Die Spannung steigt im US-Vorwahlkampf. Wenige Wochen vor den ersten Urnengängen stehen die Kandidaten unter enormen Druck. Ein schlechtes Abschneiden in Iowa und/ oder New Hampshire könnte schon das Ende zahlreicher Kampagnen bedeuten.
Auf dem Weg dorthin intensiviert auch #Blog1600Penn die Intensität und konnte eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet US-amerikanischer Politik gewinnen: Dr. Thomas Greven. Der Politikwissenschaftler lehrt unter anderem am John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der Freien Universität Berlin.
Doch damit nicht genug: Dr. Thomas Greven kennt den demokratischen Aufsteiger des Jahres, Bernie Sanders, aus nächster Nähe! Mitte der 1990er Jahre war Dr. Greven nämlich Congressional Fellow der American Political Science Association im Büro von Sanders.
In „HIGH FIVE – Das Interview“ sprach #Blog1600Penn mit Dr. Thomas Greven über Präsident Obama, Sanders, den Flüchtlingsströmen in Europa und vieles mehr. Viel Spaß!
Die politische und gesellschaftliche Polarisierung nimmt in den USA seit Jahrzehnten zu. Barack Obama ist – wie viele seiner Vorgänger – angetreten, das Land zu einen. Ein Jahr vor Ende seiner Präsidentschaft ist die Polarisierung jedoch auf ihrem vorläufigem Höhepunkt angekommen. Hatte Obama überhaupt eine Chance sein ehrgeiziges Ziel zu erreichen?

Dr. Thomas Greven
Dr. Thomas Greven: Angesichts der Ängste in großen Teilen der weißen Bevölkerungsmehrheit hatte er tatsächlich kaum eine Chance. Barack Obama hat kein „post-rassistisches Zeitalter“ einläuten können, wie anfangs von einigen Beobachtern vermutet oder erhofft wurde, sondern seine Hautfarbe (und sein Name) haben zur weiteren Polarisierung eher beigetragen, obwohl er die Ängste der weißen Mehrheit ernstgenommen und keine Politik zugunsten von Minderheiten verfolgt hat.
Unverhofft mischt Bernie Sanders den demokratischen Vorwahlkampf, wenngleich kaum Chancen auf die Nominierung, auf. Welchen Zauber hat Bernie inne, dass er zum größten innerparteilichen Konkurrenten von Hillary Clinton heranwachsen konnte?
Greven: Er ist authentischer als Hillary Clinton und vertritt einen ökonomischen Populismus, der den Linken in der Demokratischen Partei aus der Seele spricht. Vermutlich kann er beides nur deshalb durchhalten, weil er weiß, dass er nicht der Kandidat sein wird.
Europa wurde 2015 mit der größten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert. Welchen Stellenwert haben die Flüchtlingsströme – und deren Ursachen – im politischen und gesellschaftlichen Diskurs der USA?
Greven: Keinen großen Stellenwert. Vor dem Hintergrund von Anschlägen gibt es aber Abwehrreflexe. Bezüglich Migration sind die USA vollauf mit derjenigen aus Lateinamerika beschäftigt.
Welche Themen werden den Wahlkampf prägen?
Greven: Vor allem die psychologische Situation der weißen Bevölkerungsmehrheit wird den Wahlkampf bestimmen. Deren Verlust-Ängste werden von zahlreichen Faktoren ausgelöst (Immigration, Terror, wirtschaftliche Situation etc.). Doch es steht zu befürchten, dass diese nicht in erster Linie als Themen ernsthaft diskutiert werden, sondern nur reflexhaft beziehungsweise emotional.
Ihr Tipp: Welches Duell werden wir bei der Präsidentschaftswahl 2016 erleben?
Greven: Hillary Clinton gegen den großen republikanischen Unbekannten…
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Kai-Uwe Hülss.
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