Clintons Herausforderer fühlen sich ungerecht behandelt. Die wenigen Fernsehdebatten, die ausgetragen werden, finden zu unvorteilhaften Sendezeiten statt. Die vierte Debatte, veranstaltet von NBC in Zusammenarbeit mit YouTube, bildete keine Ausnahme.
Denn das Aufeinandertreffen in Charleston, South Carolina, zwischen Clinton, Sanders und O’Malley fand abermals an einem Wochenende statt. An diesem Sonntag-Abend konkurrierten die Demokraten u.a. mit den Playoff-Spielen in der amerikanischen Football-Liga. Ein hoffnungsloses Unterfangen, zumal es sich um ein verlängertes Wochenende handelte – am Montag fand der Dr. Martin Luther King Jr. Day statt.
Durch diese Ansetzung(en) werden Clintons Herausforderern weniger Chancen geboten, sich national bekannter zu machen. Ein Problem, vor dem die ehemalige First Lady, Senatorin und Außenministerin bekanntlich nicht steht. Folglich sieht Sanders darin eine Einflussnahme der Parteiführung zu Gunsten Clintons.
Bernie Sanders im Angriffsmodus
Unbeeindruckt von diesen Voraussetzungen und angetrieben durch stetig steigende Umfragewerte in New Hampshire und Iowa, lieferte der 74-jährige Senator aus Vermont seine bislang beste Debatte ab.
Während sich Hillary Clinton als Verteidigerin der Präsidentschaft von Barack Obama gab, ging Sanders geschickt in die Offensive. Smart verband Sanders seine Kritik an Großbanken und Großunternehmen mit der Glaubwürdigkeit Clintons.
Denn im Gegensatz zu Clinton nimmt Sanders „kein Geld von Banken“ und bekommt auch keine „Zahlungen von Goldman Sachs für Vorträge“. Folglich, so Sanders, sei er besser geeignet das Wirtschafts- und Gesundheitswesen zu reformieren. Er sei schlicht unabhängiger.
Beim Thema der Gesundheitspolitik versuchte Clinton ihren größten Konkurrenten zu denunzieren, indem sie Sanders vorwarf auf republikanischen Wegen zu wandeln und Obamas Gesundheitsreform rückgängig machen zu wollen.
Sanders konterte, dass immer noch 29 Millionen Amerikaner ohne Gesundheitsversorgung sind. Um diese Situation zu verbessern, schlug der selbst ernannte demokratische Sozialist eine (weitere) Verstaatlichung des Gesundheitssystems vor.
Clinton vs. Sanders – ein Kampf der „Systeme“
Zum ersten Mal standen sich Hillary Clinton und Bernie Sanders auf Augenhöhe in einer TV-Debatte gegenüber. An diesem Abend hat sich gezeigt, vor welchen Alternativen die Demokraten stehen: Wollen sie eine Präsidentschaftsbewerberin mit viel Erfahrung und aus dem Establishment oder doch eher einen Revolutionär, der die Stärke seiner Kampagne auf seine Graswurzelbewegung zurückführt?
Ab Februar haben die demokratischen Anhänger die Wahl. Neueste Umfragen zeigen, dass Sanders in New Hampshire in Front liegt. In Iowa scheint sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen abzuzeichnen. Doch könnte Sanders überhaupt mögliche frühe Wahlerfolge auf die Südstaaten übertragen, in denen sich die Nominierung am Super Tuesday voraussichtlich vorentscheidet?
Bislang liegt Sanders in diesen Staaten in Umfragen sowie in der Wahlkampfstruktur weit hinter Clinton. Eine höhere Einschaltquote bei den Fernsehdebatten würde ihm bei seinem Angriff auf das demokratische Establishment schon einmal helfen.
Die Debatte in voller Länge
Die Redezeiten
KANDIDATENBEURTEILUNG
Hillary Clinton: Solider Auftritt, trat als Verteidigerin der Präsidentschaft Obamas auf
Martin O’Malley: Wenn er mal das Wort ergreifen durfte, waren seine Aussagen für die Debatte durchaus gewinnbringend
Bernie Sanders: Verknüpfte seine Themen geschickt mit Angriffen auf Clinton; der Gewinner des Abends