Die Goldenen Zwanziger 2.0 müssen warten

„Auf die Goldenen Zwanziger!“ Nicht wenige Personen dürften sich am vergangenen Jahreswechsel mit diesem Satz zugeprostet haben. Oftmals dürfte damit ein Ausdruck der Hoffnung auf eine anhaltend starke wirtschaftliche Lage, umfassenden Wohlstand und einem hiervon begünstigten kulturellen Boom gemeint gewesen sein. Die Goldenen Zwanziger, im Englischen als Roaring Twenties bekannt, sind noch hundert Jahre später legendär.

Nach den dunklen Jahren des Ersten Weltkriegs erlebten in den 1920er Jahren europäische Industrieländer und die USA einen Aufschwung ungeahnten Ausmaßes. Die Vereinigten Staaten von Amerika stiegen in diesen Jahren zur reichsten Nation der Welt auf. Massenproduktion und steigender Konsum ebneten den Weg. Die Goldenen Zwanziger waren von gesellschaftlichem Optimismus geprägt.

Entwicklung der US-Arbeitslosenquote

Nur wenige Monate nach Beginn der Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts zerplatzte vorerst der Traum einer Wiederholung der goldenen Jahre. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie führten zu weltweiten ökonomischen Turbulenzen – erneut mit dem Superlativ eines ungeahnten Ausmaßes zu beschreiben.

Die Entwicklung des US-Arbeitsmarktes ist seitdem als dramatisch zu bezeichnen. Betrug im Jahr 2019 die US-Arbeitslosenquote noch 3,5 Prozent, ist diese im April 2020 auf 14,7 Prozent gestiegen. Mit anderen Worten ausgedrückt: Lag die Arbeitslosenquote im vergangenen Jahr noch auf einem 50-jährigen Tiefststand, ist diese mittlerweile so hoch wie seit der Great Depression nicht mehr.

Selbst ein Übertreffen der Rekordarbeitslosenquote von 24,9 Prozent aus dem Jahr 1933 scheint realistisch. Zuletzt verwies Finanzminister Steven Mnuchin in einem Interview mit Chris Wallace in der Fernsehsendung Fox News Sunday darauf. Diese Prognose ist als realistischer Pessimismus zu titulieren. In den gegenwärtigen Arbeitsstatistiken sind nämlich noch nicht einmal alle Arbeitssuchenden vermerkt.

Dies verdeutlicht der Anhang im aktuellen Arbeitsmarktbericht. Demnach seien 8,1 Millionen Personen als „abwesend aus nicht näher benannten Gründen“ gemeldet worden. Normalerweise liege diese Zahl bei nur um die 600.000 Personen.

Offensichtlich gibt es eine Vielzahl an Personen, die zwar ihren Arbeitsplatz verloren haben, jedoch sich noch nicht unmittelbar arbeitssuchend gemeldet haben. Gründe hierfür sind vielfältiger Natur. Einerseits halten Ängste zu früh wieder in das Berufsleben einzusteigen und sich möglicherweise mit dem Coronavirus zu infizieren Personen ab, sich als arbeitssuchend zu registrieren. Dies ist freilich nur für Personen mit Rücklagen machbar.

Bestätigt wird diese Annahme durch eine repräsentative Umfrage des Democracy Fund & UCLA Nationscape Project, die besagt, dass 71 Prozent der US-Amerikaner die Befürchtung haben, dass die Ausgangsbeschränkungen zu früh aufgehoben werden könnten. Andererseits dürfte der Pessimismus in der gegenwärtigen Phase der Pandemiebekämpfung einen neuen Arbeitsplatz zu finden hoch sein, so dass sich erst gar nicht um einen neuen Arbeitsplatz bemüht wird.

In absoluten Zahlen ausgedrückt haben seit Ausbruch der Pandemie laut dem U.S. Bureau of Labor Statistics schon mehr als 33 Millionen US-Amerikaner ihre Beschäftigung verloren. Davon alleine im April 20,5 Millionen Personen. Am stärksten betroffen ist die Dienstleistungsbranche mit 18,8 Millionen verlorenen Arbeitsplätzen. Hierunter fallen zum Beispiel Gastronomie, Friseure und Verkehrsbetriebe.

In diesem Bereich gibt es jedoch auch die größte Hoffnung, dass nach Beendigung der Ausgangsbeschränkungen die meisten Arbeitsplätze wieder zurückkehren. Laut einer Umfrage von Ipsos/ The Washington Post hoffen 77 Prozent der US-Amerikaner darauf ihren alten Arbeitsplatz zurückzubekommen. Ökonomen sind indes weitaus pessimistischer. Laut dem Becker Friedman Institute at the University of Chicago könnten 42 Prozent der gegenwärtigen Stellenstreichungen permanenter Natur sein.

Der güterproduzierende Sektor hat seit Ausbruch der Pandemie 2,4 Millionen Arbeitsplätze eingebüßt. Hingegen von Arbeitsplatzeinsparungen in einem größeren Ausmaß verschont geblieben sind bislang die Branchen Bergbau und Forsteinsatz, Großhandel, Informationen und Finanzen.

Neben der Krise am Arbeitsmarkt gibt auch die ausufernde Staatsverschuldung, die sich auf Grund der Hilfen zur Eindämmung der ökonomischen Pandemieauswirkungen nochmals verschlimmert hat, zu bedenken. Eine weitere Hypotheken-Krise bahnt sich zudem an. Die Goldenen Zwanziger der Gegenwart werden also noch auf sich warten lassen.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); The White House; eigene Grafiken

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