Überraschung im goldenen Staat der Demokraten?

Der Weg nach Westen versprach Reichtum und Ruhm. Der kalifornische Goldrausch in der Mitte des 19. Jahrhunderts zog zahlreiche Menschen an und verlieh dem heute einwohnerstärksten US-Bundesstaat seinen Beinamen „Golden State“. Im politischen Sinne wurde Kalifornien in den vergangenen Jahrzehnten für die Demokratische Partei zum goldenen Staat.

Zuletzt konnte nämlich im Jahr 1988 mit George H.W. Bush ein Republikaner bei einer Präsidentschaftswahl den Staat für sich entscheiden. Zudem stellen Demokraten seit 1992 beide U.S. Senatoren. Auf bundesstaatlicher Ebene regieren seit zehn Jahren am Stück demokratische Gouverneure, beide Parlamentskammern werden von Demokraten mit einer Zweidrittelmehrheit beherrscht.

Doch die demokratische Idylle in Kalifornien wird von einem unerwarteten Ereignis gestört: Mitte September werden Kalifornier an die Wahlurnen gebeten, um bei einer Abberufungswahl über die Zukunft ihres Gouverneurs Gavin Newsom zu entscheiden. Was die Hintergründe dieser Wahl sind und wie diese funktioniert, wird nachfolgend beantwortet.

Was wird unter einer Abberufungswahl verstanden?

Unter einer Abberufungswahl, im Englischen als „recall“ bekannt, wird, wie der Name schon sagt, darüber entschieden, ob ein Politiker weiterhin im Amt bleiben darf. Solch eine Wahl kann für jeden gewählten Offiziellen abgehalten werden. Allerdings kennen nur 19 der 50 Bundesstaaten einen solchen „recall“.

Zur Abhaltung dieser außerordentlichen Wahl muss eine bestimmte Anzahl an Unterschriften von registrierten Wählern innerhalb eines bestimmten Zeitraums gesammelt werden. Nach kalifornischem Recht bedeutet dies, dass die Anzahl der Unterstützer mindestens zwölf Prozent der vergangenen Wahlbeteiligung betragen muss. Für die explizite Abberufungswahl des Gouverneurs mussten folglich mindestens 1.495.709 Wähler dieses Anliegen unterstützen.

Warum gibt es einen Recall?

Nach 2003 kommt es in diesem Jahr erst zum zweiten Mal in der Geschichte Kaliforniens zu einer Abberufungswahl gegen einen Gouverneur. Wie ist es dazu gekommen? Insgesamt wurden sieben Petitionen für eine Abberufungswahl gestartet. Angenommen wurde die Kampagne mit der Begründung, dass Kalifornier „unter den höchsten Steuern im Land, der höchsten Obdachlosenrate und unter der niedrigsten Lebensqualität“ leiden müssten.

Die Petition, der zunächst geringe Chancen eingeräumt wurden, nahm jedoch auf Grund der Coronavirus-Pandemie an Fahrt auf. Die Doppelmoral des Gouverneurs, in dem er seine Bevölkerung anwies, Treffen zu meiden, selbst jedoch an einer Geburtstagsfeier eines befreundeten Lobbyisten in einem drei Sterne Restaurant teilnahm, führte letztendlich zum Erfolg der Kampagne. Newsom verteidigte sich zwar, dass die Veranstaltung draußen abgehalten worden sei. Fotos sollten jedoch beweisen, dass dies nicht der Fall war. Der Eindruck eines elitären Millionärs wurde Newsom zum Verhängnis.

Wie läuft die Abberufungswahl ab?

Auf dem Stimmzettel müssen zwei Fragen beantwortet werden: Zunächst entscheidet das Wahlvolk darüber, ob der amtierende Gouverneur Gavin Newsom abberufen werden soll. Beim bisher einzigen „recall“ eines kalifornischen Gouverneurs wurde der Demokrat Gray Davis abberufen, der Republikaner Arnold Schwarzenegger wurde als dessen Nachfolger gewählt.

Daraufhin wird von der Wählerschaft ein Kreuz verlangt, welcher Politiker bei einer erfolgreichen Abberufung als neuer Gouverneur fungieren soll. Der Kandidat, der eine relative Mehrheit der Stimmen erreicht, ist gewählter neuer Gouverneur. Der amtierende Gouverneur darf nicht auf dieser Kandidatenliste erscheinen.

