Zeitenwende. Welt im Umbruch. Die 2020er Jahre sind so stark von internationalen Krisen geprägt wie seit acht Dekaden nicht mehr. Infolgedessen sind die ersten Wochen des neuen deutschen Bundeskanzlers Friedrich Merz von zahlreichen Auslandsreisen und diplomatischen Bemühungen, insbesondere im Bereich der Beilegung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, geprägt. Dabei muss der Christdemokrat den politischen Spagat zwischen der Bewältigung äußerer und innerer Herausforderungen meistern.
Schließlich verlief das politische Comeback des Sauerländers insbesondere wegen seines Versprechens einer Wirtschafts- und Migrationswende erfolgreich. Ein nicht unbedeutender Teil der Wählerschaft dürfte sich vor diesem Hintergrund an die Steuerreformpläne von Merz zu Beginn des Jahrtausends erinnert haben. Dabei lag die eigentliche Leidenschaft des heutigen zehnten Bundeskanzlers schon damals in der Außenpolitik. Vor diesem Hintergrund versucht der nachfolgende Beitrag das persönliche Verhältnis ausgewählter und für die deutsche Außenpolitik bedeutender Mitglieder der neuen Bundesregierung zu den transatlantischen Beziehungen herauszuarbeiten.
Friedrich Merz – Bundeskanzler
Der im Jahr 1955 in Brilon im Sauerland geborene Merz wurde vom Kalten Krieg sozialisiert. Vater Joachim wurde nach Beendigung des Kriegsdienstes und Gefangenschaft in der Amerikanischen Besatzungszone als Richter eingesetzt. Die positive Einstellung gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika dürfte Friedrich Merz vom Vater ebenso mitgegeben worden sein wie die Mitgliedschaft bei der CDU, der er seit dem Jahr 1972 angehört. Nachdem Merz im Jahr 2009 als Mitglied des Deutschen Bundestages ausschied, amtierte er ab dem Jahr 2011 für zehn Jahre als Vorsitzender der Atlantik-Brücke. Der elitäre Verein mit Sitz in Berlin wurde 1952 gegründet und hat als Ziel ausgegeben die transatlantischen Beziehungen insbesondere in den Bereichen der Wirtschafts-, Finanz-, Bildungs- und Militärpolitik zu stärken.
Gleichwohl Merz als Bundeskanzler und als Kandidat für diese Position die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen betont(e), erkennt er doch die herausfordernden Realitäten in der Ära Donald Trump an. Unmittelbar nach dem Wahlsieg der Unionsparteien bei der Bundestagswahl 2025 stellte Merz beispielsweise fest, dass es eine enorme Herausforderung wäre, wenn sich „diejenigen durchsetzen, die in Amerika nicht nur America First, sondern fast schon America Alone zu ihrem Motto wählen“ würden. In Bezug auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine versucht Merz seinen US-amerikanischen Amtskollegen bei der sprichwörtlichen Stange zu halten. Allerdings ließ Präsident Trump den deutschen Bundeskanzler schon frühzeitig auflaufen, weigerte er sich doch die Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation zu verstärken.
Jacob Schrot – Leiter Büro des Bundeskanzlers
In den vergangenen vier Jahrzehnten leiteten ausschließlich Frauen die Büros der deutschen Regierungschefs. Mit Jacob Schrot vertraut Bundeskanzler Merz jedoch auf einen Mann – und auf einen leidenschaftlichen Transatlantiker. Schrot gründete im Jahr 2011 die Initiative junger Transatlantiker (IjT) zur Stärkung der Beziehungen zwischen Deutschland, den USA und Kanada. Mit der Plattform setzte sich Schrott insbesondere für das Freihandelsabkommen TTIP ein. Gleichwohl es der IjT bis heute an Organisationsvermögen und an einem breiten Engagement der Mitglieder fehlt, konnte Schrot durch den von ihm gegründeten Verein seine eigene Bekanntheit steigern. Anstellungen bei diversen Bundestagsabgeordneten der CDU sowie bei Bundeskanzlerkandidat Armin Laschet folgten. In der Regierung Merz leitet Schrot neben dem Büro des Bundeskanzlers auch die Stabsstelle Nationaler Sicherheitsrat.
