Marcia Fudge – Die Wohnungsbauministerin

Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin.
Wo die Verrückten sind da gehörst du hin.

Der österreichische Komponist Franz von Suppè wusste es in seinem für die Operette „Fatinitza“ geschriebenen Marsch „Vorwärts mit frischem Mut“ schon im Jahr 1876: Die deutsche Hauptstadt lockt Bewohner aus allen Winkeln Deutschlands und der Welt an. Eine Herausforderung wiederum für die Politik, welche seit Jahren an der Lösung der daraus entstehenden Wohnungsproblematik scheitert. 

Zuletzt machte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) mit einer schon nahezu, um im Sprachgebrauch von Suppè zu bleiben, verrückten Idee auf sich aufmerksam: Die Mieten sollen sich an den Einkommen koppeln. Immerhin ein kreativer Vorschlag, wollte die Berliner Politik doch zuvor eher mit recycelten und weniger erfolgreichen Maßnahmen die Wohnungsnot lösen. Die verfassungswidrige Mietpreisbremse und Vergesellschaftung von privaten Wohnungsunternehmen gilt es hierbei an vorderster Stelle zu nennen. 

Trotz einer alternden und zukünftig schrumpfenden Gesellschaft ist primär in deutschen Groß- und Universitätsstädten bezahlbarer Wohnraum gegenwärtig eines der bedeutendsten Themen für die Bevölkerung. Die Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP installierte vor diesem Hintergrund gar ein eigenes Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit Klara Geywitz (SPD) an dessen Spitze. 

Es erinnert vordergründig an das Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung (HUD) der Vereinigten Staaten von Amerika, welches im Januar 1966 seine Arbeit aufnahm. Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnete Monate zuvor den „Housing and Urban Development Act“, welcher das Ministerium kreierte. Seitdem werden staatliche Initiativen zum Wohnungsbau und, mittlerweile allerdings stark reduziert, zur städtebaulichen Entwicklung entworfen und ausgeführt. 

Heutzutage weist das Ministerium einen Etat von $56,5 Milliarden auf und beschäftigt knapp 7.300 Angestellte. Das Aufgabengebiet umfasst explizit unter anderem die Regulierung staatlicher Hypothekenbanken, die finanzielle Unterstützung des Hausbaus beziehungsweise zur Miete für Geringverdiener, Ausstellung von Darlehen zur Errichtung von Gesundheitseinrichtungen und die Überwachung des Diskriminierungsverbots im Wohnungsbau und Mietwesen. 

Dem HUD steht seit dem 10. März 2021 die Demokratin Marcia Fudge vor. Dabei warb die im Jahr 1952 in Cleveland, Ohio, geborene Afroamerikanerin zunächst gemeinsam mit dem einflussreichen Abgeordneten Jim Clyburn bei Präsident Joe Biden dafür als Landwirtschaftsministerin nominiert zu werden.

Eine Position, die Fudge am nächsten gekommen wäre: Als ehemalige Abgeordnete des U.S. Repräsentantenhauses vertrat sie nämlich einst ihre Partei im Ausschuss für Landwirtschaft. Nach den für die Demokraten erfolgreichen Zwischenwahlen 2018 liebäugelte Fudge gar als Sprecherin des U.S. Repräsentantenhauses zu kandidieren, unterstützte letztendlich aber doch Nancy Pelosi

You know, it’s always ‚we want put the Black person in Labor or HUD‘.“
(Marcia Fudge)

Doch Präsident Biden sah für diese Position Tom Vilsack vor, der dieses Amt schon unter Präsident Barack Obama inne hatte. Der U.S. Senat bestätigte sodann Fudge mit 66 zu 34 Stimmen als Nachfolgerin von Dr. Ben Carson im Amt der Wohnungsbauministerin.

Mit den Herausforderungen ihres neuen Themenbereichs wurde Fudge schon als Bürgermeisterin von Warrensville Heights, einer 13.500 Einwohner zählenden Vorstadt von Cleveland, zwischen den Jahren 2000 und 2008 konfrontiert. Als einstige Vorsitzende des Black Caucus während des 113. U.S. Kongresses ist es wenig verwunderlich, dass Fudge ihr Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung von Obdachlosigkeit von farbigen Personen legt.

Aufmerksam machte die Juristin in ihrer bisherigen Amtszeit jedoch insbesondere mit einem Verstoß gegen den Hatch Act aus dem Jahr 1939. Dieser besagt, dass Beamte oder Mitglieder einer Regierung mit Ausnahme des Präsidenten und der Vizepräsidentin sich nicht subjektiv zu Wahlen äußern dürfen.

