Kulturkampf in den USA: Pro-Life vs Pro-Choice

Anfang Mai wurde ein Entwurf der Mehrheitsmeinung der Richter am Obersten Gerichtshof an die Öffentlichkeit durchgestochen, der die bestehende Abtreibungsregelung in den USA ändern könnte. Das Thema wird in den USA ebenso emotional diskutiert wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Fakten rücken dabei oftmals in den Hintergrund. „1600 Pennsylvania“ gibt euch infolgedessen unaufgeregte Informationen zum Kulturkampf in den USA zwischen Lebensschützern und Frauenrechtlern/ Abtreibungsbefürwortern. 

Wie sieht das gegenwärtige Abtreibungsrecht aus?

Abtreibungsgesetzgebung in Europa und in den USA im Vergleich.

Seit dem Grundsatzurteil Roe vs Wade des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1973 sind landesweit Schwangerschaftsabbrüche bis zur Überlebensfähigkeit des Fötus erlaubt. Dies bedeutet explizit, dass Abtreibungen bis zur 23./24. Schwangerschaftswoche, sprich bis zum sechsten Schwangerschaftsmonat, legal sind. 

Im Vergleich hierzu sind Abtreibungen in Deutschland laut § 218 Strafgesetzbuch rechtswidrig. Unter bestimmten Umständen sind Schwangerschaftsabbrüche allerdings bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei. Eine vorherige Beratung bei einer anerkannten Stelle ist gesetzlich vorgeschrieben. Die deutsche Gesetzgebung würde im liberalen Amerika schon nahezu als Verbot angesehen werden (siehe Grafik).

Wie viele Abtreibungen gibt es in den USA?

Laut der Gesundheitsbehörde CDC wurden im Jahr 2019 (erstes Jahr vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie) 629.898 legale Abtreibungen in den USA durchgeführt. Die Abtreibungsrate lag bei 11,4 Schwangerschaftsabbrüchen pro 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter. Laut Forbes werden 93 Prozent aller Abtreibungen in den USA im ersten Trimester durchgeführt. In Deutschland finden im Durchschnitt jährlich 100.000 Abtreibungen statt. 

Weshalb befasst sich der Supreme Court erneut mit der Abtreibungsfrage?

Der Oberste Gerichtshof befasst sich mit dem Abtreibungsrecht, da der Bundesstaat Mississippi ein Gesetz erlassen hat, welches (die meisten) Schwangerschaftsabbrüche ab der 15. Woche verbietet und damit das Grundsatzurteil Roe vs Wade in Frage stellt. Weitere konservative Bundesstaaten folgten diesem Beispiel, um die bislang landesweit geltende liberale Gesetzgebung herauszufordern. Mit einer Urteilsverkündung im Fall Dobbs vs Jackson Women’s Health Organization wird für Juni 2022 gerechnet.

Welche Konsequenzen könnte ein Urteil zugunsten des Bundesstaates Mississippi haben?

Entgegen einigen Medienmeldungen und Verlautbarungen von Politikern kann und wird das Recht auf Abtreibung im gegenwärtigen Prozess vom Supreme Court nicht gekippt werden. Beim laufenden Verfahren geht es nämlich explizit um die Kompetenzen der einzelnen Bundesstaaten in der Abtreibungsgesetzgebung. Sollte der Oberste Gerichtshof indirekt Roe vs Wade einkassieren, kann jeder Bundesstaat selbst über seine Abtreibungsgesetzgebung entscheiden.

Es darf damit gerechnet werden, dass konservative Bundesstaaten das Abtreibungsrecht bei solch einem Urteilsspruch im Vergleich zur bisherigen vergleichsweise sehr liberalen Regelung einschränken werden. 22 Bundesstaaten haben gegenwärtig eine Gesetzgebung, welche das Abtreibungsrecht ohne Roe vs Wade beschränken würde (siehe Grafik von CNN).

16 Bundesstaaten schützen hingegen schon jetzt auch ohne Roe vs Wade per Landesgesetz den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. In vier Bundesstaaten plus Washington D.C. besagt die Gesetzgebung, dass Abtreibungen sogar in jeder Phase der Schwangerschaft legal sind. 

Wie steht die Bevölkerung zum Abtreibungsrecht?

