„1600 Pennsylvania“ informiert über die aktuellsten repräsentativen Umfragen rund um US-amerikanische Politik (Pfeil nach oben/unten: Wert ist zum Vormonat gestiegen/hat abgenommen). Quellen, falls nicht anders angegeben, sind die auf Real Clear Politics veröffentlichten Durchschnittswerte der wichtigsten Umfrageinstitute.
Repräsentative Umfragen aus D.C.
Weitere repräsentative Umfragen
Nicht-repräsentative Umfrage auf X
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken; frei verfügbare Bilder der jeweiligen Abgeordneten via deren Internetpräsenzen. Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Wörtern wird in der Regel die männliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.
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Die gesellschaftliche und politische Polarisierung in den USA intensiviert sich schon seit Jahrzehnten. Eine unabhängige, möglichst objektive Berichterstattung gestaltet sich somit als herausfordernd. Die Spaltung des Landes macht sich auch des Öfteren bei deutschsprachigen US-Korrespondenten bemerkbar, die sich teilweise mehr von ihren eigenen politischen Ansichten und Wünschen leiten lassen als von realen Begebenheiten. ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen gilt vor diesem Hintergrund als Musterbeispiel. Inmitten des Präsidentschaftswahlkampfs 2024 ging Theveßen viral, als er davon sprach, dass Präsident Joe Biden „ein Stückchen fester im Sattel sitzen würde“ – drei Tage später beendete der 46. US-Präsident seine Wiederwahlkampagne.
In den Monaten zuvor bescheinigte Theveßen Präsident Biden einen geistigen topfitten Zustand, der „die Fäden seiner Partei in der Hand“ halten würde. Nichts dergleichen entsprach bekanntlich der Wahrheit. Den nahenden Wahlsieg von Donald Trump erkannte Theveßen selbst dann noch nicht an, obwohl die ersten US-Medien den MAGA-Republikaner zum gewählten Präsidenten erklärten. Auf Grund dieser Historie war es wenig verwunderlich, dass Richard Grenell, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland und MAGA-Hardliner mit einer fragwürdigen Einstellung zur Meinungs- und Pressefreiheit, zuletzt den Entzug der Arbeitserlaubnis des ZDF-Korrespondenten forderte.
Auslöser dieser Forderung war die Aussage von Theveßen, dass Stephen Miller, der für Politik zuständige stellvertretende Stabschef des Weißen Hauses, „sehr extreme Ansichten hat, der in seinen Überzeugungen auch ein Stück weit, ich sag mal, aus der Ideologie des Dritten Reiches kommt.“ Doch was hat es mit Theveßens Beschreibung des wohl seit dem Wahlkampfjahr 2016 wichtigsten Berater Trumps auf sich? Liegt der ZDF-Korrespondent erneut falsch mit seiner Einschätzung, hat er überzogen? Die Spurensuche zur Beantwortung dieser Frage beginnt in Europa, genauer gesagt in Belarus. Millers Familie hat nämlich ihre Wurzeln in Osteuropa. Dessen Vorfahren wurden aufgrund ihres jüdischen Glaubens verfolgt, sodass sie als einzigen Ausweg eine Auswanderung in die USA sahen.
Als Jugendlicher radikalisierte sich Miller
Miller selbst wuchs in einem liberalen jüdischen Haushalt in Santa Monica, Kalifornien, auf. Dessen Eltern besaßen eine Immobilienfirma, die jedoch später bankrott ging. Die Familie musste daraufhin in ein weniger wohlhabenderes Viertel ziehen. Als Kind besuchte er eine hebräische Schule und wurde in der Reformsynagoge seiner Heimatstadt gefirmt. Mit Blick auf die Familien- und Religionsgeschichte lässt sich also zunächst kein Hinweis auf die von Theveßen behauptete extreme Einstellung des heutigen Beraters des US-Präsidenten feststellen. Doch im Alter von 14 Jahren erfolgte in der Tat eine Radikalisierung Millers. Seine Highschool war ihm zu liberal und zu wenig patriotisch. Foltermethoden stand er (schon) als Schüler positiver gegenüber als der Todesstrafe.
Während seines Studiums der Politikwissenschaft an der Duke University, welches er mit einem Bachelor of Arts abschloss, lernte Miller den Gründer der rechtsnationalen Bewegung Alt-Right, Richard B. Spencer, kennen. Mit dem Rassisten, der seine Meinung gerne auf den russischen Propaganda-Medien Russia Today und Sputnik verbreitet, verbindet Miller bis heute eine enge Freundschaft. Als politischer Mentor von Miller gilt David Horowitz, der erzkonservative Gründer der Students for Academic Freedom.
