Der Slogan „Vorwärts“ wird primär mit dem linken politischen Spektrum in Verbindung gebracht. Der Titel der Parteizeitung der SPD ist beispielsweise seit dem Jahre 1876 danach benannt. In der sozialistischen Diktatur der DDR wurde die Sportvereinigung der Nationalen Volksarmee auf den Namen „Vorwärts“ getauft. Selbst in den USA wurde vom linken politischen Spektrum schon der Begriff verwendet: Der damalige Präsident Barack Obama ging mit dem Motto Forward, also „Vorwärts“, in den Wahlkampf 2012.
Eine neue dritte Partei sieht den Fortschritt des 21. Jahrhunderts in den USA jedoch nicht auf der politischen linken Seite. Auch nicht Rechts. Sondern in der Mitte der Gesellschaft, die von der Republikanischen wie von der Demokratischen Partei zu oft außer Acht gelassen wird. Der Name der neuen dritten Partei: Forward – „Vorwärts“.
Demokraten und Republikaner verlieren Mitte aus den Augen
Das politische System der USA hat bekanntlich ein Zwei-Parteien-System hervorgebracht. Eine Begebenheit, die sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur verfestigte, sondern auf Grund des Vorwahlsystems, willkürlicher parteiischer Wahlkreisziehung und neuer Medien Politiker mit immer extremeren Positionen hervorbrachte. Dementsprechend vertreten laut einer Studie des Pew Research Center gegenwärtig nur noch rund zwei Dutzend Kongressabgeordnete eine moderate politische Einstellung. In der Legislaturperiode 1971 – 1972 war dies bei noch 160 Abgeordneten der Fall.
Die politische Arbeit gestaltet sich in Washington D.C. folgerichtig oftmals als zäh, sieht das politische System doch eigentlich eine explizite Zusammenarbeit zwischen den Parteien vor. Infolgedessen sehen laut den Durchschnittswerten von Real Clear Politics drei Viertel der US-Amerikaner die USA auf dem falschen Weg. 62 Prozent der Bevölkerung sind laut einer repräsentativen Umfrage von Gallup aus dem Jahr 2021 sogar der Meinung, dass eine neue, dritte Partei benötigt wird – der höchste bislang gemessene Wert. Die Mehrheit der Anhänger beider großer Parteien teilt diese Auffassung, davon 63 Prozent der Republikaner.
Forward als moderate Alternative
In diese Lücke versucht nun Forward, die als Partei der Mitte gegründet wurde, zu stoßen. Hervorgegangen ist Forward aus drei Bewegungen und Organisationen von ehemaligen Funktionären der Republikanischen und Demokratischen Partei sowie von parteiunabhängigen Aktivisten. Das Renew America Movement wurde von einstigen Republikanern um Miles Taylor, der als Offizieller im Bereich Heimatschutz im Weißen Haus von Donald Trump arbeitete, ins Leben gerufen.
Eine positiv vereinende dritte Partei zu etablieren ist schwierig, aber es ist auch genau das, auf was Millionen von Amerikaner gewartet haben. Deswegen werden wir erfolgreich sein.
(Andrew Yang, Mitbegründer von Forward, im Online-Magazin The Hill)
Das Serve America Movement wurde hingegen von Ehemaligen beider großer Parteien und Unabhängiger gegründet. Das Aushängeschild dieser Bewegung ist David Jolly, der einst für die Republikanische Partei als Abgeordneter im U.S. Kongress amtierte. Die Forward Party des ehemaligen Teilnehmers der demokratischen Präsidentschaftsvorwahlen (2020) und New Yorker Bürgermeisterkandidaten (2021) Andrew Yang komplementiert die Organisationen, aus der die neue Partei hervorging. Der extrovertierte und kreative Unternehmer Yang führt die Partei zusammen mit der ehemaligen republikanischen Gouverneurin von New Jersey Christine Todd Whitman an.
Inhaltliche Ziele der Partei
Noch weist die Partei kein detailliertes Programm auf. Die übergeordneten inhaltlichen Ziele sind jedoch klar formuliert: In Zeiten der politischen und gesellschaftlichen Spaltung soll ein Mittelweg eingenommen werden. Politischer Extremismus wird strikt abgelehnt. Die Stärkung der Wirtschaft, einfachere Möglichkeiten zum Wählen sowie die Zurückgewinnung von Vertrauen in die Regierung wurden von den Verantwortlichen exemplarisch genannt.
Die Vereinigten Staaten benötigen dringend eine neue politische Partei – eine Partei, welche die moderate, vernünftige Mehrheit abbildet.
(Verantwortliche der Partei in einem Gastbeitrag in The Washington Post)
Die Einnahme extremer Positionen beispielsweise bei Themen wie dem Abtreibungsrecht (vollkommene Legalisierung versus Totalverbot), Klimaschutz (Wirtschaft und Klimaschutz sollen nicht gegeneinander ausgespielt werden) und Waffenkontrolle wird abgelehnt. Ein erster landesweiter Parteitag soll in einer Großstadt im Sommer 2023 stattfinden und ein erstes detailliertes Programm verabschieden. Bis dahin sollen zahlreiche Veranstaltungen im Herbst diesen Jahres weitere Unterstützung generieren. Am 24. September 2022 gibt es für die neue Partei bei einer größeren Veranstaltung in Houston, Texas, den offiziellen Startschuss.
Aussichten
Als Wahlziel hat Forward ausgegeben sich bis Ende 2023 in 30 Bundesstaaten registriert zu haben und auch gewählt werden zu können. Die Hürden hierzu unterscheiden sich je nach Staat. Bis zu den Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2024 will die Partei in allen 50 Bundesstaaten registriert und wählbar sein. Der wahltechnische Fokus liegt zunächst bei lokalen Wahlen, wie Stadträten und Schulbehörden.
Treten die Verantwortlichen von Forward mit einem hohen Grad an Seriosität und Professionalität auf und können Spenden sowie Medienaufmerksamkeit generiert werden, sind mittelfristig regionale Erfolge durchaus möglich. Für den ganz großen Erfolg auf Ebene der Staaten oder gar im Bund benötigt es einen sehr langen Atem. Eine nachhaltige Etablierung auf Bundesebene hat seit dem US-amerikanischen Bürgerkrieg allerdings keine Partei geschafft.
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Forward Party; Canva.com; eigene Grafiken.
Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Wörtern wird in der Regel die männliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.
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