Die Einstellung der US-Amerikaner zu Abtreibungen hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Laut der jährlich durchgeführten repräsentativen Umfrage von Gallup identifizieren sich 49 Prozent der US-Amerikaner als „Pro-Choice“ (Abtreibungsbefürworter) und 47 Prozent der Bevölkerung als „Pro-Life“ (Lebensschützer). Fünf Prozent der Befragten haben keine Meinung. Republikaner identifizieren sich überproportional häufig als Lebensschützer, Demokraten setzen sich in der Regel für das Abtreibungsrecht ein.

Die Einordnung in ein Lager ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der dazugehörigen Maximalforderung (komplettes Abtreibungsverbot vs Schwangerschaftsabbrüche bis kurz vor der Geburt). Dementsprechend befürworten die meisten US-Amerikaner Abtreibungen mit Einschränkungen.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Pew Research Centers befürworten 61 Prozent der US-Amerikaner Abtreibungen in den meisten Fällen, 37 Prozent der Bevölkerung lehnen hingegen Schwangerschaftsabbrüche in den meisten Fällen ab. 19 Prozent der US-Amerikaner setzen sich für Abtreibungen in allen Fällen, sprich auch bis kurz vor der Geburt ein. Acht Prozent der Bevölkerung lehnen Abtreibungen komplett ab.

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Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Wörtern wird in der Regel die männliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

Herschel Walker rennt wieder

Ausverkauftes Stadion. Totenstille. Die Fans des heimischen Teams warten den nächsten Spielzug ihres American Football Teams ab. Die Mannschaft benötigt Ruhe, um ihren Spielzug besprechen zu können. Die Spieler gehen in Position. Der Quarterback bekommt den Ball, gibt sofort an den Runningback ab. Dieser durchbricht gekonnt die Verteidigung und läuft in die Endzone. Touchdown! Das Stadion tobt.

Eine Szene, welche die NFL-Legende Herschel Walker noch gut in Erinnerung haben wird. Denn gleich 61 Touchdowns lieferte der einstige Runningback zwischen 1983 und 1997 für seine Teams der Dallas Cowboys, Minnesota Vikings, Philadelphia Eagles und der New York Giants ab. In den Jahren 1987 und 1988 wurde Walker sogar in den Pro Bowl, dem alljährlichen All-Star-Game, gewählt.

Der im Jahr 1962 in Wrightsville, Georgia, geborene Walker war ein Ausnahmesportler. Die 100 Meter absolvierte er in 10,22 Sekunden, schaffte sogar fast die Olympia-Teilnahme als Staffel-Läufer. Die Olympischen Spiele mussten dennoch nicht ohne Walker auskommen: 1992 nahm er an den Winterspielen in Albertville teil. Er wurde siebter im Zweierbob. Einen schwarzen Gürtel im Taekwondo trägt er zudem. Für die koreanische Kampfkunst ist Walker durch seine Schnelligkeit und Kraft wie geschaffen.

Diese Stärke wurde in der Vergangenheit jedoch schon des Öfteren zu seiner größten Schwäche. Walker wird nämlich mehrfache Gewaltanwendung vorgeworfen. Beispielsweise soll Walker seine Ex-Frau mit einer Pistole an ihrem Kopf bedroht und gesagt haben, dass er ihr „Gehirn herausblasen“ will. Bei Walker wurde eine dissoziative Identitätsstörung diagnostiziert.

Dies bedeutet, dass verschiedene Persönlichkeitszustände die Kontrolle über seine Handlungen, Gedanken und Gefühlen übernehmen. Diese Erfahrungen verarbeitete Walker in seinem 2008 veröffentlichten Buch „Breaking Free: My Life with Dissociative Identity Disorder“. Heute kann Walker laut eigener Aussage mit der Krankheit gut leben.

Weniger gut leben kann der republikanische Minderheitsführer im U.S. Senat, Mitch McConnell, mit der Situation, dass Walker sich nun für die republikanischen Vorwahlen zur Senatswahl im Bundesstaat Georgia für das nächste Jahr registriert hat. Auf Grund seines Bekanntheitsgrades gilt Walker als Favorit auf die Kandidatur, so dass er im November 2022 den amtierenden demokratischen U.S. Senator Reverend Raphael Warnock herausfordern würde. McConnell versucht derweil die ehemaligen Senatoren Kelly Loeffler und David Perdue für eine Teilnahme an den Vorwahlen zu gewinnen. Doch ob diese sich gegen Walker durchsetzen könnten gilt als fraglich.