Seit dem 16. August 2021 kann schon per Brief abgestimmt werden. Eine vorzeitige Stimmabgabe in einigen Wahllokalen ist ab dem 04. September 2021 möglich. Der eigentlich Wahltag ist Dienstag, 14. September 2021.

Wer ist Gouverneur Gavin Newsom?

Der 53-jährige Newsom ist seit Januar 2019 Gouverneur von Kalifornien. Die Wahl gewann der ehemalige Vizegouverneur mit 23,8 Prozentpunkten Vorsprung vor seinem republikanischen Konkurrenten. Zwischen 2004 und 2011 amtierte Newsom als Bürgermeister von San Francisco. In dieser Funktion erlaubte er gleichgeschlechtliche Eheschließungen, welche jedoch später von der Judikative für ungültig erklärt wurden. 2007 begab sich Newsom auf Grund einer Alkoholkrankheit in Behandlung. Des Weiteren überlebte er im politischen Sinne einen Sex-Skandal.

The sun is rising in the west, and the arc of history is bending in our direction.
(Newsom am Wahlabend 2018)

Newsom, der in einem privilegierten Elternhaus aufwuchs und selbst Multimillionär ist, gehört der progressiven Faktion innerhalb der Demokratischen Partei an und führte den Widerstand gegen Donald Trump mit an. Als Gouverneur erließ er beispielsweise ein Moratorium für Todesstrafen und zog die California National Guard von der Grenze zu Mexiko ab. Newsom ist in zweite Ehe verheiratet und hat vier Kinder. Newsoms erste Ehefrau, die Fernsehmoderatorin  Kimberly Guilfoyle, ist derzeit mit Trumps Sohn Donald Junior liiert.

Wer sind die Kandidaten?

Kalifornier haben die Wahl zwischen 46 Kandidaten. Darunter finden sich keine prominenten Demokraten, da Gouverneur Newsom seine Parteikollegen dazu aufrief, der Abberufungswahl keinen weiteren Aufwind zu verleihen. Die Strategie der Demokraten ist somit „alles oder nichts“.

Der konservative Republikaner und Talk-Show-Moderator Larry Elder führt repräsentative Umfragen deutlich an und wäre der erste afroamerikanische Gouverneur Kaliforniens. Die bekannteste Kandidatin ist Reality-TV-Star Caitlyn Jenner, die im Jahr 1976 noch als Mann eine Olympische Goldmedaille im Zehnkampf gewann. In Umfragen liegt sie im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Wie sehen die Prognosen aus?

Kalifornien ist ein tiefblauer Staat. Umso fataler für Gouverneur Newsom, dass repräsentative Umfragen einen für kalifornische Verhältnisse engen Ausgang der Abstimmung erwarten. Laut einer Befragung der UC Berkeley befürworten 47 Prozent der Wahlberechtigten eine Abberufung, 50 Prozent der Kalifornier unterstützen den Gouverneur. Nach dem republikanischen Gouverneur Scott Walker (Wisconsin) wäre Newsom erst der zweite Gouverneur in der US-amerikanischen Geschichte, der eine Abberufungswahl erfolgreich übersteht.

Da es sich um eine außerordentliche Wahl handelt und es am Wahltag zu keinen anderen größeren Wahlen kommt, hängt der Ausgang von der Wahlbeteiligung ab. Die republikanische Minderheit im Bundesstaat dürfte hoch motiviert sein, einen für sie unbeliebten Gouverneur abzulösen.

Sorgen bereitet Demokraten zudem, dass Newsom während der Coronavirus-Pandemie, die Fallzahlen steigen auf Grund der Delta-Variante wieder, mehrmals in der Kritik stand. Waldbrände, Dürren sowie mögliche größere Stromausfälle werden zudem als Probleme für die Demokraten genannt.

Unterstützung aus Washington D.C. kam bis dato noch nicht. Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris planen jedoch Wahlkampfveranstaltungen für Gouverneur Newsom im September. Die Vizepräsidentin genießt allerdings in ihrem Heimatbundesstaat keine guten Umfragewerte, so dass ihre Hilfe im Team von Newsom skeptisch gesehen wird.

Aus einer sicher geglaubten Wahl wurde in den vergangenen Wochen eine richtige Herausforderung für die Demokratische Partei um Gouverneur Newsom. Um den goldenen Staat im politischen Sinne für Demokraten zu bewahren, geht es insbesondere um die Mobilisierung der eigenen Kernwählerschaft. Da auf zwei Demokraten nur ein Republikaner in Kalifornien kommt, hat Newsom trotz aller Probleme einen bedeutenden Vorteil auf seiner Seite.

#GOPDebate: Sin City und der „Chaos-Kandidat“

In Kooperation mit Bildmaterial von CNN International

In Kooperation mit Bildmaterial von CNN International

Tausende von Spieltischen. Zehntausende von Spielautomaten. Der jährliche Umsatz der Casinos in Las Vegas: 9 Milliarden Dollar. Durchschnittlich gibt ein Besucher während seines Aufenthaltes 545 Dollar an Spieleinsatz aus.

13 Besucher von Sin City haben am Abend des 15. Dezember jedoch weitaus mehr zu verlieren, als „nur“ Geld. Es ist der Kampf um Anerkennung. Das Ringen um Beliebtheit. Es soll nichts weiter als die Möglichkeit offen gehalten werden, sich als der 45. Präsident der Vereinigten Staaten in die Geschichtsbücher eintragen zu können.

Zu frisch sind die Erinnerungen an TV-Auftritte vergangener Kandidaten, die jede Chance auf das Weiße Haus zunichte machten. Es sei an den „Oops-Moment“ von Rick Perry erinnert. Oder an die schwachen Auftritte von Scott Walker in diesem Jahr, die zu seinem frühen Ausstieg aus dem Präsidentschaftsrennen beitrugen.

Unter diesen Vorzeichen begaben sich die republikanischen Kandidaten in das noble Venetian Hotel & Casinos in der Spielerstadt Las Vegas, um über die außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen zu debattieren.

Jeb Bush fordert Donald Trump heraus

Im Zentrum des Geschehens: einmal mehr Donald Trump. Obwohl der Immobilien-Mogul seit Monaten in nationalen Umfragen in Front liegt und durch kontroverse Aussagen die Partei spaltet, gingen die restlichen Bewerber abermals nicht in die Offensive.

Die Ausnahme bildeten lediglich Rand Paul und Jeb Bush. Ist die Angriffslust von Paul, der gleich mit seinem Eingangsstatement Trump kritisierte, spätestens seit der letzten Debatte bekannt, war Bushs Auftritt überraschend.

Nach bisher durchwachsenen Debatten und einem schlecht anlaufenden Wahlkampf gab es diesmal jedoch gute Nachrichten für den Präsidenten-Sohn und -Bruder. Denn im Vergleich zu vorherigen Auftritten gab Bush gegenüber Trump nicht nach, attackierte ihn scharf und versprühte erstmals so etwas wie Kampfgeist und den unbedingten Willen die republikanische Kandidatur gewinnen zu wollen.

Folgerichtig geht auch das Zitat des Abends an Bush (sieht man von Lindsey Grahams wiederholtem humoristischem Auftritt in der Vordebatte ab):

[Trump] ist ein Chaos-Kandidat und er würde auch ein Chaos-Präsident sein!

Nachdem Bush mit seinem Angriff gegen Marco Rubio wenige Wochen zuvor noch zu viel riskierte (und verlor), konnte der 62-jährige die lang ersehnten positiven Schlagzeilen produzieren. Ob es ihm zu einer Trendwende verhilft, scheint jedoch mehr als fraglich.

Ted Cruz schliesst – vorläufigen – Friedenspakt mit Trump

Ein ganz anderes Bild zeichnete sich zwischen Trump und Cruz. Wird der junge Senator aus Texas dem New Yorker in Umfragen immer gefährlicher, wurde im Vorfeld der Debatte mit Angriffen von Trump auf Cruz gerechnet.

Doch nichts dergleichen passierte. Dies lag wohl auch daran, dass sich Cruz, trotz einladender Fragen des CNN-Moderators Wolf Blitzer, nicht kritisch über „The Donald“ äußerte. Ebenso ist sich Trump bewusst, dass Angriffe auf seinen derzeit größten Konkurrenten kontraproduktiv sein könnten: Cruz‘ Beliebtheitswerte im wichtigen Vorwahlstaat Iowa sind einfach zu gut.

Und so beschränkte sich Ted Cruz auf einen Schlagabtausch mit dem anderen Emporkömmling aus der Riege der jungen Senatoren: Marco Rubio. Eine interessante Angelegenheit, kämpfen doch Cruz und Rubio um unterschiedliche Wählerschichten. Während Rubio sich zum Liebling des Establishments hochgearbeitet hat, vereint Cruz die extreme Rechte und Evangelikale.

Verlierer des Abends: Dr. Ben Carson

Nach der fünften republikanischen TV-Debatte dürfte der Status Quo in den Umfragen zunächst beibehalten werden. Eine Entwicklung, an der sich Dr. Ben Carson nicht erfreuen kann. Galt er noch vor kurzem als größter Konkurrent von Trump, ist ihm die thematische Neuausrichtung des Vorwahlkampfes auf Außen- und Sicherheitspolitik nicht gut bekommen.

Seine sinkenden Umfragewerte kommen zur Unzeit, beginnen die Vorwahlen doch schon am 01. Februar. Zwar hat sich Dr. Carson zweifelsohne Mühe gegeben, sich in die US-Außenpolitik einzulesen. Von seinem Debattenauftritt wird jedoch nur sein Eingangsstatement in Erinnerung bleiben:

Ich bitte einen Moment um Ruhe…

Spielt bei diesem, freilich abgekürzten, Satz doch eine gewisse Ironie mit. War es doch gerade die scheinbare innere Ruhe, die Dr. Carson ausstrahlte und ihm einen Zauber im bisherigen Vorwahlkampf mitgab. Doch die Ruhe ist zur Stille geworden, zu wenig aussagekräftigen außenpolitischen Statements.

Zu wenig im Spiel um Anerkennung, um Beliebtheit. Zu wenig in der Spielerstadt Sin City. Nach Las Vegas ist vor Carsons „Hangover“…


VIDEO-Highlights

DIE BESTEN ZITATE DES DEBATTENABENDS

Islam is different. Islam is not just a religion, it is also a political governing structure (Rick Santorum in der Vordebatte)

At least 3,500 American Muslims serving in the armed forces: Thank you for your service. You are not the enemy. Your religion is not the enemy … Leave the faith alone — go after the radicals who want to kill us all. (Lindsey Graham in der Vordebatte)

Ted, getting in bed with Iran and Russia to save Assad is inconceivable. Princess Buttercup would not like this. (Graham über Cruz)

Sequestration is Latin for doing really dumb things! (Graham)

To all of our Muslim friends throughout the world like the king of Jordan and the president of Egypt, I am sorry. He does not represent us. (Graham über Trump)

ISIL would be dancing in the streets–they just don’t believe in dancing. (Graham über Trumps Idee Muslimen ein Einreiseverbot zu erteilen)

I’m not afraid of a guy running around on a horse without a shirt. (Graham über Putin)

Donald, you’re not going to be able to insult your way to the presidency. (Jeb Bush zu Donald Trump)

He’s a chaos candidate, and he’d be a chaos president. (Bush über Trump)

I’m at 42 and you’re at three, so so far I’m doing better. (Trumps Erwiderung)

He has a wonderful temperament. He’s just fine, don’t worry about him. (Trump über Cruz)


REDEZEITEN DER KANDIDATEN IN DER HAUPTDEBATTE (IN MIN.)

GOPDebate5

alle Angaben ohne Gewähr


KANDIDATENBEURTEILUNG HAUPTDEBATTE

Jeb Bush: Hatte seine bislang stärkste Debatte

Dr. Ben Carson
: Der Fokus auf außenpolitische Themen hat Dr. Carson entzaubert, die Debatte brachte für ihn keine Wende

Chris
Christie: Starker Auftritt; sprach des Öfteren die Fernsehzuschauer direkt an; setzte sich von den Senatoren klar ab

Ted Cruz: Rhetorisch gewohnt guter Auftritt

Carly Fiorina: Durchschnittlich

John Kasich
: Konnte sich abermals von seinen Mitkonkurrenten nicht absetzen

Rand Paul
: Einer der Gewinner des Abends; angriffsfreudig

Marco Rubio
: Rhetorisch gewohnt guter Auftritt

Donald Trump
: Bleibt seiner Linie treu, sich bei Debatten für seine Verhältnisse zurückzunehmen und dennoch sein Wählerklientel anzusprechen


DIE BILDER DES ABENDS – BEREITGESTELLT VON CNN INTERNATIONAL
Donald Trump and Ted Cruz shake hands after the CNN Republican debate at the Venetian Hotel in Las Vegas, Nevada.

