Personalwechsel in der Biden-Administration

Nach der Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten ist es in den USA üblich, dass es zu diversen Personalveränderungen in der Regierungsmannschaft kommt. Gleichwohl Präsident Joe Biden Finanzministerin Janet Yellen und den Klimabeauftragten John F. Kerry davon überzeugen konnte, vorerst in ihren Ämtern zu verbleiben, bildet doch auch die Administration des 46. US-Präsidenten keine Ausnahme ob zahlreicher Personalwechsel. Der nachfolgende Beitrag informiert vor diesem Hintergrund über die wichtigsten Veränderungen in der Biden-Administration.

Stabschef des Weißen Hauses: Ron Klain → Jeff Zients

Seit dem Jahr 1969 beträgt die durchschnittliche Amtszeit eines Stabschefs des Weißen Hauses gerade einmal 15 Monate. Ron Klain, der erste Stabschef von Präsident Biden, hielt immerhin etwas mehr als zwei Jahre auf dieser anspruchsvollen Position durch. Nach der Rede zur Lage der Nation übergab der progressiv eingestellte Klain den Staffelstab an den Analytiker Jeff Zients weiter. Zients amtierte zuvor schon als COVID-19-Koordinator im Weißen Haus von Joe Biden.

Ein eigener Beitrag stellt den neuen Stabschef im Weißen Haus vor (Klick hier).

Steckbrief Jeff Zients
Geburtsdatum12.11.1966
GeburtsortWashington, D.C.
AusbildungDuke University (B.A. in Politikwissenschaft)
Vorherige AnstellungCOVID-19-Koordinator

Kommunikationsdirektorin: Kate Bedingfield → Ben LaBolt

Ursprünglich wollte Kate Bedingfield, langjährige Beraterin von Joe Biden und seit dessen Präsidentschaft Kommunikationsdirektorin, schon im Sommer vergangenen Jahres „1600 Pennsylvania Avenue“ verlassen. Ende Februar 2023 vollzog Bedingfield, die sich auch einst Hoffnungen auf den Posten der Pressesprecherin des Weißen Hauses machte, diesen Schritt. Auf Bedingfield folgt Ben LaBolt, der zuvor unter anderem als Berater in der Administration von Barack Obama sowie im Weißen Haus für die Öffentlichkeitsarbeit bei der Nominierung von Ketanji Brown Jackson als Richterin am Supreme Court zuständig war. LaBolt ist der erste offen homosexuelle Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses.

Steckbrief Ben LaBolt
Geburtsdatum20.08.1981
GeburtsortLa Grange, IL
AusbildungMiddlebury College (B.A. in Politikwissenschaft)
Vorherige AnstellungLeiter Kommunikation für die Nominierung von Richterin Ketanji Brown Jackson

Direktor Nationaler Wirtschaftsrat: Brian Deese → Lael Brainard

Als Tochter des US-amerikanischen Diplomaten Alfred Brainard wurde Lael Brainard in Hamburg geboren und wuchs in der Bundesrepublik Deutschland sowie in Polen auf. An der Harvard University erwarb Lael Brainard ihren Doktortitel in Wirtschaftswissenschaft. Seit dem Jahr 2014 amtierte sie als Mitglied des Board of Governors des Federal Reserve Systems. Nach dem Ausscheiden von Brian Deese als Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats hat Brainard nun diesen Posten übernommen. Sie ist damit die wichtigste Wirtschaftsberaterin von Präsident Biden.

Steckbrief Lael Brainard
Geburtsdatum01.01.1962
GeburtsortHamburg, Deutschland
AusbildungHarvard University (PhD in Wirtschaftswissenschaften)
Vorherige AnstellungVorstand der US-Notenbank

Beraterin: Keisha Lance Bottoms → Steven Benjamin

Keisha Lance Bottoms stand in der Vorauswahl möglicher Vizepräsidentschaftskandidatinnen von Joe Biden. Nachdem sich Biden für Kamala Harris entschied, trat die ehemalige Bürgermeisterin von Atlanta der Regierung im Juni 2022 doch noch bei. Im April verlässt Bottoms als Beraterin für die Beziehungen zu Offiziellen von Bundesstaaten und der lokalen Politik jedoch schon wieder das Weiße Haus. Ihr wird Steven Benjamin, einstiger Bürgermeister von Columbia, South Carolina, nachfolgen.