Hinzukommt, dass Walker mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump die wohl derzeit wichtigste Unterstützung innerhalb der Republikanischen Partei genießt. Walker und Trump kennen sich schon seit den 1980er Jahren. Bevor Walker seine NFL-Karriere startete, lief er für die New Jersey Generals auf, einem Team in der zeitweiligen United States Football League. Im zweiten Jahr für die Generals wurde die Franchise von Trump übernommen. 1984 stattete Trump Walker mit einem lukrativen Vertrag aus, da dieser unter anderem die meisten Yards der Liga erlief.

Wäre es nicht fantastisch, wenn der legendäre Herschel Walker für den United States Senat in Georgia kandidiert? Er wäre unstoppbar, genauso wie damals als er für die Georgia Bulldocks und als er in der NFL gespielt hat. Außerdem ist er eine großartige Persönlichkeit.
(Donald Trump über Herschel Walker)

Trumps Unterstützung für Walker ist indes keine Einbahnstraße. Walker bekannte sich frühzeitig zum 45. US-Präsidenten, unterstützte diesen auch bei dessen – unberechtigten – Manipulationsvorwürfen zur Präsidentschaftswahl 2020. Bei der republikanischen Basis kommt dies gut an. Doch ein Wahlkampf gegen den Demokraten Warnock verspricht auch höchste Polarisierung und somit Wählermobilisierung beider Seiten.

Negative Auswirkungen könnte für Walker zudem haben, dass er erst wieder in seinen Heimatbundesstaat zurückgekehrt ist, als er seine Senatskandidatur in Betracht zog. Zuvor lebte Walker Jahrzehnte in Texas, dem Staat, der ihn bei den Dallas Cowboys zu einer NFL-Größe heranwachsen ließ. Neben diesem Punkt, Walkers Krankheit und Trumps Unterstützung, welche positive wie negative Effekte hat, merkt McConnell Walkers politische Unerfahrenheit als negatives Argument für dessen Kandidatur an.

Weshalb der republikanische Minderheitsführer im U.S. Senat ein derart großes Interesse an dieser Wahl hat, ist offensichtlich: Republikaner müssen im nächsten Jahr nur einen Sitz hinzugewinnen, um die Mehrheit im U.S. Senat zu stellen. Der Fokus wird hierbei primär auf Georgia liegen, da Demokraten 2020 bei der Präsidentschaftswahl und bei den Senatswahlen nur hauchdünn gewannen. Es ist der Staat, den Experten wie Politiker als am stärksten umkämpft einschätzen.

Nach seiner atemberaubenden Sportkarriere liegt auf Herschel Walker nun extremer politischer Druck. Kann er mit diesem, auch im Hinblick auf seine Gesundheit, umgehen? Im Englischen spricht man bei einer Kandidatur für ein bestimmtes Amt von „running for“, eins zu eins übersetzt also „rennen für“. Vor diesem Hintergrund ist Walkers Wahlkampfmotto „Laufe. Kämpfe. Gewinne.“ doppeldeutig zu verstehen. Ob er diesmal auch die Defensive des Gegners, ergo der Demokratischen Partei, durchbrechen kann wie einst als Runningback?

https://twitter.com/HerschelWalker/status/1430567635054387201

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Diese Republikaner haben das Weiße Haus im Blick

Die erste parlamentarische Sommerpause in der Ära Joe Biden rückt näher. Wenn die Mitglieder des U.S. Kongresses danach wieder ihre Arbeit aufnehmen, werden die Chancen auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien weiter abnehmen. Die Zwischenwahlen im November 2022, deren Vorwahlen zu Beginn des neuen Jahres stattfinden, werden nämlich für die Politiker in den Fokus rücken.

Eine Begebenheit, die auch für potentielle Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2024 von hoher Bedeutung ist. Wer ein Blick auf das Weiße Haus geworfen hat, unterstützt nun Parteikollegen im Wahlkampf. Die Zwischenwahlen werden von den Politikern zudem dafür genutzt, Botschaften bei der Wählerschaft zu testen und für einen höheren Bekanntheitsgrad in den frühen Vorwahlstaaten zu sorgen.