Donald Trump und Ted Cruz

The Venetian Hotel in Las Vegas, site of the CNN Republican Debate.

Proteste gegen Donald Trump vor dem Venetian Hotel in Las Vegas

The candidates for the first debate, Governor George Pataki, Mike Huckabee, Rick Santorum and Lindsey Graham take the stage for the CNN Republican Debate in Las Vegas, Nevada at the Venetian Theater in the Venetian Hotel.

Die Vordebatte

The candidates for the first debate, Governor George Pataki, Mike Huckabee, Rick Santorum and Lindsey Graham take the stage for the CNN Republican Debate in Las Vegas, Nevada at the Venetian Theater in the Venetian Hotel.

Lindsey Graham dominierte einmal mehr die Vordebatte

Mike Huckabee and Rick Santorum on stage at the CNN Republican Debate in Las Vegas, Nevada at the Venetian Theater in the Venetian Hotel.

Mike Huckabee und Rick Santorum – vereint in niedrige Umfragewerte


Bild-Credit: © 2015 CABLE NEWS NETWORK. A TIME WARNER COMPANY. ALL RIGHTS RESERVED.

Die Krise der etablierten Anderen

Vier Monate vor der ersten Vorwahl in Iowa dreht sich bei der republikanischen Partei alles um politische Außenseiter. In nationalen Umfragen vereinen Trump, Fiorina und Dr. Carson zusammen 50 Prozent der Stimmen. Für die Inhaber politischer Ämter bleibt somit wenig Raum zur Profilierung.

Insbesondere auch auf Grund der Tatsache, dass Donald Trump in den vergangenen Monaten die gesamte Medienaufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Kandidaten, die sich einst vom Bewerberfeld durch ihr Auftreten oder politische Agenda abgesetzt hatten, verblassen nun weitestgehend.

Chris Christie ist hierbei zu nennen. Der Gouverneur von New Jersey ist für seine direkte Art und für die deutliche Aussprache von unbequemen Nachrichten bekannt. Folgerichtig lautet Christies Wahlkampfmotto „Telling It Like It Is„, frei übersetzt als „so sagen, wie es ist“.

Im Vergleich zu Trump erscheint Christie jedoch als zu brav. Eine Eigenschaft, die man bis vor kurzem mit Sicherheit nicht dem New Jerseyan zugeschrieben hätte. Dass mit Perry und Walker schon zwei Gouverneure vorzeitig aus dem GOP-Rennen ausgeschieden sind, wird Christie zusätzlich zu denken geben.

Ein weiteres Beispiel ist Rand Paul. Konnte dessen Vater Ron vor vier Jahren noch Begeisterung entfachen und Achtungserfolge bei den Vorwahlen feiern, scheinen die Fussstapfen des Vorzeigelibertären für den jungen Senator Rand zu groß.

Pauls Umfragen verschlechtern sich zusehends, der Spendenfluss versiegt zudem. Lediglich $2,5 Millionen konnte Pauls Kampagne im dritten Quartal eintreiben. Im Vergleich hierzu sammelte Dr. Carson im gleichen Zeitraum fast das Zehnfache an monetärer Unterstützung ein.

Ein Rand Paul unterstützender Super PAC hat nun sogar weitere Aktionen eingefroren, bis sich Paul auf seine Stärke zurückbesinnt: der Verkündung libertärer Positionen in Reinform. War dies einst die Stärke von Ron Paul, ist das politische Programm von Rand mittlerweile weichgespült. Eine Mobilisierung der Basis, wie aktuell im linken politischen Spektrum bei Bernie Sanders, ist damit schwer zu erreichen.