Stefan Kornelius – Sprecher der Bundesregierung
Der Gewinn der Castingshow „Ich kann Kanzler“, die nach nur zwei Staffeln eingestellt wurde, im Jahr 2009 ermöglichte es Schrot auf Grund seiner hierdurch relativ gewonnenen Bekanntheit und des Preisgelds die IjT zwei Jahre später ins Leben zu rufen. Moderiert wurde die Show im ZDF von Steffen Seibert, dem späteren Regierungssprecher unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Als erster Sprecher der Bundesregierung von Merz amtiert indes Stefan Kornelius, der zuletzt als Ressortleiter Politik für die Süddeutsche Zeitung tätig war. Der bei seinen Kollegen geschätzte Journalist leitete zuvor für zwei Dekaden das Ressort Außenpolitik. Von 1996 bis 1999 begleitete er die Administration von Bill Clinton als Korrespondent der SZ in Washington D.C. Als Journalist äußerte sich Kornelius mehrmals sehr kritisch gegenüber Präsident Trump und sprach sich für eine zweite Amtszeit von Präsident Joe Biden aus. Kornelius ist, wie Merz (siehe oben), aktives Mitglied der Atlantik-Brücke sowie des umstrittenen Deutsch-Russischen-Forums.
Dr. Johann Wadephul – Bundesminister des Auswärtigen
Mit Dr. Johann Wadephul leitet erstmals seit Gerhard Schröder (nicht verwandt mit dem späteren sozialdemokratischen Bundeskanzler) im Jahr 1966 wieder ein Christdemokrat das Auswärtige Amt. Der Jurist aus Schleswig-Holstein ist seit dem Jahr 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags und dort seit dem Jahr 2013 unter anderem für Außenpolitik zuständig. Dr. Wadephul ist Mitglied der Atlantik-Brücke sowie der Deutschen Atlantischen Gesellschaft. In das Auswärtige Amt hat Dr. Wadephul die Transatlantiker Géza Andreas von Geyr, ehemals Botschafter bei der NATO, sowie Bernhard Kotsch, ehemals Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, geholt. Als Bundesaußenminister stellte sich Dr. Wadephul hinter die Forderung von Präsident Trump, dass die NATO-Mitgliedsstaaten fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben aufwenden sollten.
Boris Pistorius – Bundesminister der Verteidigung
Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung, unterstützt eine schrittweise Anhebung der Verteidigungsausgaben. Der Sozialdemokrat legt dabei aber das Hauptaugenmerk auf die Erfüllung der in der NATO vereinbarten militärischen Fähigkeitsziele. Pistorius weist keine erwähnenswerten Verbindungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika auf. Vielmehr galt der Jurist bis zum vollumfänglichen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als Freund der Russischen Föderation. So gehörte Pistorius unter anderem der deutsch-russischen Freundschaftsgruppe des Bundesrats an, die im Jahr 2022 aufgelöst wurde.
Katherina Reiche – Bundesministerin für Wirtschaft und Energie
Ähnlich Bundeskanzler Merz feiert auch Katherina Reiche, die neue Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, ein politisches Comeback. Zwischen 1998 und 2015 war sie Mitglied des Bundestags, wechselte daraufhin in die Wirtschaft und ist seit diesem Jahr zurück im politischen Berlin. Die Brandenburgerin studierte Chemie unter anderem an der Clarkson University im Bundesstaat New York. Reiche befindet sich in einer Beziehung mit dem ehemaligen CSU-Bundeswirtschaftsminister und Transatlantiker Karl-Theodor zu Guttenberg. Beide sind Mitglieder der Atlantik-Brücke.

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