Joe Biden – vom Schicksal gezeichnet

„Du wirst der beste Präsident sein, Vater! Versprich mir zu kandidieren!“ Worte, die sich so ähnlich am Sterbebett des 46 Jahre alten Beau Biden abgespielt haben sollen. Am 30. Mai 2015 starb Beau an den Folgen eines Gehirntumors.

Ein weiterer von zahlreichen tiefen Einschnitten im Leben des  US-amerikanischen Vizepräsidenten Joseph „Joe“ Robinette Biden, Junior. Schon im Jahr 1972 verlor Biden bei einem Autounfall seine erste Ehefrau Neilia und Tochter Naomi.

Doch Biden erwies sich als Kämpfer, suchte in seiner Trauer Halt in der Politik. 1973 wurde er erstmals zum US-Senator seines Heimatbundesstaates Delaware gewählt und sollte 36 Jahre (!) im Kongress dienen. In dieser Zeit versuchte er zweimal seinen Traum der Präsidentschaft zu verwirklichen. Biden scheiterte jedoch 1988 und 2008 frühzeitig im demokratischen Vorwahlkampf.

Als ihm der junge Barack Obama anbot, als Vizepräsidentschaftskandidat in den 2008er Wahlkampf zu ziehen, nahm Biden an. Dem heute 73-jährigen gläubigen Katholiken öffnete sich somit doch noch die Chance, in das Weiße Haus einzuziehen, wenngleich „nur“ als Vize.

Der Traum von der Präsidentschaft blieb bei Biden jedoch bestehen. Jetzt, wo er es schon so weit geschafft hatte. Schließlich steht Biden nicht nur Kraft Amtes dem ersten Mann im Staate sehr nahe. Biden ist für Obama schon seit 2008 eine Art väterlicher Freund, ein guter Berater.

Freilich ist Joe Biden auch für seine manchmal ungewollten sonderbar anmutenden Aufritte berühmt. Als er wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl 2012 seine Unterstützung für gleichgeschlechtliche Eheschließungen in einem Interview beinahe beiläufig verkündete, nahm er Obama ungewollt die im Wahlkampf benötigte PR vorweg.

Dennoch genießt Joe Biden in Bevölkerung und Politik hohes Ansehen. Jim Messina, Obamas ehemaliger Wahlkampfberater, sprach sogar von einem der größten Vizepräsidenten aller Zeiten. Folgerichtig wurde Bidens Bewerbung um die demokratische Präsidentschaftskandidatur als logischer nächster Schritt angesehen.

Doch dann trat abermals das Schicksal in negativem Gewand in Bidens Leben ein. Sein Sohn Beau erkrankte und erlag schließlich an einem Krebsleiden, wie eingangs erwähnt. Ein Schock, den Biden bis heute versucht zu verarbeiten.

Unvergessen sein Auftritt bei der Late Night Show von Stephen Colbert, als er vor wenigen Wochen seine Gefühle nicht mehr verbergen konnte. Auch legte er eine Ehrlichkeit an den Tag, die von Politikern der Gegenwart nicht mehr alltäglich ist: „Um ehrlich zu sein, zum jetzigen Zeitpunkt wäre ich nicht bereit für eine Präsidentschaftskandidatur!“

Bidens Familie hat ihm in den vergangenen Tagen die volle Unterstützung für eine mögliche Kandidatur zugesagt. Doch das Zeitfenster für einen erfolgreichen Wahlkampf hat sich nun geschlossen, wie es Biden am Mittwoch im Rose Garden des Weißen Hauses ausdrückte. Wer will schon nach einer langen, erfolgreichen politischen Karriere mit der dritten missglückten Präsidentschaftskandidatur abtreten?

Den letzten Wunsch seines Sohnes wird Joe nicht mehr einlösen können. Zu groß war die Trauer. In 15 Monaten verlässt Joe Biden die große Bühne der (Welt-)Politik. Er hätte der Präsident sein wollen, der eine Art „Mondlandungsprojekt“ im Kampf gegen den Krebs anführt, das den Durchbruch bei der Heilung von Krebs herbeiführt.

Vielleicht setzt er sich nach seiner politischen Karriere in einer anderen Position für dieses Ziel ein. Doch bis dahin wird er sich mit politischen Äußerungen nicht zurückhalten, wie er betonte. Es klang wie eine Drohung an so manchen demokratischen Präsidentschaftskandidaten. Für den Kämpfer ist es erst vorbei, wenn es vorbei ist.


Rede von Joe Biden, dass er nicht kandidieren wird (beginnt ab Minute 7:20):

Interviewausschnitt bei Stephen Colbert:


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