenpolitische Reformagenda nur mit langwierigen Kompromissen vorankommt. Als Exempel gilt das ursprünglich mit $3,5 Billionen geplante und nun auf $1,75 Billionen gekürzte Sozial- und Klimapaket, welches weiterhin auf eine Verabschiedung durch das U.S. Repräsentantenhaus und durch den U.S. Senat wartet. Als neueste Deadline wurde Thanksgiving verkündet. 

Doch weitreichende Maßnahmen sollen wohl überlegt sind. So ist das Infrastrukturpaket ein für die nächsten zehn Jahre angelegtes Projekt. Kaum zuvor beinhaltete ein Gesetz eine solche zukunftsweisende Investition für eine ganze Nation. Dass das Infrastrukturpaket zudem überparteiliche Unterstützung aus der politischen Mitte heraus fand, gibt Hoffnung auf kommende Herausforderungen.

Diese Investitionen beinhaltet das Infrastrukturpaket u.a.:
  • Straßen und Brücken ($110 Milliarden)
  • Stromnetz ($73 Milliarden)
  • Schienenverkehr ($66 Milliarden)
  • Breitbandausbau ($65 Milliarden)
  • Wasserinfrastruktur ($55 Milliarden)
  • Umweltsanierung ($21 Milliarden)
  • Hochwasser- und Küstenschutz ($47 Milliarden)
  • Modernisierung von Transit ($39 Milliarden)
  • Flughäfen ($25 Milliarden)
  • Häfen ($17 Milliarden)
  • Verkehrssicherheit ($11 Milliarden)
  • Elektrofahrzeuge und Ladestationen ($7,5 Milliarden)

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); eigene Fotos; canva.com; eigene Grafiken

Die US-Wahl des Jahres steigt im Big Apple

Das Jahr nach einer Präsidentschaftswahl ist wahltechnisch gesehen in den USA in der Regel wenig spektakulär. Der Präsident ist ebenso gewählt wie der U.S. Kongress, Ausnahmen bilden lediglich Nachwahlen auf Grund von Rücktritten oder Ableben von Amtsinhabern. Diese sind jedoch rar gesät.

In diesem Jahr muss der begeisterte Wahlbeobachter dennoch nicht „nur“ auf die mit Spannung erwartete Bundestagswahl in Deutschland oder anderen Wahlen im Ausland blicken. Auch in den USA steigt eine Wahl, welche von überregionalem Interesse ist. Die Bürger von New York City sind nämlich dazu aufgerufen über einen neuen Bürgermeister zu entscheiden.

Die Ausgangslage

Nach einer Durststrecke von zwanzig Jahren holte der linksliberale Bill de Blasio im Jahr 2013 das Bürgermeisteramt für die Demokratische Partei zurück. Auf Grund einer Amtszeitbeschränkung, der New Yorker Bürgermeister darf nur zwei zusammenhängende Legislaturperioden à vier Jahre hintereinander regieren, darf de Blasio nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Im vergangenen Jahr versuchte sich de Blasio, der zeitlebens stark polarisiert, vergeblich in den demokratischen Präsidentschaftsvorwahlen.

Während es bei der Demokratischen Partei eine Vielzahl an aussichtsreichen Kandidaten gibt, haben für die Republikanische Partei lediglich zwei Politiker (Fernando Manteo und Curtis Sliwa) ihre Ambitionen kundgetan. Bei der Hauptwahl wird diesen kaum eine Chance eingeräumt.

Das Wahlsystem

Screenshot: electionhub.com

Wie in den USA üblich halten die beiden großen Parteien zunächst Vorwahlen ab, die am 22. Juni 2021 stattfinden werden. New Yorker können jedoch schon zwischen dem 12. und 20. Juni ihre Stimmen abgeben. Um Abstimmen zu dürfen, mussten sich New Yorker bis zum 28. Mai registrieren.

Bei den Vorwahlen wird nach dem ranked-choice voting abgestimmt. Das bedeutet, dass für die Kandidaten nach einer persönlichen Rangfolge votiert wird.

Im expliziten Fall bedeutet dies, dass fünf Kandidaten nach dessen Beliebtheit geordnet werden können. Es muss ein Favorit angekreuzt werden, eine Zweitwahl usw. bis man fünf Kandidaten nach deren Beliebtheit gewählt hat (Beispiel des Wahlzettels siehe Screenshot). Dieses System wird in diesem Jahr erstmals bei einer New Yorker Bürgermeisterwahl angewandt.

Die Kandidaten

Mit Shaun Donovan nimmt ein ehemaliges Regierungsmitglied der Administration von Präsident Barack Obama an den demokratischen Vorwahlen teil. Donovan amtierte zwischen 2009 und 2014 als Wohnungsbauminister und zwischen 2014 und 2017 als Direktor des U.S. Office of Managment and Budget. Donovans Kandidatur wird unter anderem von U.S. Senator John Hickenlooper unterstützt.

