Meine Unterstützer sind so klug. Das sagen auch die Umfragen. Sie zeigen, dass ich die loyalsten Anhänger habe. Wussten Sie das schon? Ich könnte quasi mitten auf der 5th Avenue stehen und jemanden erschießen, und würde trotzdem keine Wähler verlieren. Okay?! Das ist unglaublich!
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa im Januar 2016.
Auch acht Jahre danach hat die von Trump getätigte Aussage nichts an Aktualität eingebüßt. Vermochte es der erst im Jahr 2015 in das politische Geschäft eingestiegene Trump innerhalb kürzester Zeit eine in seiner Größe durchaus beachtliche loyale Anhängerschaft um sich zu scharen, verändert die Make America Great Again Bewegung seitdem die Republikanische Partei grundlegend.
Wahlniederlagen für von Trump unterstützte Kandidaten in den Jahren 2018 und 2022 sowie seine eigene Niederlage 2020 konnte seiner unangefochtenen Führungsposition innerhalb der Grand Old Party ebenso wenig anhaben wie zwei – erfolglose – Amtsenthebungsverfahren und zahlreiche Anklagen. Dass Trump nun der erste ehemalige Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika ist, der in einem juristischen Verfahren schuldig gesprochen wurde, dürfte seinen Heldenstatus unter seinen Anhängern zusätzlich verstärken.
Doch ob Trump mit der Brandmarke eines verurteilten Straftäters an Attraktivität für die entscheidenden Wechselwähler hinzugewonnen hat? Eher nicht. Doch was hat es mit dem Schuldspruch für Trump eigentlich explizit auf sich? Wie sehen die möglichen juristischen und politischen Konsequenzen aus? Der nachfolgende Beitrag setzt sich mit diesen und weiteren Fragen auseinander.
Der Schuldspruch
Ende März 2023 wurde gegen Trump im Fall der ehemaligen Pornodarstellerin Stormy Daniels, die $ 130.000 an Schweigegeldzahlungen erhielt, Anklage erhoben. Gleichwohl solche Zahlungen in New York nicht strafbar sind, wurde hier vermutet, dass diese nicht gesetzeskonform von statten gegangen seien. Explizit stellte sich die Frage, ob Daniels‘ Schweigen Trump im Wahlkampf 2016 half. Dies wiederum würde eine unerlaubte Wahlkampfspende darstellen.
Nach der Anhörung von 22 Zeugen innerhalb von vier Wochen sprach sodann die 12-köpfige Jury am 30.05.2024 Trump in allen 34 Anklagepunkten schuldig. Trump habe, so die Jury, Geschäftsunterlagen gefälscht, um die Präsidentschaftswahl 2016 zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Mögliche juristische Konsequenzen
Der zuständige Richter Juan Merchan wird am 11.07.2024 das Urteil gegen Trump verkünden. Die Festlegung des Strafmaßes obliegt alleine seiner Gewalt, die Jury war lediglich für den Schuldspruch zuständig. Trump muss mit einer Geldstrafe über Hausarrest bis hin zu einer Gefängnisstrafe (mit/ ohne Bewährung) rechnen.
Bei der Festlegung des Strafmaßes wird Richter Merchan wohl positiv für Trump verbuchen, dass der Ex-Präsident keine Vorstrafen aufweist. Jedoch verlor Trump in der Vergangenheit schon Rechtsstreitigkeiten. Des Weiteren zeigte Trump während des gesamten Prozesses keine Reue. Begebenheiten, die das Strafmaß erhöhen könnten.
Die Reaktion Trumps
Da Trump in dem Prozess ohnehin eine „Hexenjagd“ von den „korrupten Demokraten und der Justiz“ gegen ihn sieht, wird er höchstwahrscheinlich Berufung gegen das im Juli zu sprechende Urteil einlegen. Dies hätte zur Folge, dass es vor der Präsidentschaftswahl 2024 kein abschließendes Urteil mehr geben wird.
Die politischen Auswirkungen
Der Schuldspruch hat keine Auswirkungen auf Trumps Teilnahme an der Präsidentschaftswahl im November. Selbst aus dem Gefängnis heraus könnte Trump – theoretisch – gewählt werden. Die republikanische Präsidentschaftskandidatur ist Trump ebenso nicht zu nehmen, sind die gewonnenen Delegiertenstimmen doch in der ersten Wahlrunde an ihren Kandidaten, sprich Trump, gebunden.
Anders sieht es womöglich, Juristen sind sich dabei uneins, mit dem aktiven Wahlrecht aus: Laut der Gesetzgebung in Florida, Trump ist im Sunshine State registriert, dürfen verurteilte Straftäter bis zur Ableistung ihrer Strafe nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.
Die Meinung der US-Amerikaner
Es sei vorangestellt: Von den vier laufenden Anklagen gegen Trump werten US-Amerikaner den Fall „Stormy Daniels“ als den unbedeutendsten und als den weniger schweren Fall ein. Und dennoch sind die repräsentativen Umfragen, die kurz nach dem Schuldspruch erhoben wurden, wenig erfreulich für den 45. US-Präsidenten.
Laut Morning Consult stimmen 54% der registrierten Wähler dem Urteil zu, 34% sind mit dem Schuldspruch nicht einverstanden. Fatal für Trump: 49% der unabhängigen Wähler und 15% der Republikaner sind der Meinung, dass Trump seine Präsidentschaftskandidatur beenden sollte.
Die Meinungsforscher von Ipsos bestätigen diese Werte: Nach einer Erhebung dieses Instituts beurteilt die Hälfte der US-Amerikaner das Urteil als korrekt und 49% der Bürger fordern die Beendigung von Trumps Kampagne. Bei Personen, die Trump und Präsident Joe Biden negativ beurteilen, stehen diese Werte gar bei 65% respektive 67%. Mitentscheidend für den Ausgang der Präsidentschaftswahl wird sein, inwieweit US-Amerikaner ihre Wahlentscheidung im November (noch) von dem Schuldspruch aus der ersten Hälfte des Jahres abhängig machen.
Fazit
Dass sprichwörtlich „Totgesagte länger leben“ hat Trump als Geschäftsmann und Politiker schon mehrmals unter Beweis gestellt. Bei einem zu erwartenden knappen Wahlausgang, in der in den Swing States oftmals schon ein Prozentpunkt über Sieg oder Niederlage entscheidet, dürfte Trumps Schuldspruch dennoch keine Wahlkampfhilfe darstellen. Und dennoch: Innerhalb der ersten Stunden nach dem Schuldspruch konnte Trumps Kampagne $ 34,8 Millionen an Spenden generieren. Seine engste Anhängerschaft wird Trump immerhin nicht verlieren, selbst nicht, wenn er auf der 5th Avenue stehen würde…
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken.
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