Die Demokratische Partei hat die Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2024 deutlich verloren. In das Weiße Haus zieht nach vierjähriger Unterbrechung wieder der MAGA-Republikaner Donald Trump ein. Bei den Wahlen zum U.S. Senat verloren Demokraten vier Sitze und stellen ab dem 03.01.2025, dem Start der neuen Legislaturperiode, ebenso eine Minderheitsfraktion dar wie weiterhin im U.S Repräsentantenhaus. Was waren die Gründe für das schlechte Abschneiden der Demokraten? Der nachfolgende Beitrag geht auf unaufgeregte, tiefgehende Spurensuche.
Wirtschaftliche Entwicklung
„Ich habe das Amt übernommen, als unsere Wirtschaft in Scherben lag. Heute haben die USA die höchste Wirtschaftswachstumsrate seit der Pandemie, die höchste in der ganzen Welt.“ Ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl warb Präsident Joe Biden mit der wirtschaftlichen Entwicklung, damals noch als Präsidentschaftskandidat seiner Partei, für seine Wiederwahl. In der Tat entwickelte sich die Wirtschaft in den USA nach der Pandemie positiv: Das Bruttoinlandsprodukt wuchs in den vergangenen zwei Jahren konstant zwischen zwei und drei Prozent, die Arbeitslosenquote pendelte sich um die vier Prozent ein.
Doch diese positiven ökonomischen Kennzahlen machten sich bei der Mehrheit der US-Amerikaner auf Grund einer hohen Inflationsrate kaum bemerkbar. Von 7,7 Prozent im Oktober 2022 ging die Preissteigerung zwar zuletzt auf 2,6 Prozent im Oktober 2024 zurück. Doch laut Nachwahlbefragungen von CBS zur Präsidentschaftswahl 2024 gaben drei Viertel der US-Amerikaner an, dass die hohe Inflation eine enorme Herausforderung darstellt(e). An dieser Stelle sei zudem erwähnt, dass die Kostensteigerungen auch durch die zahlreichen von der Biden-Harris-Administration aufgelegten staatlichen Programme herbeigeführt wurden.
Für 81 Prozent der registrierten Wähler stellte die Wirtschaftspolitik ein sehr bedeutendes Thema für ihre Entscheidungsfindung bei der Präsidentschaftswahl 2024 dar. Migration war das zweitwichtigste Thema (61 Prozent).
Quelle: Pew Research Center
Dass Präsident Biden, wie auch VP Harris, die wirtschaftliche Entwicklung überdeutlich positiv darstellten, dürfte für einen Großteil der Wählerschaft weltfremd dahergekommen sein. Dieses mangelnde Verständnis für die ökonomische Lebenswirklichkeit der Mittelschicht sowie herablassende Äußerungen über republikanische Wähler und höhere Kompetenzwerte in der Wirtschaftspolitik für Trump waren die ausschlaggebenden Gründe für die diesjährige Wahlniederlage der Demokraten. Schließlich war laut einer repräsentativen Umfrage von Gallup die Wirtschaftspolitik auf Grund der gegenwärtigen ökonomischen Herausforderungen so bedeutend für die Wahlentscheidung wie nicht mehr seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008.
Nur 42 Prozent aller Wähler waren der Auffassung, dass VP Harris im Wahlkampf ihre wirtschaftspolitischen Pläne ausreichend erklärte.
Quelle: Pew Research Center
Mangelnde Glaubwürdigkeit
Neben der Unzufriedenheit gegenüber der (persönlichen) wirtschaftlichen Entwicklung unter der Biden-Harris-Administration wurde der Demokratischen Partei auch deren mangelnde Glaubwürdigkeit zum Verhängnis: Erst wurde die abbauende mentale und körperliche Fitness des ältesten amtierenden Präsidenten in der Geschichte der USA, übrigens durch mithilfe von freundlich gesinnten Medien, heruntergespielt. Dabei waren die Anzeichen des geistigen und körperlichen Abbaus des Präsidenten offensichtlich wie zahlreiche öffentliche Auftritte Bidens zeigten. Infolgedessen verbrachte Präsident Biden so viele Tage im Urlaub wie kein anderer seiner Vorgänger in der jüngeren Geschichte (auch hierüber wurde kaum berichtet).
Erst im Sommer des Wahljahres wurde Präsident Biden von seinen Parteikollegen, allen voran von Nancy Pelosi, öffentlich dazu gedrängt seine Wiederwahlambitionen aufzugeben. Vorausgegangen war eine so schlechte Fernsehdebatte des 81-Jährigen Demokraten gegen Trump, welche es seinen Parteikollegen nicht mehr erlaubte Präsident Biden weiter zu verteidigen. Durch diese 180° Wende verloren Demokraten auch jegliche Glaubwürdigkeit hinsichtlich ihrer Warnungen, dass mit einer Rückkehr Trumps in das Weiße Haus die Demokratie in Gefahr stünde.
Falsche Präsidentschaftskandidatin
Mit der abrupten und unfreiwilligen Beendigung der Wiederwahlkampagne von Präsident Biden folgte die nach US-amerikanischen Standards, da ohne offene Vorwahlen, wenig demokratische Entscheidung VP Harris in das Rennen um das Weiße Haus zu schicken. Die Inthronisierung von Harris, die unbeliebteste Vizepräsidentin seit Beginn der Umfrageaufzeichnungen, als demokratische Präsidentschaftskandidatin hatte zur Folge, dass sich nicht der bei der demokratischen Basis beliebteste Kandidat mit dem populärsten Wahlprogramm durchsetzen konnte. Vielmehr wurde im Verlauf des Wahlkampfs deutlich, dass VP Harris, wie schon bei ihrer Teilnahme an den demokratischen Vorwahlen 2019/2020, nur ausbaufähige Qualitäten als Wahlkämpferin aufweist.