Steckbrief Steven Benjamin
Geburtsdatum01.12.1969
GeburtsortNew York City, NY
AusbildungUniversity of South Carolina (Juris Doctor)
Vorherige AnstellungVorsitzender First Responder Network Authority

Arbeitsminister: Marty Walsh → Julie Su

Der bisherige Arbeitsminister Marty Walsh erfüllt sich einen Traum und wird sich der besten Eishockey-Liga der Welt, der NHL, anschließen. Freilich nicht als Spieler, sondern als Präsident der Spielergewerkschaft. Für die Nachfolge bewarben sich der ehemalige New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio und der New Yorker Abgeordnete Sean Patrick Maloney. Präsident Biden hat sich letztendlich jedoch dafür entschieden die bisherige stellvertretende Arbeitsministerin Julie Su für dieses Amt zu nominieren. Die Lobbyarbeit verschiedener asiatisch-amerikanischer Gruppen war damit erfolgreich. Die Personalie benötigt noch die Zustimmung des U.S. Senats.

Steckbrief Julie Su
Geburtsdatum19.02.1969
GeburtsortWI
AusbildungHarvard Law School (Juris Doctor)
Vorherige AnstellungStellvertretende Arbeitsministerin

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Jeff Zients – Der Stabschef

Gleichwohl nicht gewählt, hat die Position des Stabschefs des Weißen Hauses eine enorme Machtfülle. Wer einen Termin mit dem US-Präsidenten haben will, der muss diesen zuvor in der Regel beim Stabschef anfragen. Dieser organisiert zudem den Regierungsalltag des Präsidenten und leitet das politische Krisenmanagement.

Infolgedessen ist der Stabschef gewöhnlich vor dem Präsidenten am Arbeitsplatz und ist noch an diesem, wenn sich der mächtigste Politiker der Welt schon in seine Privaträume zurückgezogen hat. 16 Arbeitsstunden am Tag sind für einen Stabschef des Weißen Hauses keine Seltenheit. Kaum ein anderes Amt in einer US-Administration ist so kräfteraubend wie das des Stabschefs.

Donald Trump engagierte insgesamt vier Stabschefs während seiner Amtszeit im Weißen Haus. In den ersten vier Jahren der Präsidentschaft von Barack Obama arbeiteten drei verschiedene Stabschefs für den Demokraten.

Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass die Fluktuation auf dieser Position enorm ist. Seit dem Jahr 1969 beträgt die durchschnittliche Amtszeit eines Stabschefs gerade einmal 15 Monate. Ron Klain, der erste Stabschef von Präsident Joe Biden, hielt immerhin etwas mehr als zwei Jahre auf dieser anspruchsvollen Position durch. Doch auch der am längsten amtierende Stabschef eines Präsidenten mit demokratischen Parteibuch wird kurz nach dem zweijährigen Amtsjubiläum das Weiße Haus verlassen.

Zients ist ein Analytiker mit Regierungserfahrung

Klain, einem leidenschaftlichen Twitterer und Verfechter progressiver Ideen, wird mit Jeff Zients ein nüchterner, effektiver Problemlöser nachfolgen. Auch auf Grund der neuen politischen Lage in D.C., Republikaner weißen eine Mehrheit im U.S. Repräsentantenhaus auf sowie die wahrscheinliche Wiederwahlkandidatur von Präsident Biden, ist Zients die wohl konsequente und richtige Wahl.

Im Weißen Haus ist der am 12. November 1966 in Washington D.C. als Jeffrey Dunston Zients geborene Demokrat indes keine unbekannte Größe. Schon zwischen Januar 2021 und April 2022 bezog Zients als COVID-19-Koordinator ein Büro in „1600 Pennsylvania Avenue“. In dieser Position verantwortete er die größte Impfkampagne in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Seine ersten Regierungserfahrungen sammelte Zients in der Administration von Präsident Obama. Im Jahr 2009 amtierte Zients unter anderem als stellvertretender Direktor des Office for Management and Budget. Schon damals wurde Zients angestellt, um Prozesse zu optimieren und Kosten zu senken. Später vertraute Präsident Obama auch Zients die Verbesserung der fehleranfälligen Website healthcare.gov, eine Seite zum Austausch von Krankenversicherungen, an.