„1600 Pennsylvania“ stellt euch eine Auswahl an Republikaner vor, die durch ihre Handlungen schon jetzt ein ernsthaftes Interesse an einer Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2024 bekundet haben.

Ron de Santis, Gouverneur Florida

Ron de Santis ist der Mann der Stunde in der Republikanischen Partei. Der 42-jährige Gouverneur von Florida ist loyal zum weiterhin einflussreichen ehemaligen Präsidenten Donald Trump und vertritt weitestgehend dessen politische Einstellung. De Santis tritt jedoch weitaus disziplinierter auf und setzte mit einer weniger restriktiven Pandemiepolitik als Präsident Biden ein Zeichen. Bei der republikanischen Basis kommt diese Kombination so gut an, dass de Santis repräsentative Umfragen zur republikanischen Vorwahl 2024 derzeit anführt – sofern Trump nicht zur Auswahl steht. De Santis‘ Popularität bei der Basis kam bei Trump zuletzt weniger gut an.

Mike Pence, Ehemaliger Vizepräsident

Mike Pence steht als Vizepräsident unter Trump einerseits für dessen politisches Programm. Andererseits hat sich Pence am Rande der Erstürmung des U.S. Kapitols von den antidemokratischen Tendenzen seines einstigen Chefs abgesetzt. Die Hardcore-Trumpisten hat Pence somit vergrault, für klassisch konservative Republikaner ist er jedoch gut wählbar. Der ehemalige Gouverneur von Indiana stellt somit eine traditionell konservative Alternative zum 45. US-Präsidenten und dessen Nachfolgern im Geiste dar.

Nikki Haley, Ehemalige Botschafterin bei den UN

Für zwei Jahre amtierte Nikki Haley als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen. Haley schaffte, insbesondere mit ihrem Rückzug aus der Trump-Administration, die Quadratur des Kreises, indem sie sich einerseits von Trump distanzierte, andererseits diesen nie in Missmut brachte. Haley ist mit Kritik an der Demokratischen Partei und der Biden-Administration stark medial präsent.

Mike Pompeo, ehemaliger Aussenminister

Der ehemalige Kongressabgeordnete Mike Pompeo erlebte unter Präsident Trump einen rasanten Aufstieg. Zunächst amtierte der 57-Jährige als Direktor der CIA, später als Außenminister. Pompeo macht keinen Hehl daraus, dass er einen Blick auf das Weiße Haus geworfen hat. Seit Beginn des Jahres tourt er vorwiegend durch die frühen Vorwahlstaaten. Selbst den Staat Israel besuchte Pompeo nach Absprache mit dem US-Außenministerium nach seiner Amtszeit, um seine Kontakte in den Nahen Osten zu vertiefen und an die eigenen außenpolitischen Erfolge zu erinnern.

Kristi Noem, Gouverneurin South Dakota

Kristi Noem gilt als loyal zu Trump. Selbst dessen unbegründete Wahlbetrugsvorwürfe verteidigt(e) Noem vehement. Noems politischer Aufstieg begann mit der Tea-Party-Bewegung in der Ära Obama, als sie 2010 in das U.S. Repräsentantenhaus gewählt wurde. Seit 2019 amtiert Noem als Gouverneurin von South Dakota. Die strikte Gegnerin von Abtreibungen und gleichgeschlechtlichen Eheschließungen erließ die geringsten Einschränkungen aller US-Bundesstaaten während der Coronavirus-Pandemie. Noem hat schon mehrmals den frühen Vorwahlstaat New Hampshire besucht.

Larry Hogan, Gouverneur Maryland

Das Gegenbeispiel zu Noem ist der Gouverneur des bei Präsidentschaftswahlen traditionell demokratisch wählenden Maryland, Larry Hogan. Der 65-Jährige gilt als Trump-Kritiker von der ersten Stunde an. Hogan verkörpert einen moderaten Politikstil, der durchaus auch gewillt ist, mit der konkurrierenden Partei zusammenzuarbeiten. Unter dem Motto „An America United“ bekämpft Hogan die politische Spaltung in den USA und wirbt für einen Mittelweg.

