Eine Geldmaschine mit sozialer Verantwortung

Steinadler besiedeln große Teile der Holarktis, also die nördliche Hemisphäre. Steinadler Attila, seit 2006 lebendiges Maskottchen des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, konnte hingegen den Großteil seines bisherigen Lebens nur innerhalb Deutschlands auf Jagd gehen. Erst im vergangenen Jahr setzte der Frankfurter Adler zum Höhenflug über Europa an. Die Eintracht krönte sich zum Sieger der UEFA Europa League.

Auch in den USA benötigte es eine lange Anlaufzeit, bis eine Traditionsmannschaft, die den Adler im Wappen trägt, durchstarten konnte. Bis zum Jahr 2018 dauerte es, bis die 1933 gegründeten Philadelphia Eagles erstmals den Super Bowl, die Meisterschaft im American Football, gewinnen konnten. Fünf Jahre später steht die Franchise der Stadt, in der die Unabhängigkeitserklärung und die Verfassung unterzeichnet wurden, erneut im Finale.

Begehrte Tickets für astronomische Preise

Dr. Jill Biden wird als leidenschaftliche Anhängerin der Eagles das Spiel gegen die Kansas City Chiefs live im State Farm Stadium in Glendale, Arizona, verfolgen. Die amtierende First Lady genießt damit mit 72.199 weiteren Personen das Privileg, den Super Bowl live vor Ort sehen zu können.

Gewöhnliche Fans mussten schon im Juni 2022 an einer Lotterie um die begehrten Tickets teilnehmen. Der reguläre Eintrittspreis für die günstigste Kategorie: $600. Die meisten Karten wurden laut The Sporting News allerdings über einen Zweitmarkt für einen durchschnittlichen Preis von $10.959 verkauft. Der Preis für einen Sitzplatz an der Mittellinie betrug stolze $40.723.

Super Bowl garantiert hohe Einschaltquoten und hohen Umsatz

Wer das Spiel nicht im Stadion anschauen kann, macht es sich vor dem heimischen Fernseher, oftmals mit Freunden, gemütlich. Mehr als 100 Millionen US-Amerikaner verfolgen jährlich den Super Bowl von zu Hause aus. Zum Vergleich: Für die Finalserien der NBA (Basketball) oder der World Series (MLB; Baseball) interessieren sich jeweils nur zwischen zehn und 20 Millionen US-Amerikaner. Auch weltweit wird American Football immer populärer: Die Einschaltquote beim Spiel des Jahres kratzt mittlerweile an der eine Milliarde Marke.

US-Amerikaner verzehren während des Super Bowl insgesamt 4.000 Tonnen Popcorn, 14.000 Tonnen Chips, mehr als eine Milliarde Chicken Wings und trinken 120 Millionen Liter Bier. Der US-Lieferdienst Domino’s macht während des Super Bowl regelmäßig ein Drittel (!) seines Jahresumsatzes in Höhe von $2 Milliarden. Der Super Bowl ist ein wahres Konjunkturpaket für die heimische Wirtschaft.

American Football als Kulturgut

Der Super Bowl ist der Höhepunkt des Sportjahres in den USA. War zunächst Baseball der Nationalsport, ist laut dem Meinungsforschungsinstitut Gallup American Football seit dem Jahr 1972 mit deutlichem Abstand die beliebteste Sportart in den USA. Das Finale der American Football Liga NFL hat sich zum jährlich wiederkehrenden größten kulturellen Event der Vereinigten Staaten von Amerika entwickelt.

Zusammenkunft mit Freunden, gemeinsames Singen der Nationalhymne, große Show und leistungsstarker Sport: Das ist der Super Bowl. Das ist Amerika.

Unternehmen lassen sogar speziell für den Super Bowl neue, hochklassige Werbespots anfertigen, über die auch noch Tage danach gesprochen wird. Ein 30-sekündiger Werbeplatz während des Großereignisses kostet in diesem Jahr $7 Millionen.

NFL als Geldmaschine

Vor diesen Hintergründen ist es wenig verwunderlich, dass laut dem Ranking von Forbes aus dem Jahr 2022 30 der 50 wertvollsten Sportvereine Franchises der NFL sind. Die Liste führen die Dallas Cowboys mit einem geschätzten Wert von $8 Milliarden an. Der deutsche Fußball-Rekordmeister FC Bayern München weist zum Vergleich einen Wert von „nur“ $1,19 Milliarden auf. Der Gesamtwert aller 32 NFL-Teams: $136,8 Milliarden.

