Joe Biden feiert in diesem Jahr Weihnachten erstmals als amtierender US-Präsident. Mit dem zweitwichtigsten Fest der Christenheit rückt auch das Ende des ersten Amtsjahres von Präsident Biden Mitte Januar näher. Im neuen Jahr richtet sich sodann der Fokus auf die im November stattfindenden Zwischenwahlen.
Während das U.S. Repräsentantenhaus komplett neu gewählt wird, stehen ein Drittel der Sitze im U.S. Senat zur Wahl. Machtverschiebungen in diesen Kammern zugunsten der Partei, die nicht den Präsidenten stellt, sind die Regel. Insbesondere die innenpolitische Agenda des Weißen Hauses kann hierdurch von der konkurrierenden Partei, sofern sie in mindestens einer Kammer die Mehrheit erzielt, torpediert werden.
Folgerichtig steht für einen jeden Präsidenten bei diesen Wahlen viel auf dem Spiel. Die Kandidaten vor Ort , deren (Wieder)Wahl gefährdet ist, werden sodann von der Parteiprominenz im Wahlkampf unterstützt. Es ist zugleich ein Schaulaufen möglicher zukünftiger Präsidentschaftskandidaten. Innerhalb der Demokratischen Partei sollte es zu diesem ersten Test für auf das Weiße Haus ambitionierte Politiker im Jahr 2022 eigentlich nicht kommen, befindet sich Präsident Biden doch erst in seiner ersten von möglichen zwei Amtszeiten.
Doch Präsident Biden ist der zu Amtsantritt älteste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Zur US-Präsidentschaftswahl 2024 wäre er fast 82 Jahre alt, am Ende einer möglichen zweiten Amtszeit 86 Jahre. Gleichwohl Biden schon ein Wahlkampfteam zusammengestellt und seine engsten Vertrauten über seine Absicht, sich zur Wiederwahl zu stellen, informiert hat, bleiben altersbedingte Fragezeichen.
Sollte Präsident Biden auf eine erneute Kandidatur verzichten, welche er so spät wie möglich verkünden würde, um nicht zu einer „lahmen Ente“ zu mutieren, gibt es schon jetzt einige Demokraten, die sich für ihren weiteren Karriereschritt positionieren müssen. Im Wahlkampf zu den Midterms müssen sich diese Politiker sodann beweisen, Kontakte knüpfen und ihre politischen Botschaften bei der Wählerschaft testen.
„1600 Pennsylvania“ stellt euch nachfolgend eine Auswahl an Demokraten vor, denen höhere Ambitionen in einer Post-Biden-Ära nachgesagt wird:
Kamala Harris, Vizepräsidentin
Die Vizepräsidentin wird qua ihres Amtes als erstes genannt, wenn es um die Nachfolge eines Präsidenten geht. Das erste Amtsjahr gestaltete sich für Kamala Harris jedoch als durchwachsen. Wie schon während ihres Präsidentschaftswahlkampfes kam es zu Unstimmigkeiten innerhalb ihres Beraterstabs, einige Personalwechsel waren die Folge. Von Präsident Biden wurde Harris zudem mit herausfordernden Aufgaben wie der Lösung der Migrationskrise an der Südgrenze der USA betraut.
Die Folge: Die Zustimmungswerte von Vizepräsidentin Harris sinken kontinuierlich. Laut der Durchschnittswerte von Real Clear Politics lehnen gegenwärtig 53 Prozent der US-Amerikaner VP Harris ab, 40 Prozent sehen sie positiv. Im Gegensatz zu Biden oder George H.W. Bush hätte Harris bei einer – erneuten – Präsidentschaftskandidatur zum jetzigen Zeitpunkt kaum einen Amtsbonus inne.
Pete Buttigieg, Verkehrsminister
Ein anderes Bild zeichnet sich bei Pete Buttigieg, dem amtierenden Verkehrsminister, ab. Der ehemalige Bürgermeister von South Bend, Indiana, ist laut einer repräsentativen Umfrage von Politico/ Morning Consult das bekannteste Mitglied der Biden-Administration. Für 83 Prozent der US-Amerikaner ist Buttigieg ein Begriff.
Diese Bekanntheit dürfte Buttigieg ebenso ausbauen wie seine Beliebtheit, fällt ihm doch die Aufgabe zuteil das überparteiliche Infrastrukturpaket im gesamten Land zu bewerben. Nach seinem Überraschungssieg bei der ersten Präsidentschaftsvorwahl 2020 in Iowa, aber dennoch gescheiterten Präsidentschaftskandidatur, stehen die Chancen bei einem zweiten Anlauf auf das höchste Amt im Staat besser.
Mitch Landrieu, ehemaliger bürgermeister New Orleans
Vom $1 Billion schweren Infrastrukturpaket profitiert ebenso Mitch Landrieu, der von Präsident Biden zum Senior Berater und Koordinator für die Implementierung des Infrastrukturgesetzes benannt wurde. Landrieu ist somit dafür zuständig, dass das Geld auch vor Ort ankommt und sinnvoll investiert wird. Als einstiger langjähriger Bürgermeister von New Orleans, Louisiana, ist Landrieu hierfür bestmöglich qualifiziert wie auch sein Wiederaufbaumanagement der nach dem verheerenden Hurrikan Katrina größtenteils zerstörten Stadt unterstreicht. Landrieu wurden schon 2020 Ambitionen nach der Präsidentschaft nachgesagt.
Gretchen Whitmer, Gouverneurin Michigan
Als potentielle Kandidatin auf die demokratische Präsidentschaftskandidatur galt 2020 auch Gretchen Whitmer. Die Gouverneurin von Michigan entschied sich jedoch gegen eine Kandidatur. Als Biden die Nominierung zuteil wurde, fand sich Whitmer im engsten Kandidatinnenkreis für die Vizepräsidentschaft wieder, da sie einen eigentlich demokratischen Staat vertritt, den 2016 Donald Trump für sich entscheiden konnte. Zuletzt machte Whitmer auf sich aufmerksam, als sie sich gegen die von Präsident Biden initiierte Coronavirus-Impfpflicht für staatliche Angestellte aussprach.
Phil Murphy, Gouverneur New Jersey
Der Gouverneursposten von New Jersey gilt als heißer Stuhl. In den vergangenen vier Jahrzehnten gewann kein demokratischer Gouverneur seine Wiederwahl – bis auf Phil Murphy in diesem Jahr. Gleichwohl der Garden State ein traditionell demokratischer Bundesstaat ist, gilt der knappe Wahlsieg von Murphy als Empfehlung für höhere Posten. Von 2009 bis 2013 war Murphy US-Botschafter in Deutschland. Von Berlin über Trenton nach Washington D.C.? Murphy gilt definitiv zum erweiterten Kreis möglicher Kandidaten auf Bidens Nachfolge – egal ob im Jahr 2024 oder 2028.
Roy Cooper, Gouverneur North Carolina
North Carolina wandelte sich in den vergangenen Jahren zu einem republikanisch wählenden Bundesstaat. Roy Cooper schaffte es bei der Gouverneurswahl dennoch den republikanischen Amtsinhaber Pat McCrory im Jahr 2016 zu besiegen, wenngleich mit 0,22 Prozentpunkten Vorsprung denkbar knapp. Im vergangenen Jahr schaffte Cooper die Wiederwahl. Als erfolgreicher Demokrat in einem ansonsten weitestgehend republikanischen Staat hat sich Cooper, wie einst Bill Clinton in Arkansas, schon für höhere Aufgaben empfohlen.
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); canva.com; eigene Grafiken