Josh Hawley, U.S. Senator

Seit 2019 vertritt Josh Hawley seinen Bundesstaat Missouri im U.S. Senat. Der erst 41 Jahre junge Hawley verbindet den Trumpismus und Populismus so gut wie kein anderer Senator. Hawley votierte als einziger U.S. Senator gegen jeden der von Präsident Biden vorgeschlagenen Kabinettsmitglieder. Hawley hat sich den Kampf gegen die aufstrebende Supermacht China sowie gegen große Technologieunternehmen auf die Fahnen geschrieben. Insbesondere die seiner Meinung nach politische Voreingenommenheit der Sozialen Medien will er brechen. Bei Trump, dessen Accounts auf Facebook und Twitter gesperrt wurden, steht Hawley damit hoch im Kurs.

Tom Cotton, U.S. Senator

Mit seinen 44 Jahren vertritt Tom Cotton ebenso die junge Generation sowie den Trumpismus im U.S. Senat. Jedoch ist Cotton weitaus disziplinierter als Trump und weniger populistisch als Hawley. Cotton tritt für einen starken Konservatismus ein. Für landesweite Aufmerksamkeit sorgte ein Gastbeitrag des Senators für Arkansas in der New York Times, in dem er für den Einsatz des Militärs im Inland bei Unruhen plädierte.

Donald J. Trump, ehemaliger Präsident

Das Feld der potentiellen republikanischen Präsidentschaftskandidaten ist jedoch so lange weitestgehend eingefroren, wie Donald Trump sich nicht zu seiner politischen Zukunft geäußert hat. In einem Interview mit Sean Hannity teilte der 45. US-Präsident zwar mit, dass er eine Entscheidung diesbezüglich getroffen habe. Wie diese aussieht und wann Trump seine Pläne öffentlich macht, ist jedoch noch nicht bekannt. Sicher ist nur, dass Trump wieder vermehrt Wahlkampfveranstaltungen abhalten wird, um ihm treue Republikaner bei den Zwischenwahlen zu unterstützen. Trump stellt nach wie vor den dominanten Faktor in der Republikanischen Partei dar.

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Loyalität First

„Frage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst.“ Diese Worte von Präsident John F. Kennedy sollten US-Amerikaner unter anderem einst auf dessen Kurs gegenüber der UdSSR einstimmen. Es ist jedoch auch ein Zitat, welches die US-amerikanische Mentalität bestens beschreibt: Jede Person, die hart arbeitet, kann im Land der unbegrenzten Möglichkeiten alles erreichen.

Der gegenwärtige US-Präsident Joe Biden stimmt dem nur bedingt zu. Das Sozialsystem soll ausgebaut werden, insbesondere Minderheiten, Frauen und Kinder vermehrt von staatlicher Unterstützung profitieren. Ein Kindergeld soll ebenso eingeführt werden wie eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und das Recht auf Elternzeit. Der bei US-Amerikanern bislang traditionell beliebte schlanke Staat soll sozialdemokratisiert, ausgebaut werden.

Für die Partei Ronald Reagans, der in einem starken Staat das Problem schlechthin sah, eigentlich eine Steilvorlage, um aus der Opposition heraus nachhaltig auf sich aufmerksam zu machen. Doch die Jahre unter der Führung von Donald Trump, der einige republikanische Prinzipien über Bord warf, gingen an der Grand Old Party nicht spurlos vorbei. Die Auseinandersetzung zwischen Traditionalisten und Trumpisten ist – erneut – offen entbrannt.

Exemplarisch gilt hierbei der Machtkampf um den GOP conference chair, dem dritthöchsten Amt der Partei im U.S. Repräsentantenhaus. Liz Cheney, Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick, gehört zwar zum republikanischen Establishment. Die einflussreiche konservative Denkfabrik Heritage Action gibt ihr zudem ein gutes Rating von 82 Prozent.

Doch Cheney kritisierte in den vergangenen Monaten kontinuierlich Trumps Wahlfälschungstheorien, machte ihn für den Sturm auf das U.S. Kapitol mitverantwortlich. Obwohl sie während Trumps Präsidentschaft mit 93 Prozent seiner Anliegen im U.S. Repräsentantenhaus stimmte, wird ihr das Aussprechen von Wahrheiten als mangelnde Loyalität ausgelegt und somit zum Verhängnis.

Die Fraktion der Republikanischen Partei im U.S. Repräsentantenhaus plant Cheney nun mit Elise Stefanik zu ersetzen. Eine rising star, der von Heritage Action zwar lediglich ein Rating von 56 Prozent bescheinigt wird und nur 78 Prozent aller Trump-Anliegen unterstützte, jedoch den 45. US-Präsidenten während der beiden Impeachments vehement verteidigte.

In der Republikanischen Partei nach Trump ist Loyalität zum Ex-Präsidenten nach wie vor von höherer Bedeutung als die politische Einstellung. Die Grand Old Party sucht weiterhin nach ihrem politischen Weg, nach ihrer zukünftigen Ausrichtung. Joe Biden, der das Land so stark progressiv umbauen will wie zuletzt Franklin D. Roosevelt, kann dies nur Recht sein.

Der Sport ist (nicht) politisch

Die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika ist auch eine Geschichte des Kampfs gegen  Rassismus. War die Haltung von dunkelhäutigen Sklaven bei Staatsgründung im Jahre 1776 noch an der Tagesordnung, zerbrach die Staatenunion an dieser Frage knapp hundert Jahre später. Der Sezessionskrieg zwischen 1861 und 1865 folgte.

Nachdem sich die Vereinigten Staaten um Präsident Abraham Lincoln durchsetzten, wurde die Sklaverei offiziell abgeschafft – zumindest auf dem Papier. Praktisch dauerte es jedoch weitere hundert Jahre, bis Afroamerikaner der weißen Mehrheit gleichgestellt wurden. Im Civil Rights Act von 1964 setzte sich die afroamerikanische Bürgerbewegung mit ihren Forderungen größtenteils durch. Die Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder nationaler Herkunft wurde gesetzlich verboten.

So fortschrittlich die Gesetzgebung, so viel Arbeit liegt auch im Jahr 2020 noch vor Politik, Medien und Bildungsinstituten den teils noch weiterhin verbreiteten Rassismus aus den Köpfen zu bringen. Die Überwindung des strukturellen Rassismus gilt zudem als eine der bedeutendsten Aufgaben in den USA für die kommenden Jahre oder gar Jahrzehnte wie auch Knut Dethlefsen von der Friedrich-Ebert-Stiftung im Gespräch mit „1600 Pennsylvania“ feststellte (Interview klick hier).

NFL-Statement gegen Rassismus erntet in Kansas City Kritik

Die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeibeamte im Mai diesen Jahres offenbarte einmal mehr das Grundproblem innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass sich auch der Sport mit der Thematik des Rassismus vermehrt auseinandersetzt.

Beim Auftaktspiel zur neuen Saison der NFL, der weltweit besten American Football Liga, zwischen den Kansas City Chiefs und den Houston Texas organisierten die Verantwortlichen ein Zeichen gegen die Missstände in den USA. Vor Beginn des Spiels trafen sich beide Mannschaften in der Spielfeldmitte, hakten sich einander unter und schwiegen. Die Anzeigetafel ließ die Sätze „Wir müssen Rassismus beenden“ sowie „Wir müssen Polizeigewalt beenden“ verlautbaren.

Unterstützenswerte Botschaften. Doch dies sah ein lautstarker Teil der 16.000 Zuschauer im Arrowhead Stadium, auf Grund der Covid19-Pandemie sind nicht mehr Personen zugelassen, anders. Die Fans ließen ihren Unmut über die Aktion in einem gellenden Pfeifkonzert freien Lauf. Über die Gründe für diese Reaktion kann freilich lediglich spekuliert werden:

Verschiedene Gründe für Missfallen

Einerseits könnten die Zuschauer mit der Botschaft nicht einverstanden gewesen sein. Die ländliche Gegend um Kansas City, im Mittleren Westen gelegen, zählt als Hochburg der Republikanischen Partei und Präsident Trump. Eine Wählergruppierung, die bedingungslos hinter der Polizei steht. Personen, die sich während der Coronavirus-Pandemie in Stadien begeben, dürften zudem eine gewisse Nähe zur Grand Old Party aufweisen.

Andererseits könnten Football-Fans von der zunehmenden Politisierung ihres Sports genervt gewesen sein. War es einst die Regel, dass der Sport eine weitestgehend entpolitisierte Zone ist, hat der Vorsitzende des Verbandes, Roger Goodell, sich für dieses Verhalten zuletzt sogar entschuldigt. Den Spielern solle friedlicher Protest während der Spiele ermöglicht werden.