Miller zunächst als Referent bei Anhängern der Tea Party tätig
Den Einstieg in das politische Washington D.C. verschafften ihm indes die Anhänger der losen Tea Party Bewegung Michele Bachmann und Jeff Sessions. Für beide ehemalige Mitglieder des U.S. Kongresses arbeitete Miller als Kommunikationsreferent. Als Kommunikationsdirektor und Berater des U.S. Senators Sessions hatte Miller gar einen Anteil an der Verhinderung einer Einwanderungsreform im Jahr 2009. Im Jahr 2016 empfahl der damalige U.S. Senator Sessions sodann dem Präsidentschaftskandidaten Trump Miller als politischen Berater. Im Wahlkampf agierte Miller als Redenschreiber Trumps, in der ersten Amtszeit des MAGA-Republikaners zudem als Senior Adviser.
In diesen Funktionen war Miller auch hauptverantwortlich für die dunkle Antrittsrede von Präsident Trump am 20.01.2017, die mit den Worten, dass „dieses Massaker Amerikas hier und jetzt [endet]“ zweifelhafte Berühmtheit erlangte. Der Journalist Thorsten Denkler verfasste daraufhin einen Beitrag für die Süddeutsche Zeitung über Miller, der für den „Hass in Trumps Reden“ verantwortlich sei. Denkler führte vor diesem Hintergrund aus, dass „Miller (…) ein rechter Einheizer, Provokateur und Spalter [sei]. Ausgestattet mit einem messerscharfen Verstand. Das hat ihn zu einem wichtigen Berater von Donald Trump gemacht.“ Schon damals sagte Miller den Medien den Kampf an. Das vorläufige Resultat lässt sich unter anderem an der Beschränkung der Akkreditierung für Vertreter klassischer Medienunternehmen bei Pressekonferenzen des Weißen Hauses erkennen.
Miller ist für den migrationsfeindlichen Kurs verantwortlich
Nicht nur die Medien, auch die Bildungsinstitutionen will Miller „auf Linie bringen“. Schulen sollen dementsprechend nur noch gefördert werden, wenn diese die patriotische Politik der Regierung unterstützen. In der zweiten Amtszeit von Präsident Trump agiert Miller als stellvertretender Stabschef des Weißen Hauses mit dem Aufgabenbereich Politik sowie als Berater in der Heimatschutzpolitik. In der Migration sieht er eine zentrale Bedrohung der nationalen Sicherheit. Vor diesem Hintergrund war Miller im Jahr 2017 der Ideengeber eines Einreiseverbots für Personen aus mehrheitlich muslimischen Ländern. Das Staatsbürgerrecht per Geburt will Miller zudem abschaffen.
.@StephenM: Comey, Clapper, Brennan, Obama, Monaco, all conspired together to try to sabotage the democratic institutions of this country. I cannot find words harsh enough to condemn the conduct of these conspirators — these insurrectionists. pic.twitter.com/wb1Ck9qXeI
Nach der Ermordung des rechtskonservativen Aktivisten Charlie Kirk erfolgte eine weitere Radikalisierung Millers. Bei Fox News nannte er die Demokratische Partei eine „inländische extremistische Organisation“ und eine „Partei der Kriminellen“. Im Podcast mit Vizepräsident J.D. Vance rechtfertigte Miller zudem seine über die Jahre aufgestaute Wut:
Fokussierte, gerechtfertigte Wut, gerichtet auf ein gerechtes Ziel, ist eine der wichtigsten Kräfte für Wandel in der Menschheitsgeschichte (…) Wir werden alle Wut, die wir haben, auf die organisierte Kampagne richten, die zu diesem Anschlag führte, um diese terroristischen Netzwerke zu entwurzeln und zu zerschlagen.
Millers Worte sind letztendlich eine Kampfansage an alle Personen, Politiker, Parteien, Medien und Organisationen, die der MAGA-Bewegung kritisch gegenüberstehen. Über die Details der Aussage des ZDF-Korrespondenten Theveßen über Miller kann diskutiert werden. Doch im wichtigsten Punkt liegt Theveßen richtig: Miller vertritt in der Tat extreme Ansichten und fordert mit seinem Einfluss in der amtierenden US-Administration die liberale Demokratie heraus.