Was die Wall Street für die Finanzindustrie, ist der Broadway für die Unterhaltungsindustrie: Ein Sehnsuchtsort. Gibt es eine Welthauptstadt, dann ist es ohne Zweifel New York City mit seinen fünf Bezirken und seinen 8,5 Millionen Einwohnern. Die vorgelagerte Insel Ellis Island diente einst auch als Sehnsuchtsort für Einwanderer aus aller Welt, war diese doch der Ort der Registrierung (oder Abweisung) von Neuankömmlingen. Wer dem Schmelztiegel New York City als Bürgermeister vorsteht, genießt, nicht zuletzt auf Grund der zahlreich in Manhattan ansäßigen Print-, Online- und Fernsehmedien, eine automatische landesweite Aufmerksamkeit.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass vergangene New Yorker Bürgermeister mit einer Präsidentschaftskandidatur liebäugelten. Rudy Giuliani, populärer Bürgermeister während der islamistischen Terroranschläge vom 11. September 2001 und späterer Anwalt von Donald Trump mit Hang zur Verschwörungstheorien, wollte beispielsweise im Jahr 2008 seine Republikanische Partei in die Präsidentschaftswahl führen. Die Hochphase seine Beliebtheit war da jedoch schon vorüber, Giuliani musste John McCain den Vortritt lassen. Michael Bloomberg und Bill de Blasio, die beide Giulianis Nachfolger als Bürgermeister von New York City waren, scheiterten ebenfalls bei ihren Ambitionen auf das Weiße Haus. Bloomberg und de Blasio bewarben sich jeweils erfolglos um die demokratische Präsidentschaftskandidatur.
Amtsinhaber beendete Wiederwahlkampagne
Einen Umzug in die 1600 Pennsylvania Avenue in Washington D.C. hat sich der amtierende New Yorker Bürgermeister Eric Adams indes nicht auf die Fahnen geschrieben. Vielmehr dürften die Planungen für seinen Auszug aus dem New Yorker Rathaus bereits in vollem Gange sein. Der geschasste Demokrat beendete nämlich im September seine Wiederwahlkampagne. In repräsentativen Umfragen lag Adams zuletzt nur noch auf dem vierten Rang. Vorausgegangen war im September 2024 eine Anklage wegen Korruption, Betrug und Verschwörung. Es folgten zahlreiche Rücktrittsforderungen gegen den damals noch der Demokratischen Partei angehörigen Politiker, die Adams zunächst jedoch an sich abprallen ließ.
Auf Grund eines mangelnden Rückhalts in der eigenen Partei erklärte Adams im April 2025, dass er nicht an den demokratischen Vorwahlen teilnehmen werde. Vielmehr versuchte Adams eine Wiederwahlkampagne als unabhängiger Kandidat. Adams war damit der erste Kandidat seit John Lindsay im Jahr 1969, der als amtierender Bürgermeister ohne Unterstützung einer der beiden großen Parteien zur Wiederwahl antrat. Während seiner Amtszeit versuchte der ehemalige Polizist mit der Wiedereinführung von Zivilpatrouillen, einem verstärkten Einsatz der Polizei in der U-Bahn und einer Nulltoleranzstrategie gegenüber Obdachlosen zu punkten. Doch selbst das Fallenlassen der Anklage im ersten Halbjahr 2025 konnte die Wiederwahlkampagne von Adams, siehe oben, nicht mehr retten.
Muslimischer Sozialist geht als Favorit in die Wahl
New Yorks Demokraten haben sich indes mit Zohran Mamdani erneut für einen kontroversen Bürgermeisterkandidaten entschieden. Der 34-Jährige bezeichnet sich selbst als Sozialist und wirbt folgerichtig mit einer radikalen linken Agenda. Exemplarisch seien an dieser Stelle ein sogenannter kostenfreier Busverkehr, ein Mietenstopp für eine Million mietpreisgebundene Wohnungen, eine universelle Kinderbetreuung für alle Kinder zwischen sechs Wochen und fünf Jahren und die Erhöhung des kommunalen Spitzen- und Unternehmenssteuersatzes genannt. Wirtschaft und Finanzmarkt sind infolgedessen ob eines Sieges Mamdanis, repräsentative Umfragen sehen ihn in der Favoritenstellung, äußert verunsichert.