Dies war nicht immer so wie das Beispiel Colin Kaepernick zeigt. Der einstige Quarterback der San Francisco 49ers war der erste Spieler, der sich im Jahr 2016 während des Abspielens der Nationalhymne hinkniete um gegen Rassismus zu demonstrieren. Infolgedessen wurde Kaepernicks Vertrag nicht verlängert. Bis heute ist der einstige Star-Quarterback vereinslos. Viele weitere Spieler mussten Kaepernicks Weg mitgehen.

Sportverbände warten mit Doppelmoral auf

Vor diesem Hintergrund ergibt sich ein dritter Erklärungsansatz. Die Zuschauer könnten sich schlichtweg gegen die Doppelmoral des Verbandes ausgesprochen haben. Auf der einen Seite wird den Spielerprotesten, gleich wie despektierlich dieser auch sein mag, die gesamte Mannschaft der Houston Texans blieb beispielsweise beim Abspielen der Hymne in der Kabine, freier Raum eingeräumt.

Auf der anderen Seite finden Spieler, die sich zuerst gegen Ungleichbehandlung von farbigen Personen in der US-amerikanischen Gesellschaft aussprachen, keinen Verein mehr. Für diese Theorie spricht des Weiteren, dass in den vergangenen Jahren die Einschaltquoten stetig zurückgegangen sind.

Es ist eine Doppelmoral, für welche die NFL kein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Die NBA war die erste Liga, die sich nach dem Re-Start in diesem Jahr öffentlichkeitswirksam gegen Missstände in den USA aussprach. Als im August ein Afroamerikaner bei einem Polizeieinsatz mehrmals in den Rücken geschossen wurde, weigerten sich die Spieler gar das Achtelfinale wie geplant auszuspielen.

Weniger Rückgrat zeigte die Basketball-Community, die NBA lässt jedes Jahr mehrere Spiele in China austragen, indes ein Jahr zuvor in Bezug auf die Menschenrechtssituation im Reich der Mitte. Als sich Daryl Morey, General Manager der Houston Rockets mit der Menschenrechtsbewegung in Hongkong solidarisierte, nahm dieser nach Kritik Chinas seine Meinungsäußerung wieder zurück. Selbst die NBA äußerte zunächst ihr Bedauern für die Aussage. Auf Druck von U.S. Kongressabgeordneten folgte eine erneue Pirouette, die ursprüngliche freie Meinungsäußerung wurde verteidigt.

Rassismus glaubwürdig bekämpfen

James Harden, Superstar der Houston Rockets, unterminierte wenig später das Bemühen der Ligaverantwortlichen mit den Worten: „Wir entschuldigen uns. Wir lieben China. Wir lieben es, dort zu spielen.“ Worte gegenüber einem Regime, das mehr als eine Million muslimische Uiguren in Umerziehungslager deportierte, die eigene Bevölkerung staatlichen Repressionen und Dauerüberwachung aussetzt. Wer China huldigt, setzt seine Glaubwürdigkeit bei späteren anderweitigen Äußerungen, zum Beispiel bei inländischen Missständen, aufs Spiel.

Sich gegen Rassismus auszusprechen ist das Gebot eines jeden Bürgers, eines jeden Demokraten, eines jeden Sportlers. Nachhaltig sind solche Aktionen jedoch nur, wenn den Worten auch explizite Taten folgen. Gesten gegen Rassismus sind löblich, doch erst Taten verbessern bestehende Missstände. Einige Spieler agieren vor diesem Hintergrund ebenso wie Verantwortliche der Verbände der NFL und der NBA als schwarze Schafe.

Der Vorreiter der Protestbewegung im Sport gegen Rassismus, Colin Kaepernick, vertrat und vertritt seine Anliegen weiterhin glaubhaft. Der Einsatz für ein besseres gesellschaftliches Miteinander kostete ihm seine Karriere, die bis 2016 vielversprechend aussah. Zu den von der NFL organisierten Statements gegen Rassismus hat er auch schon die passende Antwort parat: „Während die NFL Propaganda laufen lässt, wie sie sich um Schwarzes Leben kümmern, schließen sie [den Footballer] Eric Reid weiterhin aus, weil er sich für die schwarze Gemeinschaft einsetzt.“