Als Favorit gilt Donovan dennoch nicht. In den Umfragen schnitten zuletzt Eric Adams und Andrew Yang besser ab. Letztgenannter fiel wegen seines extrovertierten Auftretens und kreativen Gedanken während seiner Präsidentschaftskandidatur im vergangenen Jahr der Bevölkerung auf. Unfreiwillige Unterstützung erhielt Yang von Anthony Scaramucci, dem kurzzeitigen Kommunikationsdirektor von Präsident Donald Trump, auf Grund dessen outside-the-box Denkens.

Mit Adams stellt sich zudem der Präsident des Brooklyn Borough zur Wahl. Er amtierte zudem schon als Senator des Staates New York und war von 1995 bis 2002 als Republikaner registriert.

Die Hoffnung des progressiven Flügels liegt derweil auf Maya Wiley. Die Professorin der New School war einst Beraterin des amtierenden Bürgermeisters de Blasio. Unterstützt wird Wiley, die auch schon als Kommentatorin von MSNBC auffiel, vom ehemaligen Wohnungsbauminister Julián Castro und von der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez. AOC ließ sich bis vor kurzem mit ihrer Wahlempfehlung Zeit, stellte sich dann jedoch umso deutlicher hinter Wiley: „Linke Graswurzelbewegungen können mit ihr zusammenarbeiten.“ Scott Stringer und Dianne Morales werben um eine ähnliche Wählergruppe.

Die Walkampfspenden

Die meisten finanziellen Ressourcen hat Adams mit $5,9 Millionen aufzuweisen. Gefolgt wird er von Yang mit $4,7 Millionen, der sicherlich auch von seiner Präsidentschaftskandidatur im vergangenen Jahr profitiert. Die Moderate Kathryn Garcia verfügt über $3,5 Millionen, Wiley gegenwärtig über $2,4 Millionen. Wiley wird zudem von einem Super PAC, der vom Philanthropen George Soros gesteuert wird, unterstützt.

Die Themen

Neben der Bewältigung der Folgen der Coronavirus-Pandemie ist insbesondere das Thema der Armutsbekämpfung in diesem Wahlkampf von hoher Relevanz. Zu weiteren Wahlkampfthemen gehören die Bekämpfung von Rassismus und Kriminalität.

Die Hauptwahl

Die Hauptwahl findet zwischen den Siegern der Vorwahl am Dienstag, 02. November 2021 statt. Der Kandidat der Demokratischen Partei geht als deutlicher Favorit in das Rennen.

Nahostkonflikt in der Demokratischen Partei

Das US-amerikanische Top-Model Bella Hadid hat es ebenso getan wie  der deutsch-libanesische Fußball-Star Amin Younes von Eintracht Frankfurt: Sich vor dem Hintergrund des erneut aufflammenden Nahostkonfliktes in den sozialen Medien mit den Anliegen der Palästinenser zu solidarisieren. Hadid nannte Israel einen „Unterdrücker“, Younes rief zu Gebeten für Palästina auf: „Möge Allah mit euch sein“.

Der Hastag hinter diesen Botschaften lautete „Free Palestine“, also „Freies Palästina“. Eine Formel, mit der sich auch die medial präsente demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez verständigen kann. AOC, wie die 31-Jährige New Yorkerin kurz genannt wird, beschrieb im Kurznachrichtendienst Twitter Israel unter anderem als Apartheidstaat und stritt der einzigen stabilen Demokratie im Nahen Osten eben diesen Status ab.

Die Demokratin Ilhan Omar, wie AOC Mitglied des „Squad“, nannte im U.S. Repräsentantenhaus den auch im eigenen Land nicht unumstrittenen israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu einen Ethnonationalisten. Die gezielten israelischen Luftschläge gegen Terroristen der radikalislamischen Hamas und deren Infrastruktur beschrieb Omar zudem als „Terrorismus“. „Squad“-Kollegin Ayanna Pressley forderte gar eine Aufhebung der US-amerikanischen Militärunterstützung für Israel.

Einseitige Israelkritik von radikalen Linken innerhalb der Demokratischen Partei ist an sich keine Neuigkeit. Schon in der Vergangenheit ist „The Squad“ bekanntlich mit antizionistischen Handlungen und Äußerungen aufgefallen. Neu ist allerdings, dass sich der überparteiliche Konsens in Form einer Sicherheitsgarantie für den Staat Israel langsam aufzulösen scheint. Immer mehr Demokraten schließen sich nämlich den Äußerungen der Parteilinken an.

