Innerhalb von 52 Vorwahlkampftagen, gleichbedeutend mit 25 abgehaltenen Vorwahlen, entschied Donald Trump die republikanischen Präsidentschaftsvorwahlen für sich. Bei der Demokratischen Partei stand derweil Joe Biden als Amtsinhaber ohne ernstzunehmende innerparteiliche Konkurrenz ohnehin schon als Präsidentschaftskandidat fest.
Gleichwohl die restlichen Vorwahlen bis zum Juni noch pro forma abgehalten werden müssen, beginnt der Hauptwahlkampf doch so frühzeitig wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Damals entschieden nach nur 46 Vorwahlkampftagen und 19 respektive 23 Vorwahlen Al Gore und George W. Bush ihre jeweiligen innerparteilichen Vorwahlen für sich. Die alljährliche Rede zur Lage der Nation von Präsident Biden am 07.03.2024 datierte somit den Beginn des kommenden achtmonatigen (!) Hauptwahlkampfes.
Die Ausgangslage für Präsident Biden
Präsident Biden beginnt den Hauptwahlkampf mit schlechten Umfragewerten. Lediglich 39,2% der US-Amerikaner sind laut den durchschnittlichen repräsentativen Umfragen der wichtigsten Institute mit der Arbeit des 46. US-Präsidenten zufrieden. Trump lag zum gleichen Zeitpunkt seiner Präsidentschaft bei 44,5%. Vizepräsidentin Kamala Harris wird indes noch negativer gesehen.
Landesweite Umfragen zur Präsidentschaftswahl im November, die zum jetzigen frühen Zeitpunkt lediglich als Stimmungsindikator dienen, sind für Präsident Biden ebenso ausbaufähig. Gegenwärtig liegt Präsident Biden im Durchschnitt mit zwei Prozentpunkten gegenüber Trump im Hintertreffen. In den entscheidenden Swing States hat Trump hingegen eine teils deutlichere Führung inne.
Ein Blick auf explizite politische Themen erklärt Präsident Bidens Umfragetief. Laut repräsentativen Umfragen des Pew Research Center beschreiben beispielsweise 78% der US-Amerikaner die illegalen Grenzübertritte von Mexiko in die USA, im Jahr 2023 über drei Millionen, als ein „großes Problem“. 80% der US-Amerikaner, inklusive Mehrheiten von Anhängern beider großer Parteien, stellen der Bundesregierung bei der Lösung der Migrationskrise ein schlechtes Zeugnis aus.
US-Amerikaner haben zudem wirtschaftliche Sorgen: 72% der US-Amerikaner sind auf Grund steigender Lebensmittelpreise sehr beunruhigt, 64% der US-Amerikaner machen sich Sorgen um die Finanzierung ihres Lebensunterhalts. Des Weiteren haben sich seit Amtsantritt von Präsident Biden die Befürchtungen von US-Amerikanern, Opfer eines Kriminaldelikts zu werden, vergrößert.
| Politikbereich | Zustimmung zu Bidens Entscheidungen | Ablehnung zu Bidens Entscheidungen |
|---|---|---|
| Wirtschaft | 40,5% | 57,4% |
| Inflation | 35,7% | 62,5% |
| Kriminalität | 38,3% | 55,0% |
| Migration | 30,6% | 66,0% |
| Außenpolitik | 37,0% | 59,4% |
Infolgedessen sind laut einer repräsentativen Umfrage von The New York Times / Siena nur 18% der US-Amerikaner der Meinung, dass die politischen Entscheidungen von Präsident Biden ihnen persönlich geholfen hätten. 43% der US-Amerikaner sind der Auffassung, dass Bidens Politik ihnen geschadet hätte. Über Trumps Präsidentschaft zwischen 2017 und 2021 urteilen US-Amerikaner freundlicher: 40% gaben an, dass ihnen die Amtszeit des Republikaners persönlich geholfen hätte.
Republikaner sind des Weiteren enthusiastischer bezüglich ihres Kandidaten als Demokraten über Präsident Biden, dessen Nahostpolitik in den eigenen Reihen teilweise als zu freundlich gegenüber Israel kritisiert wird. Präsident Biden wird zudem zunehmend mit Fragen über sein fortgeschrittenes Alter und (möglichen) gesundheitlichen Problemen konfrontiert.