Mamdani, der unter anderem von U.S. Senator Bernie Sanders und der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez unterstützt wird, wäre der erste muslimische Bürgermeister von New York City. 24 Jahre nach den islamistischen Anschlägen auf das World Trade Center wäre dessen Wahlsieg eine wahre Zeitenwende für die Metropole. In der Vergangenheit sorgte Mamdani mit antizionistischen und antisemitischen Aussagen für Schlagzeilen. Das größte Massaker an der jüdischen Bevölkerung seit dem Holocaust durch die Hamas am 07.10.2023 verurteilte Mamdani zwar, wenngleich nur halbherzig. Jedoch stellte er „den israelischen Völkermord an den Palästinenser“ weitaus stärker in den Vordergrund. Das israelische Außenministerium beschuldigte Mamdani der Verbreitung von „Hamas Propaganda“. Schon als Student engagierte sich Mamdani in einer sogenannten „Studierendeninitiative für palästinensische Rechte“. Mamdanis Ehefrau Rama Duwaji, deren Familie aus Syrien stammt, verherrlichte indes schon Hamas-Propagandisten in den Sozialen Medien.
Mit einer Präsidentschaftskandidatur wird sich Mamdani selbst bei einem Wahlsieg ebenso wenig beschäftigen wie der scheidende Amtsinhaber Adams. Mamdani wurde nämlich in Kampala, Uganda, geboren und bringt somit nicht die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Kandidatur für das höchste Amt im Land mit. Erst seit dem Jahr 2018 besitzt Mamdani neben der ugandischen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Aufgewachsen ist Mamdani in einem privilegierten Haushalt, der Vater ist Politikwissenschaftler für postkoloniale Studien und die Mutter Filmregisseurin, in Südafrika. Im Jahr 1999 wanderte die indischstämmige Familie nach New York City aus. Am elitären Bowdoin College in Maine studierte Mamdani Afrikastudien. Seit dem Jahr 2021 vertritt Mamdani seinen 36. Wahlbezirk im Landesparlament des Bundesstaates New York.
Mit Cuomo zurück in die Zukunft?
Die höchste politische Position im Bundesstaat New York nahm indes schon Andrew Cuomo ein. Der im Jahr 1957 in Queens, NY, geborene Demokrat amtierte wie schon sein Vater (1983 – 1994) als Gouverneur des Empire State. Zwischen 2011 und 2021 leitete Cuomo die Geschicke in Albany. In dieser Zeit führte Cuomo New York durch die Coronavirus-Pandemie und wurde für seine Führungs- und Kommunikationsstärke zunächst gefeiert, später kritisiert. Wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung trat Cuomo am 23.08.2021 von seinem Amt als Gouverneur zurück. Die folgende Anklage wurde mangels Beweisen im Jahr 2022 fallengelassen. Mit seiner Kampagne für das Bürgermeisteramt von New York City versucht sich Cuomo nun politisch zu rehabilitieren. Bei den demokratischen Vorwahlen erfuhr der Jurist und Sohn italienischer Einwanderer jedoch einen Rückschlag, musste er sich doch dem oben vorgestellten Mamdani geschlagen geben. Bei der Bürgermeisterwahl am 04.11.2025 tritt Cuomo infolgedessen als unabhängiger Kandidat an.

Für einen Wahlsieg ist eine relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig. Obwohl seit dem Jahr 1969 alle späteren Bürgermeister die absolute Mehrheit erreichen konnten, könnte in diesem Jahr der Wahlsieger von weniger als der Hälfte der New Yorker Wähler unterstützt werden. Ob Cuomo am Wahltag doch noch den in Umfragen führenden Mamdani einholen kann, hängt nicht zuletzt am republikanischen Kandidaten Curtis Sliwa ab. Gleichwohl ohne realistische Siegchance, vereinte der Gründer der Guardian Angels schon vor vier Jahren 28% der Stimmen auf sich. Es ist der prozentuale Anteil, den Cuomo für einen Sieg über Mamdani benötigen würde…

Ein Beitrag von Kai-Uwe Hülss M.A.
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken.