Jeb Bush hat sichtlich an Gewicht verloren. Körperlich wie politisch. Sein Wahlkampf hat bislang nicht an Fahrt aufgenommen. In Umfragen hält er sich in einstelligen Prozentbereichen auf, abgeschlagen auf die bislang führenden Trump und Dr. Carson.
Der einstige große Vorteil von Bush, eine dick gefüllte Wahlkampfkasse zu besitzen, hat sich zudem nahezu marginalisiert. Die Wahlkampforganisation musste umorganisiert, Kosten eingespart werden. Ein Familienrat wurde einberufen, alles sollte nun besser werden, drei Monate vor dem ersten Urnengang in Iowa.
Und so lastete der Druck auf die schmäler wirkenden Schultern von Jeb Bush am Abend der dritten republikanischen TV-Debatte. Nichts weniger als ein Befreiungsschlag wurde vom einstigen Gouverneur von Florida erwartet. Thema des Abends beim veranstaltenden Sender CNBC: „Dein Geld, Deine Entscheidung“ – Wirtschaftspolitik.
Doch über Wirtschaftspolitik ging es nur am Rande, zu inkompetent und einseitig agierten die CNBC-Moderatoren. Anstatt die Kandidaten über deren wirtschaftspolitischen Konzepte tiefgehend zu befragen, agierte das Moderatorenteam mit persönlichen Fragen á la „Warum sinken ihre Umfrageergebnisse“ (an Bush gerichtet) oder „Warum treten sie nicht zurück“ (Rubio). Ted Cruz nutzte diese Fragestellungen, um eine grundlegende Medienschelte zu betreiben – und bekam den größten Applaus des Abends.
Mit kritischem Journalismus hatten die Fragen wenig zu tun, vielmehr um Parteinahme gegen die republikanische Partei. Diese hat nun die Konsequenzen gezogen und NBC die Erlaubnis für die Austragung der neunten GOP-Debatte entzogen.
Nicht nur kam es zu wenig tiefgehenden politischen Auseinandersetzungen, auch kamen Republikaner selten in einen echten Schlagabtausch – von Duellen zwischen Kandidaten und Moderatoren abgesehen. Dennoch: Ein Rededuell zwischen zwei Republikanern sollte in Erinnerung bleiben – weit über den Abend hinaus.
Etwas mehr als 21 Minuten waren vergangen, als Jeb Bush mit einem Angriff auf seinen einstigen politischen Ziehsohn Marco Rubio ob dessen seltener Senats-Anwesenheit seit dessen Kandidatur in die Offensive ging. Eigentlich wäre es eine gute Chance für Jeb gewesen, zeigt doch beispielsweise Senator Rand Paul, der bisher lediglich ein Prozent aller Abstimmungen verpasste, dass eine Präsidentschaftskandidatur und das Amt des Senators miteinander zu vereinbaren sind.
Doch Marco Rubio spielte in dieser Situation sein gesamtes politisches Talent aus und blies zum Gegenangriff. Bush „greife ihn nur an“, so Rubio, „da ihm seine politischen Berater hierzu geraten hätten“. Er, Rubio, hingegen trete nicht gegen jemanden an, sondern stehe für seine Überzeugungen im Präsidentschaftswahlkampf ein.
Ein Duell, welches ungleicher nicht hätte sein können. Bush konnte Rubio nichts entgegensetzen, sollte sich von diesem Schlagabtausch nicht mehr erholen. Während Bush wie ein Relikt aus vergangenen Tagen wirkte und sich sichtlich unwohl fühlte, verkörperte Rubio die Zukunft. Einen besseren Auftritt hätte Rubio nicht haben können, unterstrich er in diesem Moment zudem sein Wahlkampfmotto „A New American Century“.
Schon zum Kampagnenstart hatte sich Rubio optimistisch bezüglich der Zukunft seines Landes geäußert und vergangene Polit-Dynastien offensiv und smart kritisiert. Ein Konzept, das Rubio bislang nahezu perfekt verinnerlicht und bei der dritten republikanischen Debatte einen ersten Punktsieg landen konnte.
Eine Strategie, die nicht nur gegen Bush, sondern auch bei einer möglichen general election gegen Hillary Clinton vielsprechend sein könnte. Bush jedenfalls muss sich von diesem Abend und der ihm erteilten Lektion erst einmal erholen. Viel Zeit bleibt ihm nicht, denn erste Spender ziehen sich aus Bushs Kampagne zurück und die nächste TV-Debatte steht kurz bevor (10.11.15).
Die republikanische CNBC-Debatte in voller Länge:
Werbespot von Ted Cruz mit seiner Medienkritik aus der Debatte:
DIE BESTEN ZITATE DES DEBATTENABENDS
The only reason I have an iPhone is cause I gave my number to Donald Trump. Don’t do that. (Lindsey Graham in der Vordebatte)
If you’re looking for good beer policy, I’m your best bet. My dad owned a bar. I know beer. (Lindsey Graham)
The No. 1 candidate says she was flat broke even though she spent eight years in the White House. The No. 2 guy went to the Soviet Union on his honeymoon and I don’t think he ever came back. (Lindsey Graham)
Are we really talking about getting the federal government involved in fantasy football? (Chris Christie)
I’m against anything that’s bad for my mother. (Marco Rubio)
You know the Democrats have the ultimate Super PAC, it’s called the mainstream media. (Marco Rubio)
Find me a Democrat that will cut $10 and I’ll give them a warm kiss. (Jeb Bush)
REDEZEITEN DER KANDIDATEN in der hauptdebatte (IN MIN.)
alle Angaben ohne Gewähr
KANDIDATENBEURTEILUNG
Jeb Bush: Neben CNBC der Verlier des Abends. Marco Rubio konterte ihn gekonnt aus, zudem blieb Bush über die ganze Debatte hinweg blass
Dr. Ben Carson: Gewohnt ruhige Performance
Chris Christie: Guter, engagierter Auftritt
Ted Cruz: Guter, engagierter Aufritt
Carly Fiorina: Solide Vorstellung
Mike Huckabee: Hatte in einer insgesamt durchschnittlichen Vorstellung auch kleine starke Momente
John Kasich: Konnte im Verlauf der Debatte nicht an seinen starken Beginn anknüpfen
Rand Paul: Blieb weitestgehend blass
Marco Rubio: Konterte Jeb Bush gekonnt aus, staatsmännischer Auftritt, rhetorisch überzeugend – der Gewinner des Abends
Donald Trump: Sprach mit seinem bislang „ruhigsten“ Auftritt insbesondere seine bisherigen Unterstützer an