If in the future she [Fudge] engages in prohibited political activity we will consider such activity to be a willful and knowing violation of the law that could result in further action. (Office of Special Counsel)

Fudge gab zuvor ein parteipolitisches Statement zur U.S. Senatswahl in ihrem Heimatbundesstaat Ohio ab. Das Office of Special Counsel sprach Fudge daraufhin eine Verwarnung aus. Zumindest in dieser Hinsicht weist die US-Wohnungsbauministerin eine gewisse Verbindung mit der schon von Gerichten ermahnten Baupolitik der deutschen Hauptstadt auf.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; The White House; Biden-Transition; eigene Grafiken.

Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Wörtern wird in der Regel die männliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

Tom Vilsack – Der Landwirtschaftsminister

Die ersten ökonomischen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine spürt der Verbraucher gegenwärtig schon an den Zapfsäulen. In den USA wurde die Schallmauer von $4/Gallon  durchbrochen, in Deutschland kostet ein Liter Super Benzin oder Diesel mittlerweile mehr als 2€/Liter. Noch weitaus größere Konsequenzen trägt jedoch die Tatsache, dass die beiden Kriegsparteien zu den größten Exporteuren von Getreide gehören. 

Kein Land exportiert so viel Weizen wie Russland. Der Weltmarktanteil betrug im Jahr 2020 laut dem International Trade Centre 17,7 Prozent. Um den Eigenbedarf zu sichern hat Moskau mit Beginn des Krieges eine temporäre Ausfuhrbeschränkung für Weizen, Gerste und Roggen erhoben. Die Ukraine, welche immerhin einen Weltmarktanteil von acht Prozent inne hat, fällt freilich zudem als Lieferant aus.

In Teilen der arabischen Welt, Asiens und Afrikas, die primär aus der Ukraine und Russland Getreide importieren, wird auf Grund des Krieges in Osteuropa eine Hungersnot in den kommenden Monaten befürchtet. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung importieren die „45 am wenigsten entwickelten Länder der Welt (…) mindestens ein Drittel ihres Weizens aus der Ukraine oder Russland“.  Länder, in denen es schon heute an Nahrungsmitteln fehlt. 

Die Weltgemeinschaft muss somit gemeinsam versuchen den Ausfall zu kompensieren. Insbesondere Argentinien und Australien, die laut der Agrar-Expertin Verena Laquai vom bundeseigenen Thünen-Institut, eine gute Ernte hatten, werden ihre Exporte erhöhen müssen. Auch die Vereinigten Staaten von Amerika, mit einem weltweiten Marktanteil von 14,1 Prozent immerhin zweitwichtigster Weizenexporteur, werden versuchen einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Nahrungsketten zu leisten. 

Verantwortlich für diesen Bereich ist in der Biden-Administration Landwirtschaftsminister Tom Vilsack. Der 71-jährige hat das Amt seit dem 24. Februar 2021, für das er vom U.S. Senat mit 92 zu sieben Stimmen bestätigt wurde, schon zum zweiten Mal inne. Erstmals leitete Vilsack das Landwirtschaftsministerium unter Präsident Barack Obama zwischen 2009 und 2017. 

Vilsack, der wie Präsident Joe Biden katholischen Glaubens ist, gilt als leidenschaftlicher Befürworter von Gentechnik. Beispielsweise war er Mitinitiator der Governors Biotechnology Partnership, welche Gouverneure beider Parteien über Gentechnik aufklärt. Unter anderem gehörte Jeb Bush, ehemaliger Gouverneur Floridas und Teilnehmer der republikanischen Präsidentschaftsvorwahlen 2016, dieser Initiative an. 

Bei progressiven Demokraten übt diese Einstellung Vilsacks ebenso Kritik aus wie sein einstiges Engagement als Präsident des U.S. Dairy Export Council, einer Lobbygruppe für den Export von Milchprodukten, für die er unmittelbar vor seinem Engagement im Kabinett Biden tätig war. Weitere Kritikpunkte lauten ausbaubarer Einsatz für Bio-Bauern und nachhaltige Landwirtschaft sowie eine zu starke Vertretung der Interessen streitbarer Saatgutkonzerne wie Monsanto.

Dies hielt jedoch weder Präsident Biden davon ab, Vilsack erneut als Landwirtschaftsminister in sein Kabinett zu holen, noch Hillary Clinton im Jahr 2016 darüber ernsthaft nachdenken zu lassen, den ehemaligen Gouverneur von Iowa (1999 -2007) als Vizepräsidentschaftskandidaten an ihre Seite zu holen. Laut The Washington Post soll Vilsack sogar in der Endauswahl mit Senator Tim Kaine gestanden haben, der schließlich auch auserwählt wurde. 

Der als Jurist ausgebildete Vilsack steht in seinem zehnten Jahr als Landwirtschaftsminister der Vereinigten Staaten vor seiner bislang größten Herausforderung. Es liegt auch in seinem Aufgabenbereich einen Beitrag zur Milderung der weltweiten humanitären Konsequenzen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zu leisten. Gut, dass Vilsack das Landwirtschaftsministerium wie seine eigene Westentasche kennt. 

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; The White House; Biden-Transition; eigene Grafiken.

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