Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert,
in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
(Präambel des Grundgesetzes 1949 – 1990)
Bis Ende der 1980er Jahre war die Bundesrepublik Deutschland weit entfernt vom Wiedervereinigungsziel. Selbst führende Politiker, insbesondere von Seiten der politischen Linken, verwarfen dieses Gebot.
Als sich dennoch die historische Chance mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und deren osteuropäischen Satellitenstaaten ergab, standen die USA unter Präsident George H.W. Bush an der Seite der Bundesrepublik. Ohne den starken Fürsprecher aus dem Weißen Haus wäre die Wiedervereinigung so nicht möglich gewesen.
Der „Dank“ der Deutschen äußerte sich nur wenig später mit Demonstrationen gegen die USA und deren Rolle im Zweiten Golfkrieg. Die irakische Diktatur unter Saddam Hussein marschierte 1990 in Kuwait ein und besetzte den Golfstaat. Die legitime kuwaitische Regierung bat um Hilfe, welche diese durch die USA und weiteren Alliierten auch bekam. Der Militäreinsatz wurde zudem durch die Resolution 678 des UN-Sicherheitsrates gedeckt. In Deutschland hingegen demonstrierten alleine in Bonn 200.000 Menschen gegen den US-Einsatz.
Zehn Jahre später versprach Bundeskanzler Schröder nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 den USA „uneingeschränkte Solidarität“. In Folge dessen wurde die Bundeswehr zwar nach Afghanistan geschickt. Doch nachhaltige Investitionen in Qualität und Quantität der Truppe fehlen ebenso bis heute wie eine explizite Definition der Aufgabenbereiche der Bundeswehr.
Die Leidtragenden sind an erster Stelle die deutschen Soldaten. Und nachrangig die deutsch-amerikanischen Beziehungen. So ist es wenig verwunderlich, dass die USA seit Jahren eine bessere Ausstattung des deutschen Militärs fordern.
In der deutschen Debattenkultur dominiert indes, wie schon in den 1980er Jahren, fälschlicherweise das Schlagwort der Aufrüstung. Dies hat auch mit der Fehlinterpretation der lautstarken Forderung von US-Präsident Trump zu tun, der insbesondere Deutschland ermahnte mehr Anstrengungen für die Sicherheitspolitik zu unternehmen.
Einerseits hätte „jeder neue Präsident einen größeren europäischen Beitrag“ gefordert wie schon der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt MdB im Jahr 2016 in einem Interview mit „1600 Pennsylvania“ feststellte. An der Person Trump kann dies also nicht alleine festgemacht werden.
Andererseits handelt es sich bei der Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben um ein gemeinsames Ziel aller NATO-Mitgliedsländer, das schon 2002 in Prag vereinbart wurde. Dass zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgegeben werden sollen (Richtwert!) wurde zudem im Jahr 2014 unter Federführung von Präsident Obama in Wales unterstrichen.
Damalige Kritik hielt sich jedoch in Grenzen. Dies dürfte nicht zuletzt am in Deutschland beliebten Präsidenten Obama gelegen haben. Mit einer rhetorischen Eleganz, zudem als erster Afro-Amerikaner im Weißen Haus, lag ihm die deutsche Berichterstattung – bis heute – zu Füßen. Abhörskandal, Ausweitung des Einsatzes von Drohnen und eben jene Forderung, dass Deutschland militärisch mehr leisten müsse, blieben bei der Betrachtung der Ära Obama außen vor.
War Präsident Obama mit seinem Auftreten noch der Brandlöscher gegen den Anti-Amerikanismus in Deutschland ist Präsident Trump mit seiner schroffen Art der perfekte Brandbeschleuniger. Als Trump den NATO-Staaten, die nicht genügend für das Verteidigungsbündnis ausgeben, mit Nichtbeachtung der Beistandsverpflichtung drohte, brandete Jubel in einigen Medien und dem linken politischen Spektrum auf.
Es wurde selbst die Hoffnung bekundet, dass die USA ihre letzten Soldaten aus Deutschland abziehen sollten. Eine Forderung, die sich nur so aus Anti-Amerikanismus speist und an ihrer Naivität nicht zu überbieten ist. Denn Deutschland und Europa werden noch auf Jahrzehnte sicherheitspolitisch von den USA abhängig sein.
Nur weil ein Amtsherr im Weißen Haus hierzulande unbeliebt ist sich auf Kosten der deutsch-amerikanischen Beziehungen zu profilieren, um eigene Wahlchancen (Politiker!) oder die eigene Reichweite (Medien!) zu erhöhen, ist verantwortungslos.
Von der oftmals moralischen Erhabenheit ganz zu schweigen. Stichwort Israels Sicherheit ist Deutschlands Staatsräson. Gleichzeitig jedoch mit Iran, das die Auslöschung Israels zum Ziel hat, unter allen möglichen Umständen Handel treiben zu wollen.
Derweil ist es nicht verwunderlich, dass 75 Prozent der Deutschen die gegenwärtigen deutsch-amerikanischen Beziehungen als schlecht beurteilen. Der Mix aus historischer deutscher „Hassliebe“ gegenüber den USA, oftmaliger Einseitigkeit der Öffentlichkeit und die aktuelle politische Lage mit einem stark polarisierenden Republikaner im Weißen Haus tragen hierzu bei. Dass 72 Prozent der Deutschen mehr Unabhängigkeit von den USA fordern, bestätigt zudem diese These.
Dass US-Amerikaner die transatlantischen Beziehungen entschieden anders beurteilen, unterstreicht die Worte von Außenminister Heiko Maas, dass die USA und Europa schon seit Jahren auseinanderdriften.
Knapp drei Viertel der US-Amerikaner beurteilen die deutsch-amerikanischen Beziehungen weiterhin positiv. Ebenso viele US-Amerikaner wollen weiterhin eng mit Europa verbunden sein. Dabei hätten sie allen Grund, um den Schlaf gebracht zu werden, wenn sie an Deutschland denken.