Folglich sind die Spielergehälter auch weitaus höher als in europäischen Sportarten. Patrick Mahomes, Quarterback des diesjährigen Finalteilnehmers der Kansas City Chiefs, ist beispielsweise der bestbezahlte Spieler. Im Jahr 2020 unterzeichnete er bei der Franchise aus Missouri einen Vertrag über zehn Jahre, dotiert mit $450 Millionen. Tom Brady wiederum, bester Quarterback aller Zeiten, ist ab der nächsten Saison im sportlichen Ruhestand. Über garantierte $375 Millionen kann er sich in den nächsten zehn Jahren dennoch freuen, wird er doch als Sportkommentator bei Fox agieren.

Es sind für Europäer unvorstellbare Summen, mit denen in den USA hantiert wird. Nicht zuletzt auf Grund der sportlichen Spannung und Unberechenbarkeit sind diese jedoch gut begründet. In den vergangenen zehn Jahren gewannen acht verschiedene Mannschaften den Super Bowl. Im gleichen Zeitraum gab es in der Fußball-Bundesliga mit dem FC Bayern München nur einen einzigen Deutschen Meister.

Soziales Engagement wichtig in den USA

Zur US-amerikanischen Kultur gehört jedoch nicht nur das Wirtschaftssystem des Kapitalismus. Auch das soziale Engagement wird, im Gegensatz zum europäischen Profisport, großgeschrieben. In den Tagen vor dem Super Bowl wird beispielsweise der Walter Payton Man of the Year Award verliehen. Mit diesem Preis wird ein Spieler für seine guten Leistungen auf dem Spielfeld verbunden mit hohem sozialen Engagement außerhalb des Stadions ausgezeichnet. Jede Mannschaft nominiert für diese Auszeichnung, die gut sichtbar an der Rückseite des Helmes des Spielers zu sehen ist, einen Spieler.

In diesem Jahr erhielt Dak Prescott den prestigeträchtigen Preis. Der Quarterback der Dallas Cowboys rief 2017 die Faith Fight Finish Foundation ins Leben, die sich mit der Prävention von Krebserkrankungen und Suiziden auseinandersetzt. Themenbereiche, mit denen Prescott eigene leidvolle Erfahrungen verbindet: Seine Mutter verstarb infolge von Darmkrebs, sein Bruder nahm sich während der Coronavirus-Pandemie das Leben.

Engagement für Krebsvorsorge und Veteranen

Im Monat Oktober macht auch die gesamte NFL auf das Thema Krebsvorsorge aufmerksam. Das Spielfeld und die Stadien erleuchten in speziellen Farben, der Schriftzug „Crucial Catch. Intercept cancer“ prangert überall (siehe Video). Freilich wird zu dieser Aktion auch passendes Merchandise angeboten, dessen Einnahmen teils gespendet werden. Die NFL kooperiert hierbei mit der American Cancer Society, also der Amerikanischen Krebsgesellschaft.

Im November wiederum macht die NFL auf die Belange von oftmals von der Politik alleingelassenen Kriegsveteranen aufmerksam. Seit wenigen Jahren dürfen Spieler auf ihren Helmen auch für Initiativen für soziale Gerechtigkeit werben und dabei aus sieben verschiedenen Botschaften, darunter zum Beispiel Black Lives Matter, auswählen. Die Zuschauer sollen hierdurch für ein würdigeres Zusammenleben sensibilisiert werden.

Profisportler stärken die Gemeinschaft

Die Sportler füllen diese Botschaften sodann mit Leben wie nicht zuletzt der Einsatz von Prescott zeigt. Während der Trainingswoche halten die Vereine zudem normalerweise einen Tag frei, damit die Spieler ihrer Community, also ihrer Gemeinschaft, etwas zurückgeben können. Hochdotierte Profisportler besuchen an diesen Tagen Kinderkrankenhäuser oder verteilen Essen an Obdachlose. Für die Sportler ist dieser Einsatz in der Regel eine Selbstverständlichkeit, hat die Bevölkerung dahingehend doch auch eine gewisse Erwartungshaltung.

Oberflächlich betrachtet ist die NFL eine Geldmaschine. American Football in den USA ist dies auch zweifelsohne. Bei einer tiefergehenden Betrachtung lässt sich jedoch feststellen, dass insbesondere die Akteure, aber auch der Verband, ebenso eine enorme soziale Verantwortung wahrnehmen. Unter Fans des „Schachs mit Kühlschränken“ wurde der Ausspruch Football is family nicht umsonst populär.

Der Super Bowl zwischen den Kansas City Chiefs und den Philadelphia Eagles wird am Sonntag, ab 22.25 Uhr, auf Pro Sieben, DAZN und über den NFL Game Pass übertragen.

Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken.
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