Besinnt sich Paul doch einmal auf seine Stärken, wird ihm nun wenig Beachtung geschenkt. Bestimmte Rand Paul einst durch stundenlanges Dauerreden im Parlament die Schlagzeilen, werden mittlerweile Aktionen, wie das Vernichten der Steuerverordnung per Kettensäge (siehe obiges Bild), kaum noch Beachtung geschenkt. Aufmerksamkeit ist Paul derzeit nur noch sicher, wenn er von Donald Trump, wie bei der letzten TV-Debatte, beleidigt wird.

Christie und Paul sehen schweren Zeit entgegen, ist das Kriterium für die Zulassung zur nächsten GOP-Hauptdebatte in den aktuellsten Umfragen einen Durchschnittswert von drei Prozent erzielt zu haben. Christie liegt derzeit genau bei diesem Wert, Paul bei gerade einmal 2,3 Prozent.

Noch schlechter erging es Scott Walker. Vom einstigen Liebling der Wähler in Iowa wurde er in kürzester Zeit in Umfragen bis auf Rang zehn durchgereicht. Finanzielle Probleme gaben dem Gouverneur von Wisconsin letztendlich den Rest. Walkers Aufgabe folgte prompt.

Walker, Christie und Paul sind auf ihre jeweils eigene Weise anders, als die weiteren im politischen Geschäft etablierten Kandidaten (Bush, Rubio…). Doch als Inhaber von politischen Ämtern heben sie sich von den politischen Neulingen (Trump, Fiorina, Dr. Carson) zu wenig ab, werden quasi mit ihren eigenen „Waffen“ geschlagen.

Der bisherige republikanische Vorwahlkampf ist somit auch die Geschichte von der Krise der etablierten Anderen.


Rand Paul vernichtet die Steuerverordnung:

Chris Christies erstes Wahlkampfvideo:


 

Stimmungsbarometer 9/15: Politische Außenseiter dominieren das GOP-Rennen

Nachdem der Vorwahlkampf mit dem Besuch von Papst Franziskus im US-Kongress für einen Moment inne gehalten hat, wird nun der heiße Herbst eingeläutet. Im Oktober findet nicht nur die dritte republikanische TV-Debatte statt, sondern auch Hillary Clinton, Bernie Sanders & Co. müssen sich erstmals miteinander messen. Ob Vizepräsident Joe Biden an der ersten demokratischen Debatte teilnehmen wird, ist weiterhin fraglich.

Die Grundlage für das Stimmungsbarometer 9/15 sind die durchschnittlichen Umfragewerte von Real Clear Politics für den Zeitraum zwischen dem 26.08. und 22.09.2015. Alle Angaben in Prozent und ohne Gewähr. (Grün/ Rot = Zum vorherigen Stimmungsbarometer an Prozentpunkten gewonnen/ verloren)


DEMOKRATENpolls_dem_4600_506736_answer_1_xlarge

Hillary Clintons Vorsprung auf Bernie Sanders und Joe Biden ist auch in diesem Monat weiter geschmolzen. Im wichtigen Vorwahlstaat New Hampshire liegt Sanders mittlerweile sogar in Führung. Ob Hillary mit ihrer neuen Strategie, mehr TV-Auftritte und mehr Menschlichkeit zu zeigen, eine Trendwende einleiten kann?

NATIONAL

DNC915

VORWAHL IOWA – TOP 3

DNCIowa915

VORWAHL NEW HAMPSHIRE – TOP 3

DNCNH915


REPUBLIKANER

1179px-Republicanlogo.svg

Das republikanische Bewerberfeld wird derzeit von politischen Außenseitern bestimmt. Mit dem Immobilienmogul Donald Trump, dem Neurochirurg Dr.
Ben Carson
und der ehemaligen CEO von HP, Carly Fiorina, haben sich gleich drei politische Neulinge an die Spitze der Republikaner gesetzt.

NATIONAL

GOP9152

Rick Perry und Scott Walker haben ihre Kandidaturen zurückgezogen.

VORWAHL IOWA – TOP 3

GOPIowa915

VORWAHL NEW HAMPSHIRE – TOP 3

GOPNH915


GENERAL ELECTION – HILLARY CLINTON VS. TOP 3 DER GOP

Auch bei möglichen Duellen in der general election zwischen Hillary Clinton und den derzeit in nationalen Umfragen führenden Republikanern muss die Demokratin an Prozentpunkten einbüßen. Zwar liegt sie gegenüber Trump und Fiorina weiterhin in Front. Den Vergleich mit Dr. Carson würde Hillary aktuell jedoch knapp verlieren.