Wenn sich die Biden-Administration nicht gegen einen Verbündeten stellen kann,
gegen wen können sie sich dann stellen? (AOC)

Dass palästinensische Terroristen, primär finanziert durch den Iran, innerhalb einer Woche mehr als 3.000 Raketen aus Gaza auf Israel abfeuerten und somit die nächste Eskalationsstufe im Heiligen Land zündeten, wird dabei oftmals ebenso außen vor gelassen wie die Tatsache, dass die Hamas ihre eigenen Landsleute in Geiselhaft hält. Es wird sogar die Geschichte umgeschrieben und von einer israelischen Aggression gegenüber Palästinensern gesprochen.

Selbstverständlich stellt Selbstverteidigung an sich, ohne eine explizite Beurteilung der Verhältnismäßigkeit abzugeben, keine Aggression dar. Dies sieht auch Präsident Joe Biden, wie alle seine Vorgänger, so. Nach Tagen des Schweigens verkündete Präsident Biden offen seine Solidarität mit Israel. Als Quittung wird er nun vermehrt von den eigenen Parteikollegen, darunter vergleichsweise Moderate wie Senator Bob Menendez oder Abgeordneter Joaquín Castro, unter Druck gesetzt, diese Haltung zu überdenken.

Dabei kam Biden den Palästinensern in seinen ersten Monaten als Präsident schon bei diversen Themen entgegen. Die Zahlungen an die umstrittene Hilfsorganisation UNRWA nahmen die USA unter Präsident Biden wieder auf – Sympathisanten der Hamas werden hierdurch passiv mitfinanziert. Des Weiteren präferiert Präsident Biden, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, eine Zwei-Staaten-Lösung und kritisiert offen die israelische Siedlungspolitik.

Doch für eine differenzierte Betrachtungsweise ist eine soziale Mediendemokratie nicht gemacht. Sachverhalte werden verkürzt dargestellt, Emotionen haben einen höheren Wert als nüchterne Analysen. Präsident Biden muss als Führer der freien Welt nicht nur zwischen allen Parteien im Nahostkonflikt, sondern auch innerhalb seiner eigenen Partei vermitteln. Doch dazu sollte der 46. US-Präsident auch gewillt sein, den Nahostkonflikt ganz oben auf die Agenda zu setzen. Danach sieht es auf Grund der inländischen Herausforderungen jedoch nicht aus.

Die Buchempfehlung: „Unsere Revolution“ (Bernie Sanders)

Nach 2016 scheiterte in diesem Jahr auch der zweite Anlauf für Bernie Sanders auf das Weiße Haus. Dass der demokratische Sozialist überhaupt zu einem ernsthaften Anwärter auf die demokratische Präsidentschaftskandidatur zählte, gilt schon alleine als Erfolg für Sanders.

Schließlich war der U.S. Senator aus Vermont bis vor fünf Jahren lediglich Insidern ein Begriff. Von nationaler wie internationaler Bekanntheit war Sanders zudem so weit entfernt wie die USA von einem sozialistischen System.

Gleichwohl Sozialismus aus historisch nachvollziehbaren Gründen in den USA negativ konnotiert ist, schaffte es Bernie Sanders eine Bewegung ins Leben zu rufen, die weit über seine Präsidentschaftskandidaturen hinaus die Vereinigten Staaten von Amerika beeinflussen könnte.

Was als Bewegung gegen das Establishment und gegen Hillary Clinton begann, ist nämlich mittlerweile zu einer ernstzunehmenden politische Kraft innerhalb der demokratischen Partei mutiert. In Folge des Hypes um Bernie Sanders gelangen radikale, junge Kandidatinnen, federführend sei an dieser Stelle Alexandria Ocasio-Cortez genannt, in den U.S. Kongress.

Eine junge Generation, welche die Ideen des mittlerweile 78-jährigen Sanders auch nach dessen politischer Karriere hinaus versuchen werden weiterzuverbreiten. Auf 480 Seiten beschreibt Sanders in „Unsere Revolution. Wir brauchen eine gerechte Gesellschaft“ seine politischen Ziele. In der deutschsprachigen Fassung ist das Werk im Ullstein Verlag erschienen und ist als Taschenbuch für 12 € erhältlich (Informationen des Verlags klick hier).

Die offizielle Buchbeschreibung

In der führenden Nation des Westens spielen die Belange der Mittelschicht und der Geringverdiener, aber auch die des Umweltschutzes und der Minderheiten eine empörend geringe Rolle. Doch der Sozialist Bernie Sanders kämpft weiter für eine politische Revolution: für eine Ökonomie, die nicht nur Jobs schafft, sondern auch für gerechte Löhne sorgt; für ein Gesundheitswesen, das allen zugute kommt; für den nachhaltigen Schutz unserer Umwelt — und gegen jede Form von Rassismus.

