Als Joe Biden am 20.01.2021 zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt wurde, krönte der Demokrat seine zum damaligen Zeitpunkt schon 48 Jahre andauernde politische Karriere. Mit seinen 79 Jahren war Biden zudem die älteste Person, die jemals in das Weiße Haus einzog. Fragen ob des voranschreitenden Alters des Mannes aus Wilmington, Delaware, stellten sich schon im Vorwahlkampf, wurden jedoch auf Grund der ausgebrochenen Coronavirus-Pandemie in den Hintergrund gestellt. Ohnehin sollte Biden aus Sicht vieler demokratischer Parteikollegen nur als Übergangspräsident seinem Land dienen, um die Polarisierung in den USA etwas einzudämmen und das Land vor einer zweiten Amtszeit von Donald Trump zu bewahren.
Mit seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2020 löste Biden zumindest letzt genannte Hoffnung des liberalen Amerika ein. Doch einmal an der Macht, konnte er trotz eines für jeden neutralen Beobachter offensichtlich schlechter werdenden Gesundheitszustands nicht mehr davon lassen. Unterstützt wurde Biden dabei von zahlreichen freundlich gesinnten Medien, die kritische Nachfragen in Bezug auf den Alterungsprozess des Demokraten als republikanische Verschwörungstheorie abtaten. Nachfolgend angeführtes Statement des deutschen US-Korrespondenten Elmar Theveßen war, wenngleich für den innenpolitischen Prozess in den USA mangels Bedeutung irrelevant, letztendlich ein Sinnbild für die Arbeit vieler Medienvertreter, die viel zu oft weder unparteiisch noch faktentreu berichteten.
Joe Biden – hat man das Gefühl – sitzt ein Stückchen fester im Sattel.
Elmar Theveßen, US-Korrespondent für das ZDF. Drei Tage später sollte Präsident Biden seine Kandidatur aufgeben.
Es folgte die Ausrufung der Wiederwahlambitionen von Biden – und die wohl größte Demontage eines amtierenden Präsidenten inmitten seiner Wiederwahlkampagne. Als negativer Höhepunkt gilt vor diesem Hintergrund die desaströse Fernsehdebatte von Biden gegen Trump. Auch wenn das Weiße Haus und der Kampagnenarm der Partei selbst diese Tatsache nicht anerkennen wollten (siehe nachfolgenden Post auf X), konnten auch den Demokraten zugeneigte Medienvertreter diesen Auftritt kaum noch schönreden. Drei Wochen später beendete nach immensem innerparteilichem Druck Präsident Biden seine Wiederwahlkampagne.
Mit dem oben beschriebenem Versagen der Medien sowie der Rolle des Weißen Hauses und der Demokratischen Partei in Bezug auf die zunehmende gesundheitliche Verschlechterung von Biden befasst sich das Werk „Hybris. Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“. Die renommierten Journalisten Jake Tapper (CNN) und Alex Thompson (Axios) liefern in der deutschsprachigen Ausgabe auf 400 Seiten spannende Einblicke in die wohl größte US-amerikanische Tragödie der vergangenen Jahrzehnte.
Dabei sind die Autoren, die eher dem liberalen Spektrum zuzurechnen sind, durchaus selbstkritisch. Gleich zu Beginn ihres Werkes machen sie beispielsweise öffentlich, dass sie mit den meisten ihrer zahlreichen Quellen, mit denen sie für das in der dtv Verlagsgesellschaft erschienene Buch mit Hintergrundwissen füllen konnten, erst nach der Präsidentschaftswahl sprechen konnten. Doch auch ohne dieser Quellen stellen Tapper und Thompson fest, dass „das eigentliche Problem (…) nicht sein [Biden; Anm. d. Verf.] Alter als solches [war]. Es waren die klar erkennbare Verminderung seiner Fähigkeiten, die im Verlauf seiner Amtszeit immer deutlicher wurde“ (Jake Tapper/ Alex Thompson: „Hybris. Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“, S. 18).
Bidens Berater räumten ein, dass die Corona-Pandemie (…) das Beste war, was Biden und seinen Hoffnungen auf das Präsidentenamt hätte passieren können.
Tapper/ Thompson: „Hybris“, S. 41.
Weshalb Biden dennoch so lange an seiner Wiederwahlkampagne festhalten konnte, versuchen die Autoren in ihrem sehr lesenswerten Werk herauszuarbeiten. Als Gründe nennen Tapper und Thompson einerseits eine ungewöhnlich hohe Loyalität gegenüber dem 46. US-Präsidenten. Andererseits scheint es „für Angehörige und enge Mitarbeiter (…) eine[n] nahezu religiösen Glauben an die Fähigkeit Bidens, sich wieder aufzurappeln“ (Tapper/ Thompson: „Hybris“, S. 31) gegeben zu haben.
Dies sind nur zwei Hintergründe, mit dem die Autoren die Begebenheiten im Weißen Haus unter Präsident Biden herausgearbeitet haben. Viele dieser Sachverhalte waren bereits bekannt, wurden jedoch zumeist medial nahezu außer Acht gelassen. Andere Punkte geben das Innenleben in die Machtverhältnisse in Washington D.C. zu Beginn dieses Jahrzehntes sehr gut wieder. Summa summarum macht dies alles „Hybris“ zu einem lesenswerten und kurzweiligen Werk, um auf das Ende der Amtszeit des bis dato ältesten amtierenden Präsidenten zurückzublicken.
Vielen Dank an die dtv Verlagsgesellschaft für die Zusendung eines Rezensionsexemplars. Weiterführende Informationen des Verlags (Klick hier).
Die offizielle Buchbeschreibung
»Biden, seine Familie und sein Team haben sich von ihrem Eigeninteresse und der Angst vor einer weiteren Amtszeit Trumps leiten lassen, und deshalb versucht, einen zuweilen verwirrten alten Mann für vier weitere Jahre ins Oval Office zu bringen. Wie viele wussten davon? Was wurde vertuscht? War es eine Verschwörung?« Jake Tapper und Alex Thompson
Die amerikanische Tragödie: Wie die Demokraten Trump den Teppich ausgerollt haben
Zwei der angesehensten Journalisten Amerikas liefern eine schonungslose und dramatische Abrechnung mit einer der schicksalhaftesten Entscheidungen der amerikanischen Politikgeschichte: Joe Bidens Kandidatur zur Wiederwahl – trotz Anzeichen seines körperlichen und kognitiven Verfalls, trotz verzweifelter Bemühungen, das Ausmaß seines Zustands zu verbergen. Jetzt kommt zum ersten Mal die ganze, beunruhigende Wahrheit ans Licht. Jake Tapper und Alex Thompson nehmen uns mit hinter verschlossene Türen und in private Gespräche zwischen den wichtigsten Personen und enthüllen, wie groß das Problem war und wie viele Leute davon wussten. Bidens Entscheidung, erneut zu kandidieren, hatte eine Kampagne der Verleugnung und Vertuschung zur Folge, die direkt zu Donald Trumps Rückkehr an die Macht geführt hat – und zu allem, was in der Folge geschehen ist.

Ein Beitrag von Kai-Uwe Hülss M.A.
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; dtv Verlagsgesellschaft; eigene Grafiken.
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