Im letzten Monat der Präsidentschaft von Joe Biden wurde auf dieser Seite eine erste innenpolitische Bilanz seiner Amtszeit gezogen (Klick hier). Doch auch die internationalen Herausforderungen waren in den vergangenen vier Jahren enorm: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie das größte Massaker an der jüdischen Bevölkerung seit dem Zweiten Weltkrieg seien an dieser Stelle exemplarisch genannt. Vor diesem Hintergrund zieht der nachfolgende Beitrag eine erste außen- und sicherheitspolitische Bilanz des 46. US-Präsidenten.
Afghanistan: Chaotischer Abzug mit nachhaltigen Folgen
Donald Trump handelte noch als 45. US-Präsident mit den radikalislamischen Taliban einen Kompromiss zum Abzug der US-amerikanischen Truppen aus Afghanistan aus. Präsident Biden übernahm diesen, unter sicherheitspolitischen Experten fragwürdigen, Deal. Es erfolgte ein zur ursprünglichen Vereinbarung zeitlich verzögerter, jedoch planloser und chaotischer Abzug der noch am Hindukusch stationierten US-Einheiten.
Eine schnelle Machtübernahme der Taliban, verbunden mit zahlreichen Toten, zurückgelassenen Hilfskräften sowie einer ausbaufähigen Kommunikation mit den Verbündeten sorgten für eine der dunkelsten Stunden in der außenpolitischen Geschichte der USA. Die Zustimmungswerte von Präsident Biden bei seiner eigenen Bevölkerung brachen daraufhin nachhaltig ein.
Die Vereinigten Staaten in der Welt: Verlässlicher Partner
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, siehe oben, hatten sich die USA unter Präsident Biden nach den turbulenten Jahren der ersten Amtszeit von Trump wieder zu einem verlässlichen Partner unter befreundeten Staaten entwickelt. In internationalen Organisationen übernahmen die USA erneut eine Führungsrolle ein.
Präsident Biden arbeitete zudem aktiv an einer Allianz der Demokratien gegen Autokratien. Des Weiteren entstand unter Präsident Biden das trilaterale Militärbündnis AUKUS (Australien, Großbritannien, USA), die Zusammenarbeit mit Japan und Südkorea zur Eindämmung der immer aggressiver auftretenden Volksrepublik China wurde intensiviert.
Ukraine: Unterstützung des angegriffenen Landes – aber zu zaghaft
Vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zeigte Präsident Biden folgenreiche Schwächen auf. Zunächst traf sich der US-Präsident am 16.06.2021 in Genf, Schweiz, ohne Vorbedingungen mit seinem russischen Amtskollegen Vladimir Putin. Ein Treffen, welches ergebnislos endete und den russischen Herrscher weltpolitisch unnötig aufwertete. Es folgte die Aufgabe des Widerstandes gegenüber dem Bau der Gaspipeline NordStream 2. Mit diesem Projekt konnte der russische Gasfluss durch die Ukraine umgangen werden, Deutschland machte sich zudem vollends abhängig von russischem Gas.
Darüber hinaus wartete Präsident Biden vor der vollumfänglichen russischen Invasion mit einer fragwürdigen Kommunikation auf. In einer Pressekonferenz am 19.01.2022 ließ Präsident Biden beispielsweise verlautbaren, dass es doch kein Problem sei, wenn Russland „kleine Gebiete“ der Ukraine besetzen würde. Des Weiteren versuchte Präsident Biden mit Sanktionsdrohungen den Kreml einzuschüchtern – eine naive Strategie und eine komplette Fehleinschätzung des historisch gewachsenen russischen Imperialismus. Die vermehrte Lieferung von militärischer Ausrüstung an die Ukraine schon vor Kriegsbeginn oder ähnliches hätte sicherlich abschreckender gewirkt.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind die USA, nachdem der ukrainische Präsident Volodymir Zelensky eine Evakuierung ablehnte, jedoch der größte militärische Unterstützer der Ukraine. Dass Präsident Biden erfolgreich eine Allianz der freien Welt gegen die russische Aggression bildete, sicherte bislang das Überleben der ukrainischen Nation.
Bei der Lieferung von schwereren Waffen agierte Washington D.C. allerdings zaghaft. Die Unterstützung war infolgedessen, auch auf Grund von Fehleinschätzungen des Nationalen Sicherheitsberaters Jake Sullivan, nicht stark genug, um die Ukraine die Mittel zur Verfügung zu stellen, die es benötigen würde, um die russischen Invasoren komplett zurückschlagen zu können. Präsident Bidens primäres Ziel war es nämlich, dass sich der Krieg nicht auf das Territorium der NATO-Mitgliedsländer ausweitete. Da der 46. US-Präsident dies wiederholt öffentlich verlautbaren ließ, kommunizierte Biden Putin gegenüber erneut Schwäche.
Israel: Halbherzige Solidarität aus wahltaktischen Gründen
Am 07.10.2023 führte die islamistische Hamas aus dem Gazastreifen heraus das größte Massaker an der jüdischen Bevölkerung seit dem Holocaust aus. Mehr als 1.300 Menschen wurden teils auf bestialische Weise ermordet, Frauen vergewaltigt, Kinder gefoltert. 239 Personen wurden von der Hamas in den Gazastreifen entführt, viele von ihnen werden auch noch zu Beginn des Jahres 2025 gefangen gehalten. Als Israel von seinem Selbstverteidigungsrecht Gebrauch machte, griff erstmals die Islamische Republik Iran den jüdischen Staat direkt an.
Dass sich Präsident Biden mit Israel solidarisch zeigte, war wenig überraschend. Schließlich setzte sich Biden schon seit Beginn seiner langen politischen Karriere für das Existenzrecht Israels ein. Mit andauerndem israelischem Kampfeinsatz im Gazastreifen und einer näherrückenden US-Präsidentschaftswahl stieg jedoch der Druck auf den Demokraten, seine pro-israelische Rhetorik und Politik zu überdenken.
Denn insbesondere bei jungen, liberalen und muslimischen US-Amerikanern kam Präsident Bidens Haltung nicht gut an. Kohorten, die mehrheitlich kritisch gegenüber Israel und positiv gegenüber den Anliegen der Palästinenser eingestellt sind. Es folgte mit der Besänftigung von antizionistischen Wählergruppen bei gleichzeitiger Solidarität mit Israel die sprichwörtliche Quadratur des Kreises, so dass sich Präsident Biden auf beiden Seiten unbeliebt machte. Kurz vor Ende seiner Präsidentschaft konnte Biden noch einen Waffenstillstand und einen Geisel-/Gefangenenaustausch zwischen der Hamas und Israel vermitteln. Wie nachhaltig diese Vereinbarung ist, wird sich erst noch zeigen müssen.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken.
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