Nachfolgend der Vergleich zwischen Hillary und den derzeit führenden Republikanern:

CLINTON VS. TRUMP

ClintonTrump915

CLINTON VS. Dr. Carson

ClintonCarson915

CLINTON VS. Fiorina

ClintonFiorina915

Walker gibt auf – um Trump zu verhindern

Als Scott Walker im Juli seine Bewerbung um die republikanische Präsidentschaftskandidatur offiziell einreichte galt er noch als Mitfavorit. Drei Gouverneurswahlsiege in nur vier Jahren katapultierten Walker schlagartig zum Liebling des konservativen Parteiflügels. Als junger, dynamischer und erfolgreicher Gouverneur galt er – neben Senator Marco Rubio – als der größte Herausforderer des – scheinbar – alles überstrahlenden Jeb Bush.

Und Walker hatte auch sein Momentum – allerdings zu früh. Im Verlauf des Jahres 2015 stiegen seine Umfragewerte stetig, die wichtige Vorwahl in Iowa führte er sogar lange Zeit unangefochten an. Ob der frühzeitig starken Beliebtheitswerte baute Walker seine Kampagne weiter aus – und überhob sich.

Walker wurde außerhalb Wisconsin bekannter, seine Popularitätswerte fielen jedoch. Dies hatte neben ausbaufähigen Wahlkampfauftritten vor Ort und inkonsistenten politischen Meinungen insbesondere damit zu tun, dass im Sommer die Stunde der politischen Außenseiter geschlagen hatte.

Mit Donald Trumps Kandidatur änderte sich nahezu alles. Walker war nicht mehr der Außenseiter, der in nahezu heldenhafter Manier gegen Gewerkschaften in Wisconsin gekämpft und gewonnen hatte. Scott Walker mutierte vielmehr zu der ungeliebten Spezies der Berufspolitiker – als Gouverneur gehört er trotz seines politischen Lebenslaufs eben dieser politischen Kaste an.

Die Folge war, dass die Spendenakquise in qualitativer Hinsicht ausblieb. Da nützte auch die Unterstützung der einflussreichen Koch-Brüder wenig. Walkers enttäuschende Auftritte bei den bisherigen beiden TV Debatten (#Blog1600Penn berichtete) gaben ihm letztendlich den K.O. Bei der letzten CNN Umfrage kam Walker auf nur noch 0,5%.

Am Montag Abend hat Walker nun die Reißleine gezogen und sich aus dem Rennen um die GOP-Kandidatur verabschiedet. Mit einer kurzen, dafür umso bemerkenswerteren Rede. Walker blickte auf den Abend der letzten TV-Debatte in der Ronald Reagan Library zurück und erinnerte sich an die positive Grundstimmung, die einst Reagan verbreitete.

Einen Optimismus, den Walker derzeit in der republikanischen Partei vermisst. Der Gouverneur von Wisconsin kritisierte die persönlichen Angriffe, die den bisherigen Vorwahlkampf seit Eintritt Trumps prägen. Walker spielt damit auf die Missachtung des Elften Gebots nach Reagan an.

In seiner Rede ermutigte Walker andere – wenig aussichtsreiche – Kandidaten, sich an ihm ein Beispiel zu nehmen und sich aus dem Wahlkampf zurückzuziehen. Die Kräfte sollen zwischen den Kandidaten, die positive Botschaften verbreiten und ein ernsthaftes Agenda-Setting betreiben, gebündelt werden – mit dem Ziel Donald Trump als republikanischen Kandidaten zu verhindern.

Am Ende seiner Wahlkampagne hatte Scott Walker doch noch einen starken Vorwahlkampfauftritt. Für ihn kam es zu spät – doch für die republikanische Partei möglicherweise zum richtigen Zeitpunkt.


Auszug aus Scott Walkers Rede:

Today, I believe that I am being called to lead by helping to clear the race so that a positive conservative message can rise to the top of the field. With that in mind, I will suspend my campaign immediately (…)
I encourage other Republican presidential candidates to consider doing the same so the voters can focus on a limited number of candidates who can offer a positive conservative alternative to the current frontrunner. This is fundamentally important to the future of the party and – ultimately – to the future of our country. (Scott Walker)