Unternehmensberatungen machten Zients zum Multimillionär

In der zweiten Amtszeit von Präsident Obama agierte Zients als Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates. Laut des Wall Street Journal lautete die damalige Aufgabenschreibung als „Botschafter zu den Geschäftsleuten“ zu agieren. Ein Klientel, welches kein Neuland für Zients war. Nach seinem Studium der Politikwissenschaft, welches er mit einem Bachelor of Arts an der Duke University beendete, heuerte Zients nämlich zunächst als Consultant bei diversen Unternehmensberatungen an.

Die Gründung einer eigenen Investmentfirma, Portfolio Logic, für Gesundheitsdienste sowie der Börsengang von The Advisory Board Group, welchem er unter anderem als Vorsitzender angehörte, machten Zients vor seinem Eintritt in den öffentlichen Dienst zum Multimillionär.

Als Teil der Geschäftsführung von Facebook leitete Zients zudem zwischen 2018 und 2020 den Audit-Ausschuss, welcher den Skandal um Cambridge Analytica aufarbeitete. Dieser Dienst wurde Zients mit $100.000 sowie mit $300.000 in Aktien vergütet. Weitere $1,6 Millionen in Gehalt und Boni bekam Zients als Vorsitzender der Investmentfirma Cranemere. Seit Dezember 2020 ist Zients wegen seinen Regierungstätigkeiten von dieser Position beurlaubt.

Im Jahr 2005 wollte Zients gemeinsam mit Colin Powell, US-Außenminister 2001 bis 2005, und Philantrop Fred Malek das Baseball-Team der Washington Nationals übernehmen. Zwar scheiterte dieses Vorhaben. Doch als Stabschef des Weißen Hauses dürfte Zients im Alter von 56 Jahren nicht nur den Höhepunkt seiner Karriere erreicht haben. Auch dürfte dieser nicht sehr lange anhalten wie seine zahlreichen Vorgänger schon erfahren mussten. Den Traum einer eigenen Sport-Franchise könnte Zients damit auch noch nach seiner Zeit im Weißen Haus leben.

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Marcia Fudge – Die Wohnungsbauministerin

Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin.
Wo die Verrückten sind da gehörst du hin.

Der österreichische Komponist Franz von Suppè wusste es in seinem für die Operette „Fatinitza“ geschriebenen Marsch „Vorwärts mit frischem Mut“ schon im Jahr 1876: Die deutsche Hauptstadt lockt Bewohner aus allen Winkeln Deutschlands und der Welt an. Eine Herausforderung wiederum für die Politik, welche seit Jahren an der Lösung der daraus entstehenden Wohnungsproblematik scheitert. 

Zuletzt machte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) mit einer schon nahezu, um im Sprachgebrauch von Suppè zu bleiben, verrückten Idee auf sich aufmerksam: Die Mieten sollen sich an den Einkommen koppeln. Immerhin ein kreativer Vorschlag, wollte die Berliner Politik doch zuvor eher mit recycelten und weniger erfolgreichen Maßnahmen die Wohnungsnot lösen. Die verfassungswidrige Mietpreisbremse und Vergesellschaftung von privaten Wohnungsunternehmen gilt es hierbei an vorderster Stelle zu nennen. 

Trotz einer alternden und zukünftig schrumpfenden Gesellschaft ist primär in deutschen Groß- und Universitätsstädten bezahlbarer Wohnraum gegenwärtig eines der bedeutendsten Themen für die Bevölkerung. Die Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP installierte vor diesem Hintergrund gar ein eigenes Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit Klara Geywitz (SPD) an dessen Spitze. 

Es erinnert vordergründig an das Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung (HUD) der Vereinigten Staaten von Amerika, welches im Januar 1966 seine Arbeit aufnahm. Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnete Monate zuvor den „Housing and Urban Development Act“, welcher das Ministerium kreierte. Seitdem werden staatliche Initiativen zum Wohnungsbau und, mittlerweile allerdings stark reduziert, zur städtebaulichen Entwicklung entworfen und ausgeführt. 

Heutzutage weist das Ministerium einen Etat von $56,5 Milliarden auf und beschäftigt knapp 7.300 Angestellte. Das Aufgabengebiet umfasst explizit unter anderem die Regulierung staatlicher Hypothekenbanken, die finanzielle Unterstützung des Hausbaus beziehungsweise zur Miete für Geringverdiener, Ausstellung von Darlehen zur Errichtung von Gesundheitseinrichtungen und die Überwachung des Diskriminierungsverbots im Wohnungsbau und Mietwesen. 

Dem HUD steht seit dem 10. März 2021 die Demokratin Marcia Fudge vor. Dabei warb die im Jahr 1952 in Cleveland, Ohio, geborene Afroamerikanerin zunächst gemeinsam mit dem einflussreichen Abgeordneten Jim Clyburn bei Präsident Joe Biden dafür als Landwirtschaftsministerin nominiert zu werden.

Eine Position, die Fudge am nächsten gekommen wäre: Als ehemalige Abgeordnete des U.S. Repräsentantenhauses vertrat sie nämlich einst ihre Partei im Ausschuss für Landwirtschaft. Nach den für die Demokraten erfolgreichen Zwischenwahlen 2018 liebäugelte Fudge gar als Sprecherin des U.S. Repräsentantenhauses zu kandidieren, unterstützte letztendlich aber doch Nancy Pelosi

You know, it’s always ‚we want put the Black person in Labor or HUD‘.“
(Marcia Fudge)

Doch Präsident Biden sah für diese Position Tom Vilsack vor, der dieses Amt schon unter Präsident Barack Obama inne hatte. Der U.S. Senat bestätigte sodann Fudge mit 66 zu 34 Stimmen als Nachfolgerin von Dr. Ben Carson im Amt der Wohnungsbauministerin.

Mit den Herausforderungen ihres neuen Themenbereichs wurde Fudge schon als Bürgermeisterin von Warrensville Heights, einer 13.500 Einwohner zählenden Vorstadt von Cleveland, zwischen den Jahren 2000 und 2008 konfrontiert. Als einstige Vorsitzende des Black Caucus während des 113. U.S. Kongresses ist es wenig verwunderlich, dass Fudge ihr Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung von Obdachlosigkeit von farbigen Personen legt.

Aufmerksam machte die Juristin in ihrer bisherigen Amtszeit jedoch insbesondere mit einem Verstoß gegen den Hatch Act aus dem Jahr 1939. Dieser besagt, dass Beamte oder Mitglieder einer Regierung mit Ausnahme des Präsidenten und der Vizepräsidentin sich nicht subjektiv zu Wahlen äußern dürfen.

If in the future she [Fudge] engages in prohibited political activity we will consider such activity to be a willful and knowing violation of the law that could result in further action. (Office of Special Counsel)

Fudge gab zuvor ein parteipolitisches Statement zur U.S. Senatswahl in ihrem Heimatbundesstaat Ohio ab. Das Office of Special Counsel sprach Fudge daraufhin eine Verwarnung aus. Zumindest in dieser Hinsicht weist die US-Wohnungsbauministerin eine gewisse Verbindung mit der schon von Gerichten ermahnten Baupolitik der deutschen Hauptstadt auf.

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Tom Vilsack – Der Landwirtschaftsminister

Die ersten ökonomischen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine spürt der Verbraucher gegenwärtig schon an den Zapfsäulen. In den USA wurde die Schallmauer von $4/Gallon  durchbrochen, in Deutschland kostet ein Liter Super Benzin oder Diesel mittlerweile mehr als 2€/Liter. Noch weitaus größere Konsequenzen trägt jedoch die Tatsache, dass die beiden Kriegsparteien zu den größten Exporteuren von Getreide gehören. 

Kein Land exportiert so viel Weizen wie Russland. Der Weltmarktanteil betrug im Jahr 2020 laut dem International Trade Centre 17,7 Prozent. Um den Eigenbedarf zu sichern hat Moskau mit Beginn des Krieges eine temporäre Ausfuhrbeschränkung für Weizen, Gerste und Roggen erhoben. Die Ukraine, welche immerhin einen Weltmarktanteil von acht Prozent inne hat, fällt freilich zudem als Lieferant aus.

In Teilen der arabischen Welt, Asiens und Afrikas, die primär aus der Ukraine und Russland Getreide importieren, wird auf Grund des Krieges in Osteuropa eine Hungersnot in den kommenden Monaten befürchtet. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung importieren die „45 am wenigsten entwickelten Länder der Welt (…) mindestens ein Drittel ihres Weizens aus der Ukraine oder Russland“.  Länder, in denen es schon heute an Nahrungsmitteln fehlt. 

Die Weltgemeinschaft muss somit gemeinsam versuchen den Ausfall zu kompensieren. Insbesondere Argentinien und Australien, die laut der Agrar-Expertin Verena Laquai vom bundeseigenen Thünen-Institut, eine gute Ernte hatten, werden ihre Exporte erhöhen müssen. Auch die Vereinigten Staaten von Amerika, mit einem weltweiten Marktanteil von 14,1 Prozent immerhin zweitwichtigster Weizenexporteur, werden versuchen einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Nahrungsketten zu leisten. 

Verantwortlich für diesen Bereich ist in der Biden-Administration Landwirtschaftsminister Tom Vilsack. Der 71-jährige hat das Amt seit dem 24. Februar 2021, für das er vom U.S. Senat mit 92 zu sieben Stimmen bestätigt wurde, schon zum zweiten Mal inne. Erstmals leitete Vilsack das Landwirtschaftsministerium unter Präsident Barack Obama zwischen 2009 und 2017. 

Vilsack, der wie Präsident Joe Biden katholischen Glaubens ist, gilt als leidenschaftlicher Befürworter von Gentechnik. Beispielsweise war er Mitinitiator der Governors Biotechnology Partnership, welche Gouverneure beider Parteien über Gentechnik aufklärt. Unter anderem gehörte Jeb Bush, ehemaliger Gouverneur Floridas und Teilnehmer der republikanischen Präsidentschaftsvorwahlen 2016, dieser Initiative an. 

Bei progressiven Demokraten übt diese Einstellung Vilsacks ebenso Kritik aus wie sein einstiges Engagement als Präsident des U.S. Dairy Export Council, einer Lobbygruppe für den Export von Milchprodukten, für die er unmittelbar vor seinem Engagement im Kabinett Biden tätig war. Weitere Kritikpunkte lauten ausbaubarer Einsatz für Bio-Bauern und nachhaltige Landwirtschaft sowie eine zu starke Vertretung der Interessen streitbarer Saatgutkonzerne wie Monsanto.

Dies hielt jedoch weder Präsident Biden davon ab, Vilsack erneut als Landwirtschaftsminister in sein Kabinett zu holen, noch Hillary Clinton im Jahr 2016 darüber ernsthaft nachdenken zu lassen, den ehemaligen Gouverneur von Iowa (1999 -2007) als Vizepräsidentschaftskandidaten an ihre Seite zu holen. Laut The Washington Post soll Vilsack sogar in der Endauswahl mit Senator Tim Kaine gestanden haben, der schließlich auch auserwählt wurde. 

Der als Jurist ausgebildete Vilsack steht in seinem zehnten Jahr als Landwirtschaftsminister der Vereinigten Staaten vor seiner bislang größten Herausforderung. Es liegt auch in seinem Aufgabenbereich einen Beitrag zur Milderung der weltweiten humanitären Konsequenzen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zu leisten. Gut, dass Vilsack das Landwirtschaftsministerium wie seine eigene Westentasche kennt. 

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Xavier Becerra – Der Gesundheitsminister

Nikolaus ist, wenn Wünsche erfüllt werden. Ihr wolltet ihn – ihr kriegt ihn. Gesundheitsminister Karl Lauterbach!“ twitterte am Nikolaustag 2021 Kevin Kühnert, mittlerweile SPD-Generalsekretär. Der deutsche Bundesgesundheitsminister ist seitdem medial so präsent wie einst als einfacher Bundestagsabgeordneter, nämlich in Dauerschleife. Im aktuellen Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen rangiert Lauterbach auf Rang zwei der beliebtesten deutschen Politiker. Nur die ehemalige Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel liegt vor ihm. 

In den USA gibt es solch einen Hype um den amtierenden Gesundheitsminister der Biden-Administration nicht. Laut einer repräsentativen Umfrage von YouGov (Stand: Ende 2021) kennen gerade einmal 39 Prozent der US-Amerikaner Xavier Becerra, der seit dem 19. März 2021 als Gesundheitsminister amtiert. Dementsprechend überschaubar ist die Bewertung seiner Arbeit: 15 Prozent der US-Amerikaner sehen Becerra positiv, 12 Prozent negativ und weitere 12 Prozent stehen ihm neutral gegenüber. 

Wie schon der Bekanntheitsgrad vermuten lässt, übt Becerra, im Gegensatz zu seinem deutschen Amtskollegen, seine Arbeit primär im stillen aus. So ruhig war es um Becerra jedoch nicht immer. So wurde er mit der hauchdünnen Mehrheit von nur 50 zu 49 Stimmen vom U.S. Senat als Minister bestätigt. Von der Republikanischen Partei stimmte lediglich U.S. Senatorin Susan Collins für die Bestätigung Becerras.

Dass ihn konservative Abgeordnete nicht unterstützten, liegt in Becerras polarisierenden gesellschaftspolitischen Einstellungen begründet. Als kalifornischer Attorney General (2017 – 2021) sowie als Abgeordneter des U.S. Repräsentantenhauses (1993 – 2017) setzte sich Becerra nämlich aggressiv für das Recht auf Abtreibungen ein. Als Generalstaatsanwalt von Kalifornien reichte Becerra beispielsweise zahlreiche Klagen ein, um Lebensschutzgesetze in den konservativen Bundesstaaten Arkansas, Louisiana, Mississippi, Missouri und Ohio zu kippen.

In den USA sind Abtreibungen theoretisch bis zum sechsten Schwangerschaftsmonat erlaubt. In Deutschland hingegen sind Schwangerschaftsabbrüche für alle Beteiligten generell strafbar, unter gegebenen Umständen werden Abtreibungen allerdings bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nicht geahndet.

Becerra, Sohn mexikanischer Einwanderer, gilt als leidenschaftlicher Verfechter von Roe v Wade: „Keine Regierung, kein Staat oder Bundesstaat hat das Recht, sich in die Abtreibung einzumischen“, so der Kalifornier. Seit dem Grundsatzurteil Roe v Wade des Obersten Gerichtshofs, welches in diesem Jahr (teils) revidiert werden könnte, sind Abtreibungen bis zur Überlebensfähigkeit des Fötus, sprich bis zur 23./24. Schwangerschaftswoche (im Jahr 1992 setzte der Supreme Court die Grenze auf diesen Zeitraum herunter) erlaubt. Selbst die Möglichkeit solcher Spätabtreibungen, in Deutschland unvorstellbar, unterstützt Becerra vehement.  

Eine relative Mehrheit der US-Amerikaner, nämlich 48 Prozent, ist der Meinung, dass Abtreibungen nur unter gewissen Umständen (beschränkt) erlaubt sein sollten. (Gallup 2021)

Im sich immer weiter zuspitzenden US-amerikanischen Kulturkampf ist Becerra für Konservative die Inkarnation des Bösen. Für Liberale hingegen vertritt er eine Vorreiterrolle. Egal wie man zu dem im Jahr 1958 in Sacramento, Kalifornien, geborenen Demokraten steht, ist eines sicher: Mit dieser Personalie hat sich Präsident Joe Biden für seine Zielerfüllung, die Gespaltenen Staaten von Amerika zumindest etwas zu vereinen, keinen Gefallen getan. 

Die Zustimmungswerte eines Gesundheitsministers Lauterbach in Deutschland wird Becerra somit in naheliegender Zukunft nicht erreichen. Doch seinen Bekanntheitsgrad könnte er schon bald steigern: Für Juni 2022 wird nämlich ein Urteil des Obersten Gerichtshofs zur Abtreibungsgesetzgebung in Mississippi erwartet. Becerra wird sich diesbezüglich sicherlich lautstark zu Wort melden und seine mediale Präsenz steigern. Ratschläge kann sich der erste Latino im Amt des US-Gesundheitsministers derweil bei Lauterbach in Berlin holen.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; The White House; Biden-Transition; eigene Grafiken.

Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Wörtern wird in der Regel die männliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.