Nur so wird es gelingen, den USA und der ganzen Welt eine bessere Zukunft zu schaffen. Sanders’ Buch ist die linkspolitische Agenda für alle, die mit dem Primat der Profitgier und der Willkür des Establishments nicht einverstanden sind und nach neuen Wegen jenseits des Raubtierkapitalismus suchen.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen; Canva.com; eigene Grafiken; Ullstein

Impeachment kommt zur Unzeit

Es ist keine Neuigkeit, dass die Teilnahme an einer US-Präsidentschaftswahl mit enormen Kosten verbunden ist. Allen voran natürlich mit monetären Kosten. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2016 gab Hillary Clinton knapp $1,2 Milliarden aus. Ihr Konkurrent Donald Trump hingegen hatte lediglich die Hälfte an finanziellen Mitteln zur Verfügung – und gewann.

Denn letztendlich kommt es darauf an, vorhandene finanzielle Mittel effektiv zu verwenden. Während Trump beispielsweise sein eigenes Flugzeug für den Besuch einer kurzfristig anberaumten Wahlkampfveranstaltung in Michigan zu Mitternacht vor dem Wahltag charterte, ließ Clinton weitere TV-Werbespots schalten. Trump sollte den eigentlich demokratischen Bundesstaat mit einem Vorsprung von 10.704 Stimmen gewinnen – bei knapp 4,5 Millionen abgegebenen Stimmen.

Um Wähler zu überzeugen, sollte ein Kandidat möglichst viel Zeit zur persönlichen Kontaktaufnahme investieren. Bei den innerparteilichen Vorwahlen ist dies sogar von noch größerer Bedeutung. Exemplarisch sei der Wahlkampf von Barack Obama im Jahr 2008 genannt. Vor der ersten und für jeden Vorwahlkampf mitentscheidenden Vorwahl in Iowa traf Obama tausende Wähler, hielt sogar noch Reden als er längst seine Stimme verloren hatte. Obama gewann die Vorwahl in Iowa – zum damaligen Zeitpunkt noch ein überraschendes Ergebnis.

Bevor die Bevölkerung des ländlich geprägten Iowa über ihre(n) Präsidentschaftskandidaten entscheidet, will dieses genau über die Kandidaten urteilen können. Da kommt das Amtsenthebungsverfahren, welches in dieser Woche an den U.S. Senat überwiesen wurde, zur Unzeit für manche demokratische Präsidentschaftskandidaten.

Der Prozess gegenüber Präsident Trump beginnt am 21. Januar 2020 und dürfte mindestens zwei Wochen andauern. Eben jener Zeitraum vor dem Auftakt zu den Vorwahlen, die am
03. Februar 2020 in Iowa starten. Die U.S. Senatoren werden sechs Tage in der Woche in Washington D.C. verbringen müssen. Die Benutzung von Telefonen, Computern oder anderen elektronischen Geräten ist zudem verboten. Lediglich eine Papstwahl in der Sixtinischen Kapelle ist strenger gehandhabt.

Die U.S. Senatoren, die an den demokratischen Vorwahlen teilnehmen, müssen folglich ihr Engagement im Wahlkampf überdenken. Senatorin Elizabeth Warren und Senator Bernie Sanders schicken zwar ihre bekannten Unterstützer in Form der House-Abgeordneten Ayanna Pressley und Alexandria Ocasio-Cortez nach Iowa, um ihre Anliegen vertreten zu lassen. Im gegenwärtig stattfindenden Vierkampf um die demokratische Präsidentschaftskandidatur dennoch ein enormer Nachteil.

Pete Buttigieg, einer der Favoriten auf die Nominierung und seit Beginn des Jahres zudem nicht mehr Bürgermeister von South Bend, Indiana, kündigte an, in den letzten 18 Tagen vor der Wahl 15 Tage in Iowa zu verbringen. Joe Biden dürfte ähnliches geplant haben.

Der ehemalige Vizepräsident und gläubige Katholik wird zudem noch ein paar Stoßgebete gen Himmel schicken. Republikanische U.S. Senatoren werden nämlich sicherlich versuchen, die Rolle von Biden in der Ukraine-Affäre und um seinen Sohn Hunter, der für eine ukrainische Firma während der Amtszeit seines Vaters arbeitete, öffentlichkeitswirksam zu hinterfragen. Das von vielen Demokraten seit langem herbeigesehnte Amtsenthebungsverfahren kommt für einige Präsidentschaftskandidaten zur Unzeit.

Die Kampagne von Joe Biden hat schon Werbespots auf Grund oben genanntem Hintergrund geschalten:

Präsident Trump sieht im Zeitpunkt des Prozessbeginns vor dem U.S. Senat eine von der demokratischen Parteiführung bewusst herbeigeführte Benachteiligung für die Kampagne von Bernie Sanders: