Deutschland macht sich klein in der Welt

Bei der Besetzung von demokratischen Regierungen spielt seit jeher der Proporz eine bedeutende Rolle. Die verschiedenen Flügel einer Partei müssen ebenso berücksichtigt werden wie die geographische Herkunft der Regierungsmitglieder. Dass vor diesem Hintergrund auch Minister ihr Amt antreten, ohne explizite Kenntnisse ihres Fachs aufzuweisen, gilt hierbei als Kollateralschaden. 

Dies ist insofern unproblematisch, da alle Politiker die Gabe besitzen müssen, sich in verschiedene Fachbereiche einarbeiten zu können. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: Das Verteidigungs- und Außenministerium erfordern auch von der obersten Führungsebene eine explizite Fachkompetenz und Qualifizierung im Auftreten. 

Dementsprechend wird in den Vereinigten Staaten von Amerika das Pentagon gegenwärtig von Lloyd Austin geleitet. Austin ist ein pensionierter General der U.S. Army, der schon das U.S. Central Command kommandierte. Zuvor war ihm die United States Forces Iraq, ein Großverband der US-Streitkräfte mit mehr als 110.000 Soldaten, unterstellt. Für diese Aufgaben qualifizierte sich Austin unter anderem an der Militärakademie West Point, New York, sowie durch jahrelangen Dienst in der U.S. Army. Austin kennt seinen ihm unterstellten Fachbereich wie seine Westentasche. 

In Deutschland mutierte das Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren hingegen zum Auffangbecken für noch nicht ganz aussortierte Politikerinnen. Der einstigen Familien- und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) folgte die ebenso fachfremde Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht die Leitung der Hardthöhe auf die ehemalige Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) über. Mit sicherheitspolitischer Expertise konnte Lambrecht freilich noch nicht glänzen. Professor Dr. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München bezeichnet diese Personalie gar als „irritierend“. 

Das Zeichen dieser Personalie, und gegen die Sicherheitspolitikerin Siemtje Möller (SPD), ist eindeutig: Anstatt das Ministerium zukunftsfest zu machen und auf neue Herausforderungen vorzubereiten, soll weiter verwaltet werden. Ob Deutschland seinen internationalen Herausforderungen damit gerecht werden kann? Nicht nur der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, ein Armeegeneral, wird über seine neue deutsche Amtskollegin erfreut sein. 

Umso bedeutender gestaltet sich somit die Besetzung des Auswärtigen Amtes. Dieses übernimmt, wie überhaupt alle außen- und sicherheitspolitischen Leitungsfunktionen in der deutschen Ampelkoalition, aus Gründen der Proporz eine Frau. Die außenpolitisch versierten Cem Özdemir (Bündnis 90/ Die Grünen) und Omid Nouripour (Bündnis 90/ Die Grünen) blieben somit außen vor. 

Das einst wichtigste Ministerium am Werderschen Markt geht somit an Annalena Baerbock (Bündnis 90/ Die Grünen) über. In der Vergangenheit äußerte sie sich in außenpolitischen Fragen zu Russland und China zwar gehaltvoller als ihr blasser Vorgänger Heiko Maas, der diesen Posten ebenso nur als Notnagel ausübte. Doch mit ihrem fragwürdigen Lebenslauf, Plagiatsaffären und mangelndem Fachwissen muss sich Baerbock den Respekt des ihr unterstellten hochqualifizierten Personals erst noch erarbeiten. 

Anders sieht es wiederum in den USA aus. Mit Antony Blinken steht ein Karrierediplomat dem Außenministerium vor. Der Kosmopolit wuchs in Frankreich auf, hat Abschlüsse in Politikwissenschaft und Jura von der Harvard University und der Columbia Law School aufzuweisen. Jahrelange außenpolitische Tätigkeiten in den Administrationen von Bill Clinton und Barack Obama folgten. 

Während in den USA die zwei wichtigsten Ministerien für Außen- und Sicherheitspolitik traditionell an hochqualifizierte Persönlichkeiten gehen, werden diese Ämter in Deutschland dem höchstbietendem Proporz geopfert. Deutschland macht sich so kleiner in der Welt, als es die ökonomische Stärke und die daraus eigentlich entstehende außenpolitische Verantwortung vermuten lassen würde. 

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); The White House; U.S. Congress; eigene Grafiken

50 Tage Präsident Joe Biden

Seit mittlerweile mehr als 50 Tagen amtiert Joe Biden als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. „1600 Pennsylvania“ bilanziert den Start der Präsidentschaft des Demokraten.

Politische Entscheidungen

Biden wartet mit einer Rekordzahl an präsidentiellen Verordnungen für einen eingehenden Präsidenten auf.  In seinen ersten 50 Tagen hat Präsident Biden 34 executive orders unterzeichnet. Bidens Amtsvorgänger warteten mit weitaus weniger Verordnungen auf: Donald Trump kam auf 16, Barack Obama auf 17 und George W. Bush gar nur auf 8 executive orders im gleichen Zeitraum. Im Gegensatz zu einem Gesetz können Verordnungen des Präsidenten durch einen Nachfolger sofort revidiert werden. Die Inhalte der Verordnungen (Klick hier).

Mit dem American Rescue Plan (Coronavirus-Hilfspaket) und der Ausnahmegenehmigung für General  Lloyd Austin, damit dieser als Verteidigungsminister  amtieren kann, verantwortet Präsident Biden erst zwei Gesetze. Trump (8 Gesetze) und Obama (7) unterzeichneten zum gleichen Zeitpunkt ihrer jeweiligen Präsidentschaft mehr Gesetze. Bush kam lediglich auf ein Gesetz.

Bidens größter Sieg

Die größte Errungenschaft in den ersten Wochen seiner Amtszeit ist für Präsident Biden die Verabschiedung des $1,9 Billionen schweren Coronavirus-Hilfspakets. Der American Rescue Plan enthält unter anderem einmalige Zahlungen von $1.400 an jeden US-Amerikaner bis zu einem Einkommen von $75.000 (entspricht 85% aller Haushalte), eine Hilfe von $25 Milliarden für Restaurants sowie $46 Milliarden für Coronavirus-Tests. Weitere Informationen (Klick hier).

Bidens größte Niederlage

Für den Posten der Direktorin des Office of Management and Budget nominierte Präsident Biden mit Neera Tanden eine stark umstrittene Persönlichkeit. Moderate Demokraten und Republikaner verweigerten ihr im U.S. Senat die nötige Unterstützung, so dass Tanden ihre Nominierung zurückziehen musste. Die Biden-Administration (Klick hier).

Bidens Kabinett

Präsident Biden hat 56 Personen für seine Administration offiziell nominiert, so viele wie einst Obama. Trump und Bush kamen zum gleichen Zeitpunkt auf lediglich 38 beziehungsweise 31 Nominierungen. Allerdings gestaltet sich der Bestätigungsprozess der von Präsident Biden nominierten Mitglieder für seine Administration als schleppend. Die herausfordernden Mehrheitsverhältnisse im U.S. Senat sowie das Impeachment gegenüber Trump mach(t)en sich negativ bemerkbar.

Äußere Darstellung

Nach den aufregenden Jahren der Präsidentschaft von Trump ist mit dem Einzug von Biden wieder business as usual in das Weiße Haus eingekehrt. Präsident Biden konzentriert sich auf einen klassischen, ruhigen Politik- und Kommunikationsstil. Bidens Mitarbeiterstab ist darauf bedacht, den Präsidenten vor improvisierten öffentlichen Statements zu schützen.

Nach öffentlichen Terminen beantwortet Präsident Biden oftmals keine Fragen, seine erste Pressekonferenz wird voraussichtlich auch erst Ende März stattfinden – ein ungewöhnlich später Zeitpunkt zu Beginn einer neuen Präsidentschaft. Laut dem American Presidency Project an der University of California at Santa Barbara hat in den vergangenen 100 Jahren kein neugewählter Präsident seine erste Pressekonferenz so spät abgehalten wie dies bei Biden der Fall sein wird.

Die berühmten Ausrutscher von Präsident Biden sowie in letzter Zeit sich häufenden Erinnerungslücken sollen damit minimalisiert werden. Dass Präsident Biden der Name seines Verteidigungsministers sowie dessen Ministeriums Anfang März nicht einfiel, konnte dennoch nicht verhindert werden:

Bidens Arbeitsmoral

Präsident Biden betritt die Arbeitsräume des Weißen Hauses in der Regel um 09 Uhr und verlässt diese wieder gegen 18 Uhr. An den Wochenenden fliegt Präsident Biden meist nach Wilmington, Delaware. Der Mitarbeiterstab des Weißen Hauses kritisierte intern diese Flüge, da die Vielzahl an Mitreisenden auf Grund der Coronavirus-Pandemie einem unnötigen Gesundheitsrisiko ausgesetzt seien. Der Präsident, so die Mitarbeiter, sollte als Vorbild in der Pandemie vorangehen, sich an den Richtlinien der CDC (Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention) orientieren und unnötige Reisen vermeiden.

Typischer Eintrag im Terminkalender an den Wochenenden für Präsident Biden.

Bidens Einsatz für die Einheit des Landes

Präsident Biden hat versprochen, das gespaltene Land wieder zusammenführen zu wollen. Seine ersten politischen sowie personellen Entscheidungen zeugen jedoch von einer stark progressiven Agenda. Nennenswerte überparteiliche Anstrengungen gab es bislang noch nicht.

Bidens Popularität

Präsident Biden war in seinen ersten Tagen beliebter als es Trump jemals war. Allerdings sind Bidens Zustimmungswerte konstant niedriger als von Obama oder Bush zum gleichen Zeitpunkt ihrer jeweiligen Amtszeiten. Die verfestigte politische und gesellschaftliche Polarisierung spielt hierbei sicherlich eine mitentscheidende Rolle.

Die Rolle von Vizepräsidentin Harris

Die Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika ist nur einen Herzschlag vom Oval Office entfernt. Damit ist, neben ihrer Rolle als Vorsitzende des U.S. Senats, auch schon die wichtigste konstitutionelle Aufgabenbeschreibung einer Vizepräsidentin beschrieben. Die Macht einer Vizepräsidentin hängt folglich von der Aufgabenzuteilung ihres Vorgesetzten, dem Präsidenten, ab.

In den ersten 50 Tagen durfte Vizepräsidentin Kamala Harris Präsident Biden bei den meisten Terminen begleiten – ein ungewöhnlicher Vorgang. Vizepräsidentin Harris darf also dem Präsidenten über die Schultern schauen, um für mögliche spätere größere Aufgaben gewappnet zu sein.

Des Weiteren hat Präsident Biden seiner Vizepräsidentin aufgetragen, Beziehungen zu ausländischen Politikern aufzubauen. Der Bereich der Außenpolitik galt bislang als Schwachpunkt der Innenpolitikerin Harris.

Bidens Kabinett im Test

Präsident Joe Biden und seine engsten Berater haben die Messlatte für die Beurteilung ihrer eigens zusammengestellten Administration hoch angesetzt. Es soll das diverseste Kabinett in der Geschichte der Vereinigten Staaten darstellen. Eine Beurteilung darüber hat die renommierte Brookings Institution vorgenommen (Klick hier). Die bestqualifiziertesten Personalentscheidungen für die jeweiligen Positionen sollen freilich auch getroffen worden sein. „1600 Pennsylvania“ geht der Frage nach, ob Präsident Biden letzterem Anspruch gerecht wurde.

Wichtigste Ministerien werden von erfahrenen Karrieristen geleitet

In Bezug auf die vier wichtigsten Ministerien hat Präsident Biden zweifelsohne qualitativ hochwertiges Personal um sich gescharrt. Außenminister Antony Blinken ist Karrierediplomat, der schon unter den Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama diente. Blinken wuchs in einem kosmopolitischem Elternhaus auf, besuchte in Paris die Schule und studierte unter anderem an der renommierten Harvard University.

Für die Leitung des Finanzministeriums vertraut Präsident Biden auf die Dienste von Janet Yellen. Wenngleich deren ökonomischer Ansatz streitbar erscheint, ist Yellens Qualifikation für diesen Posten unbestritten. Die Wirtschaftswissenschaftlerin amtierte  bereits als Präsidentin des Federal Reserve Board.

Umstritten ist zwar die Tatsache, dass mit Lloyd Austin erneut ein General das Pentagon führt. Vom U.S. Kongress musste für diese Personalie sogar eine Ausnahmegenehmigung eingeholt werden, da zwischen Pensionierung vom Militärdienst und Ausübung eines zivilen Amtes mindestens sieben Jahre liegen sollten, Austin jedoch erst seit knapp fünf Jahren pensioniert ist. Als vielfach ausgezeichneter Militärangehöriger dürfte Austin jedoch für seine neue Aufgabe gewachsen sein.

24 Jahre war Merrick Garland Richter am United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit. Von Präsident Obama wurde Garland sogar, gleichwohl erfolglos, als Richter am Obersten Gerichtshof vorgeschlagen. Der Harvard-Absolvent ist folglich für seine neue Aufgabe als Attorney General bestens gerüstet.

Fragwürdige Entscheidungen bei anderen Kabinettsbesetzungen

Bei der Besetzung anderer Positionen war die Qualifikation, wie so oft bei Kabinettsbesetzungen, zweitrangig. Denis McDonough wurde beispielsweise von Präsident Biden als Kriegsveteranenminister ausgewählt, obwohl dieser nie im U.S. Militär diente. Eine ungewöhnliche Wahl, ist McDonough doch erst die zweite Person in dieser Position, die keinen Militärdienst ableistete. Die persönliche Bindung zu McDonough war Biden offensichtlich wichtiger. McDonough amtierte unter anderem als Stabschef des Weißen Hauses unter Präsident Obama.

Besser qualifiziert wäre für diesen Ministerposten Pete Buttigieg gewesen. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat  gehört der United States Navy Reserve an und wurde sieben Monate als Offizier des Marinegeheimdienstes in Afghanistan eingesetzt. Als polyglotte Person wäre Buttigieg ebenso als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen bestens geeignet gewesen.

Doch wurde Buttigieg mit dem Verkehrsministerium anvertraut. Eine Behörde mit 55.000 Mitarbeitern – mehr als die Hälfte der Einwohnerzahl der Stadt South Bend, der Buttigieg einst als Bürgermeister vorstand. Ob Buttigieg auch mit einem solch großen Verwaltungsapparat zurechtkommen wird? Zu Beginn seiner Amtszeit liegt zumindest die Vermutung nahe, dass Buttigieg an falscher Stelle eingesetzt wird. Ähnliches gilt für die Außenpolitikexpertin Susan Rice, die nun als Direktorin des Rates für Innenpolitik agiert.

Kabinett zur Herstellung der Einheit des Landes?

Bei seiner Amtseinführung hat Präsident Biden die Einheit des Landes heraufbeschworen. Ganz davon abgesehen, dass er sich an seinen expliziten politischen Entscheidungen messen lassen muss, stellt sich die Frage, in wie weit Bidens Administration dieses lobenswerte Ziel widerspiegelt.

Dem konservativen Amerika kommt Präsident Biden mit seiner Personalauswahl nicht entgegen. Amtierte mit Pentagon-Chef Robert Gates unter Präsident Obama noch ein republikanischer Minister und unter Präsident George W. Bush mit Norman Mineta noch eine demokratische Verkehrsministerin, wird in der Biden-Administration kein Republikaner zu finden sein. Im Gegenteil.

Als Gesundheitsminister hat Präsident Biden mit Xavier Becerra zwar einen in diesem Gebiet unerfahrenen Politiker gewählt, amtierte er doch zuletzt als Attorney General des Staates Kalifornien. Doch machte sich Becerra in dieser Position schon als Verfechter einer sehr liberalen Abtreibungsgesetzgebung und Geburtenkontrolle einen Namen. Die Personalie ist nichts weniger als eine gesellschaftspolitische Kriegserklärung an das konservative Amerika.

Für den Posten der Direktorin des Office of Management and Budget wurde zudem mit der linksliberalen Neera Tanden eine stark umstrittene Person nominiert. Tanden erlangte nationale Bekanntheit auf Grund ihrer republikanerfeindlichen Tweets – quasi die demokratische Antwort auf Donald Trump. Seit Bidens Wahlsieg im November 2020 löschte Tanden sogar mehr als 1.000 ihrer brisantesten Nachrichten im Kurzmitteilungsdienst Twitter. An ihrer offenen Feindseligkeit gegenüber dem politischen Mitstreiter änderte dies freilich nichts.

Business as usual

In Bezug auf Ethnie, Geschlecht und Sexualität bildet die Biden-Administration zwar, wie vom 46. US-Präsidenten versprochen, die Gesellschaft ab. Das Kabinett spiegelt jedoch nicht den Willen zur Einheit des Landes wider, den Biden bei seiner Amtseinführung noch ausdrückte. Was die Qualifikation seiner Minister angeht, herrscht in Washington D.C. business as usual.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Biden-Transition; eigene Grafiken

Die Bildung eines Kabinetts in den USA

Eine Kabinettsbildung findet in der Bundesrepublik Deutschland vergleichsweise unspektakulär statt. Die Koalitionspartner einigen sich auf die Anzahl und Art der Ressorts, die Parteien entscheiden sodann eigenständig, freilich vor dem Hintergrund innerparteilichen Proporzes, über die Personalvorschläge. Die Bundesminister werden auf Vorschlag der Bundeskanzlerin vom Bundespräsidenten ernannt.

Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika verspricht hingegen eine größere Spannung. Die Personen für jeden Kabinettsposten sowie für ausgewählte weitere höhere Regierungsämter müssen vom gewählten Präsidenten zunächst nominiert werden. Die Nominierten müssen sich sodann einer Befragung des jeweiligen zuständigen Ausschusses im U.S. Senat stellen.

Es folgt ein Votum der Ausschussmitglieder. Ist dieses erfolgreich, wird der Personalvorschlag an die gesamte Kammer weitergegeben, welche eine Debatte hierzu abhält. Um die Personalie im Amt erfolgreich zu bestätigen, ist eine einfache Mehrheit in der mit 100 Senatoren ausgestatteten Kammer vonnöten. Die Krux an diesem System ist die Möglichkeit, dass der gewählte Präsident einer anderen Partei angehören könnte als die Partei, welche die Mehrheit im U.S. Senat stellt.

Gegenwärtig stellen Republikaner 50, Demokraten inklusive zweier Unabhängiger 48 Senatoren. Selbst wenn Demokraten die beiden Stichwahlen um die Senatssitze in Georgia am 05. Januar 2021 für sich entscheiden würden, hätte Bidens Partei erst mit dessem Amtsantritt am 20. Januar 2021 um 12 Uhr Ortszeit eine faktische Mehrheit. Die ab diesem Zeitpunkt amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris wurde den Patt zugunsten der Demokraten auflösen.

Gehörte ein Nominierter innerhalb der vergangenen sieben Jahre dem Militär an, wird zudem noch eine Sondergenehmigung vom U.S. Kongress benötigt. Bei General Lloyd Austin, der von Joe Biden als Verteidigungsminister nominiert wurde, ist dies beispielsweise der Fall. Dass (ehemalige) Militärangehörige für zivile Posten eingesetzt werden, soll nämlich eine Ausnahme darstellen. Doch schon 2017 wurde mit James Mattis ein ehemaliger General als Leiter des Pentagon erfolgreich, wenngleich von einigen Abgeordneten kritisch gesehen, nominiert. Die Folge: Innerparteiliche Kritik an Bidens Personalvorschlag.

Laut Don Ritchie, ehemaliger Historiker des U.S. Senats, konnten Präsidenten bislang zwar 95% ihrer Nominierungen durchbringen. Doch hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die politische Polarisierung so weit intensiviert, dass sich kein gewählter Präsident auf eine Bestätigung seiner Nominierten durch den U.S. Senat verlassen sollte.

Dies bedeutet im Umkehrschluss für gewählte Präsidenten mit einer knappen oder gar keinen Mehrheit im U.S. Senat, dass von vergleichsweise umstrittenen und/oder radikalen Personalvorschlägen Abstand genommen werden sollte. Präsident Donald Trump musste in den vergangenen vier Jahren vier Personalvorschläge, Barack Obama in seiner Amtszeit drei Nominierungen zurückziehen. Ein negatives Votum vom U.S. Senat bekam zuletzt der für das Verteidigungsministerium vorgesehene John Tower im Jahr 1989. Die Besetzung des Kabinetts gestaltet sich für Biden herausfordernder als für jeden neuen Regierungschef hierzulande.