Des Weiteren stellte VP Harris, die aus San Francisco stammt, ein Symbol der liberalen Großstadtelite dar, die mit den Realitäten außerhalb der Ballungszentren wenig gemein hat. Der Unterschied zwischen VP Harris und Trump, die beide aus einem privilegierten Elternhaus stammen, auch wenn VP Harris und ein Großteil der Medien das Märchen einer mittelständischen Herkunft verbreiteten, wurde offenbar, als sich die Demokratin auf dem Titelbild des Modemagazins Vogue abbilden ließ. Trump mimte derweil einen bürgernahen Kandidaten, indem er seinen Wahlkampf in einen McDonald’s verlegte und als Müllmann auftrat.
Mit ihrem elitären Auftreten ist es nicht verwunderlich, dass VP Harris die Arbeiterschaft, eine wichtige Wählergruppe der Demokraten, nicht von ihrer Kampagne überzeugen konnte. Ein Mangel an politischen Inhalten und einem unsicheren Auftreten, David Axelrod (ehemaliger Wahlkampfmanager von Barack Obama) warf ihr das andauernde Verbreiten von „Wortsalat“ vor, rundeten das Bild einer falschen demokratischen Kandidatin zu einem falschen Zeitpunkt ab.
Falscher Vizepräsidentschaftskandidat
Tim Walz ging im Sommer 2024 viral, als er das republikanische Ticket als „seltsam“ bezeichnete. Es folgte die Nominierung von Walz als Vizepräsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei. Als Gouverneur von Minnesota sollte er einerseits den Rust Belt, auch bekannt als die „blaue Wand“, für VP Harris gewinnen. Andererseits sollte dessen VP-Kandidatur muslimische und progressive US-Amerikaner besänftigen, die bei einer Nominierung des jüdischen Gouverneurs von Pennsylvania, Josh Shapiro, dem demokratischen Ticket noch skeptischer gegenübergestanden hätten. Doch Walz blieb während des gesamten Wahlkampfes nicht nur blass, auch bot er für Republikaner eine leichte Angriffsfläche auf Grund seiner linksliberalen Bilanz in Minnesota.
Keine konsistente Wahlkampfbotschaft
Ein weiteres Problem für die Kampagne von VP Harris stellte eine nicht konsistente Wahlkampfbotschaft dar. Während Präsident Biden noch das Thema der Bewahrung der Demokratie auf die Agenda setzte, ging VP Harris hierauf zunächst nicht ein. Vielmehr warb VP Harris mit dem Slogan „A New Way Forward“ („Ein Neuer Weg nach Vorne“) für sich.
Als dieses Motto nicht verfing, schließlich gehört Harris als Vizepräsidentin ja der amtierenden demokratischen Administration an, wurde mit dem wenig konkreten „Joy“ („Freude“) geworben. Es folgte der Wechsel zum Slogan „Freedom“ („Freiheit“), ohne jedoch auch in diesem Bereich konkret zu werden. In den letzten Wochen vor der Wahl warnte VP Harris, wie zuvor Präsident Biden, vor einer Gefahr für die Demokratie durch Trump. Drei Tage vor der Wahl nannte VP Harris bei ihren Wahlkampfaufritten ihren republikanischen Kontrahenten jedoch nicht einmal mehr beim Namen…
Konklusion
Die Niederlage der Demokratischen Partei bei der Präsidentschaftswahl 2024 war nicht unvermeidbar. Zwar weiß Trump eine große, loyale Basis hinter sich. Doch alleine seine Nicht-Anerkennung des Wahlergebnisses aus dem Jahr 2020 hätte ihn für eine weitere Amtszeit disqualifizieren müssen. Doch einerseits wurden die Warnungen, dass Trump eine Gefahr für die Demokratie darstellen würde, in Dauerschleife seit dem Jahr 2016 verbreitet. Die Botschaft konnte so im Jahr 2024 kaum mehr durchdringen. Des Weiteren erkannten Demokraten die Bedeutung der Wirtschaftspolitik für die Wählerschaft nur teilweise an.
Des Weiteren wählten Demokraten ihre Präsidentschaftskandidatin unter den größtmöglichen unglücklichen Umständen aus. Zunächst versammelte sich die Partei hinter ihrem Präsidenten, um diesen vier Monate vor der Wahl zur Beendigung seiner Kandidatur zu bewegen. Eine freie Vorwahl fand somit nicht statt, so dass die unbeliebte Vizepräsidentin übernahm. Es folgte eine schlecht ausgearbeitete Kampagne, die VP Harris zunächst von den Medien abschirmte. Als ein Austausch mit Medien erfolgte, hatte VP Harris keine klaren politischen Botschaften zu verbreiten. Die Niederlage bei der Präsidentschaftswahl, gepaart mit den Verlusten bei den Wahlen zum U.S. Kongress, lässt die Demokratische Partei mit einem personellen Vakuum zurück. Es ist auch der Chance für einen Neuaufbau – personell wie programmatisch.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken.
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