Die Rede zur Lage der Nation
Einen Fauxpass leistet sich das Weiße Haus schon vor Beginn der Rede zur Lage der Nation. Um den von Präsident Biden adressierten Freiheitskampf gegen den Autokraten Vladimir Putin zu unterstreichen, wurden die ukrainische First Lady Olena Zelenska sowie die Witwe von Alexei Nawalny, Julija Nawalnaja, in den U.S. Kongress eingeladen. Zelenska sagte verständlicherweise ab, wollte sie doch nicht neben der Witwe eines russischen Nationalisten und Imperialisten, der die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Krim begrüßte, sitzen. Eine Tatsache, die in Politik und Medien Westeuropas sowie der USA oftmals wegen mangelndem nötigem differenziertem Denken zum Fall Nawalny nicht erkannt wird.
Die Notwendigkeit weiterer US-Hilfen für die Ukraine unterstrich Präsident Biden auch ohne die vom Weißen Haus gewünschten Gäste. Gleich zu Beginn seiner Rede rief Präsident Biden zu einem Kampf gegen die Feinde der Demokratie im In- und Ausland auf. Die USA seien an einem Punkt wie im Jahr 1941 angekommen, so Präsident Biden, als Präsident Franklin D. Roosevelt den U.S. Kongress vor den Gefahren Adolf Hitlers aufwecken wollte. Heutzutage würde eine ähnliche Bedrohung von Putin ausgehen.
Vor diesem Hintergrund seien weitere US-Hilfen für die Ukraine notwendig, so Präsident Biden, um Russland zu stoppen. Dabei machte er, wie in seiner gesamten Rede, die Unterschiede mit seinem „Vorgänger“ deutlich, der Putin in einem Statement ja schon fast zu Invasionen weiterer Länder einlud. Präsident Biden machte zudem Trump, der aus wahlkampftaktischen Gründen agieren würde, für das Scheitern eines Kompromisses zur Eindämmung der Migrationskrise verantwortlich.
62% der US-Amerikaner, welche die Rede zur Lage der Nation im Fernsehen verfolgten, sind der Meinung, dass die Politik von Präsident Biden das Land in die richtige Richtung bewegen wird.
Quelle: CNN / SSRS.
Um die für Demokraten wichtige Wählergruppe von muslimischen und linken US-Amerikanern zu besänftigen, verkündete Präsident Biden die Einrichtung eines temporären Hafens im Gazastreifen, um den Palästinensern mehr humanitäre Hilfen zukommen lassen zu können. Um die Notwendigkeit dieses Vorhabens zu unterstreichen übernahm Präsident Biden die von der islamistischen Terrororganisation Hamas veröffentlichten zivilen Opferzahlen. Ebenso rief er Israel dazu auf, mehr humanitäre Verantwortung zu übernehmen.
Eigene Kernwähler sprach Präsident Biden ebenso an, indem er seine bisherigen Errungenschaften sowie künftigen Pläne in den Bereichen der Klima-, Gesellschafts-, Gesundheits- und Bildungspolitik vortrug. Seine Wirtschaftspolitik verteidigte Präsident Biden, führe diese doch zu einem Aufschwung nach der Pandemie. Präsident Biden warb zudem für Buy American, sprich für Produkte, die „von Amerikaner für Amerikaner in Amerika“ hergestellt werden. Des Weiteren forderte Präsident Biden höhere Steuern für Konzerne und Reiche.
Letztendlich mutierte die Rede zur Lage der Nation zu Präsident Bidens erster Wahlkampfrede im erneuten Duell mit Trump. Durch einen energischen Auftritt mit starker Stimme dürften zumindest für diesen einen Abend die Diskussionen um Präsident Bidens Alter verstummt worden sein. Um die Mehrheit der US-Amerikaner, die Präsident Biden kritisch sehen, für eine weitere Amtszeit zu überzeugen, dürfte die Rede der Lage der Nation jedoch höchstens ein Anfang gewesen sein.
Die republikanische Reaktion
Die offizielle Antwort der Republikanischen Partei auf Präsident Bidens Rede zur Lage der Nation wurde von der Senatorin Katie Britt gehalten. Dabei verkündete die 42-jährige Senatorin aus Alabama typische Positionen ihrer Partei – verpackte diese jedoch in einen zu theatralischen Auftritt.
MAGA Inc., ein Super Pac von Trump, ließ einen Werbespot, der Bidens Alter und Gesundheitszustand adressierte, für 24 Stunden auf den TV-Sendern MSNBC, CNN, Fox News und Newsmax schalten (siehe untenstehendes Video). Der Spot dürfte den Beginn einer Schlammschlacht um das Weiße Haus darstellen.

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