Anfang der 1990er Jahre strebte ein landesweit vergleichbar unbekannter Gouverneur aus dem ländlich geprägten Arkansas nach dem mächtigsten Posten des Planeten. Mit nur 45 Jahren löste sodann der Demokrat Bill Clinton den international erfahrenen Amtsinhaber George H.W. Bush ab. Die Gouverneursmansion im beschaulichen Little Rock tauschte Clinton mit dem Weißen Haus im politischen Zentrum der USA ein.
Clinton ist bislang der einzige Präsident, der aus dem „Land der Möglichkeiten“ (früherer offizieller Spitzname von Arkansas) stammt. Ändern will dies womöglich der amtierende Gouverneur des Bundesstaates, Asa Hutchinson. Der Republikaner ließ beim jährlichen Treffen der Anwaltsvereinigung seines Staates aufhorchen, als er über seine Zukunftspläne sprach:
Ich will eine Stimme der Problemlösung innerhalb der Regierung sein und kein Chaos kreieren. Das ist meine Mission. Ich mache, was nötig ist, um eine Grundlage für 2024 zu legen, aber ich versichere ihnen, dass meine erste Priorität meine verbleibende Amtszeit in Arkansas darstellt.
Hutchinson setzt sich von Trump ab
Wie viele andere potentielle Präsidentschaftskandidaten legt nun auch der seit 2015 amtierende Gouverneur Hutchinson offiziell die Grundlagen für höhere Ambitionen. Der 71-Jährige begründet dies mit seinen Sorgen vor der politischen Richtung, die sein Land eingeschlagen hat, und den Zustand seiner eigenen Partei. Die ernsthafte Erwägung einer Teilnahme an den republikanischen Präsidentschaftsvorwahlen dürfte auch daran liegen, dass Hutchinson nach zwei Amtszeiten verfassungsgemäß die Gouverneursmansion im Januar 2023 verlassen muss.
Seine endgültige Entscheidung über eine Kandidatur macht Hutchinson, zumindest offiziell, nicht vom großen Elefanten im republikanischen Raum, abhängig. Im Gegenteil: Hutchinson zeichnete Donald Trump zuletzt sogar „politisch“ und „moralisch“ verantwortlich für den Sturm auf das U.S. Kapitol am 06. Januar 2021. Den ehemaligen Präsidenten würde Hutchinson bei einem erneuten Anlauf auf das Weiße Haus ohnehin nicht unterstützen, wie er schon im vergangenen Jahr verlautbaren ließ.
Einsatz für Lebensschutz machte Hutchinson landesweit bekannt
Gleichwohl Hutchinson in Arkansas über gute Umfragewerte verfügt, der Jurist ist einer der beliebtesten Gouverneure der USA, sorgte er in der jüngeren Vergangenheit beim Thema Lebensschutz für Kontroversen. Im März 2021 unterzeichnete Hutchinson ein restriktives Abtreibungsgesetz, welches laut eigener Aussage das bestehende landesweite Urteil des Verfassungsgerichts im Fall Roe vs Wade, welches Abtreibungen bis zum siebten Schwangerschaftsmonat legalisierte, herausfordern sollte.
Die Judikative kassierte die Gesetzgebung zwar schon im Juli 2021 mit einer einstweiligen Verfügung wieder ein, da das Gesetz eine unmittelbare Bedrohung für die verfassungsmäßigen Rechte von Frauen darstelle. Doch das bevorstehende Urteil des Supreme Courts im Fall der Abtreibungsgesetzgebung im Bundesstaat Mississippi und der damit verbundenen zu erwartenden de facto Aufhebung von Roe vs Wade, könnte das in Arkansas vorgesehene generelle Abtreibungsverbot, selbst bei Vergewaltigung oder Inzest, wieder in Kraft setzen. Ein Verstoß würde mit einer Strafe von bis zu $100.000 und einer bis zu zehnjährigen Freiheitsstrafe geahndet werden. (UPDATE: Der Oberste Gerichtshof hat am 24.06.2022 Roe vs Wade de facto aufgehoben, die Bundesstaaten bestimmen ab sofort selbst über ihre jeweilige Abtreibungsgesetzgebung.)
Gesellschaftspolitik kein vorteilhaftes Thema
Konservative Gesellschaftspolitik ist allerdings kein Gewinnerthema bei Präsidentschaftswahlen. Hutchinson scheint dies selbst so zu sehen und relativierte zuletzt seine geplante Regelung für den Lebensschutz. Sollte Roe vs Wade fallen, so würde er Abtreibungen in Ausnahmefällen erlauben. Des Weiteren sprach sich der vierfache Vater Hutchinson für eine offene Debatte zur Anhebung des Mindestalters von 18 auf 21 Jahren für den Verkauf von halbautomatischen Waffen aus.
Seine Ansichten verbreitet der ehemalige Abgeordnete des U.S. Repräsentantenhauses, Hutchinson übernahm einst den Sitz seines älteren Bruders Tim, sehr aktiv in den verschiedenen Sonntagstalkshows. Im April war Hutchinson zudem bei „Politics & Eggs“ zugegen, einer Veranstaltung im frühen Vorwahlstaat New Hampshire, die jeder mögliche Präsidentschaftskandidat besucht haben sollte.
Mit Bill Clinton hat schon ein Gouverneur aus Arkansas den mühsamen Weg in das Weiße Haus erfolgreich beschritten. Ob ihm mit Asa Hutchinson, der einst der Kommission zur Organisation des Amtsenthebungsverfahrens gegenüber Präsident Clinton angehörte, eine weitere Person aus Arkansas nachfolgen kann?
Bildquellen: Creative-Commons-Lizenzen (via Google); Canva.com; eigene Grafiken.
Zur besseren Lesbarkeit von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Wörtern wird in der Regel die männliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.
Den Begriff „aggressiver Lebensschützer“ sollte man auf der Zunge zergehen lassen.
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